Gletsch | Mit Volldampf über die Furka
«Das Spiel mit Wasser und Feuer fasziniert uns»
Anfang Oktober werden Oliver und Georg Studer ein letztes Mal zusammen einen Dampfzug über die Furka fahren. Was reizt sie, als Heizer und Lokführer etwa 30 Tage im Jahr gratis zu arbeiten?
Seit 2001, kurz nachdem die Teilstrecke von Realp nach Gletsch der Dampfbahn Furka Bergstrecke (DFB) wieder in Betrieb genommen wurde, fährt Oliver Studer schon über die Furka. Möglichst mit der originalen Dampflokomotive BFD 9 der ehemaligen Brig-Furka-Disentis-Bahn (später FO), deren Totalrevision er in den Jahren von 2008 bis 2014 als Maschinenmeister geleitet hat. 15 000 Arbeitsstunden seien in diese Lok investiert worden – dazu noch in Fronarbeit – die spektakulär von Vietnam in die Schweiz zurückgeholt wurde.
Arbeiten ohne Entgelt
«Es ist der Reiz, das Erbe unserer Urgrossväter zu erhalten, es ist aber auch der Bezug zum Ursprung der Eisenbahn, der mich fasziniert», erklärt Oliver Studer seine Motivation, etwa 30 Tage im Jahr ohne Entgelt zu arbeiten. Um als Dampflokführer über die Furka zu fahren und trotz diesem intensiven Hobby genügend Zeit für die Familie zu haben, hat er sein Arbeitspensum bei der BLS in Spiez, wo er für die technische Betreuung von Baudienstfahrzeugen verantwortlich ist, sogar auf 90 Prozent reduziert. Sein Vater Georg Studer, der bis zu seiner Pensionierung Betriebsdisponent bei der SBB war, begleitet ihn seit ein paar Jahren häufig als Heizer. Er sei lieber Heizer als Lokführer, meint er. «Es ist das Spiel mit Wasser und Feuer, das mich fasziniert. Denn es ist der Heizer, der einer Dampflokomotive die Puste gibt, um einen 100 Tonnen schweren Zug über den Berg und wieder zurück zu ziehen», erzählt er. Für ihn ist dieser Sommer aber die letzte Saison, denn im nächsten Sommer wird er 70 Jahre alt und darf nicht mehr fahrdienstlich tätig sein. Bereits jetzt ist für die beiden klar, dass sie am 6. Oktober, wenn der Dampfzug zum letzten Mal in dieser Saison über die Furka fährt, noch ein letztes Mal zusammen fahren wollen.
Drei Stunden vorheizen
Die letzte Fahrt beginnt ab Realp kurz nach 10 Uhr, Studers werden aber schon kurz nach 6 Uhr in Realp eintreffen, wo ihre Lok die Nacht über abgestellt war. Oliver Studer, der Lokführer, schmiert sie sorgfältig ab, während er sie gleichzeitig auf Mängel oder andere Auffälligkeiten überprüft. Sein Vater kümmert sich derweil darum, die Asche vom Vortag aus der Feuerbüchse herauszuholen und die Lok mit Steinkohle und Holz neu anzufeuern. «Wenn die Lok vom Vortag noch warm ist, genügen drei Stunden, um den erforderlichen Kesseldruck aufzubauen», erklärt er. Nach dem Kohle- und Wasserfassen kann er losfahren. Auch während der Fahrt spürt Oliver Studer, ob seiner Dampflok etwas fehlt, das gleich oder spätestens im kommenden Winter repariert werden muss. Für ihn wird damit bei Saisonende noch längst nicht Schluss sein. «Insgesamt investieren wir sogar mehr Zeit in den sehr komplexen Unterhalt dieser Lokomotive, als wir im Sommer mit ihr fahren», erklärt er. Doch das ist es ihm wert, vor allem, wenn er bei prächtigem Wetter durch die Bergwelt fahren darf und die Passagiere begeistert sind.
Christian Zufferey
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