Kolumne | Diese Woche zum Thema:
Das Elektroauto hat seine Zukunft hinter sich
Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.
Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier
Toyota gegen Volkswagen. Wer gewinnt?
Die Solarenergie macht riesige Fortschritte. Das Wallis hat die besten Voraussetzungen, um im Winter mit alpiner Fotovoltaik mehr Strom zu produzieren als im Sommer. Ruedi Lehmann von und in Bellwald zeigt auf, wie es geht.
Noch haben Roberto Schmidt und Jean-Michel Cina nicht begriffen, dass Walliser Solarstrom mehr Potenzial hat als die Walliser Wasserkraft.
Für die Jugend muss die Schweiz bis 2030 klimaneutral sein. Das ist bis 2035 machbar. Wir müssen die Atomkraftwerke abstellen. 100 Milliarden Strom mit der Sonne produzieren. Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen ersetzen. Und auf Elektromobilität setzen.
Bei den Elektroautos verfolgen die Autokonzerne weltweit zwei unterschiedliche Konzepte.
Toyota will, dass wir Wasserstoff tanken. Und mit diesem Wasserstoff Brennstoffzellen füttern, die Strom für den Elektroantrieb liefern. Die SVP ist für Wasserstoffantriebe. Logo, denn Walter Frey verkauft japanische Toyotas.
Wer gewinnt: Toyota oder Volkswagen?
Ein anderer Weg hat VW eingeschlagen. Volkswagen setzt neu voll auf Elektromobilität. Und baut in Schweden – warum nicht im Wallis? – zusammen mit Northvolt die grösste Batteriefabrik der Welt. Und in Zukunft werden selbst alle Audis und Porsches batteriebetrieben noch schneller beschleunigen.
Wer gewinnt: Toyota oder Volkswagen? Das werden weder der Freysinger noch der Bodenmann entscheiden, sondern glücklicherweise der Markt.
Die Schweizer Zulieferer der Autoindustrie hoffen, dass Volkswagen gewinnt. Weil in der Schweiz und auch im Wallis mehr Arbeitsplätze von Volkswagen, Audi und Co als von Toyota abhängen.
Aus meiner Sicht hat Volkswagen die Nase vorne. Es braucht weniger Solarenergie, um ein Batterieauto 100 Kilometer weit zu bewegen als ein Wasserstoffauto. Dies auch wenn man die graue Energie, die es für die Produktion bei beiden Autokonzepten braucht, miteinrechnet.
Für Ulrich Giezendanner ist Öl verbrennen eine Sünde. Gut so. Der Fuhrhalter will innert zehn Jahren fast alle seiner Lastwagen auf Wasserstoff umstellen. Nicht schlecht. Unternehmer sind glücklicherweise Opportunisten. Wenn batteriebetriebene Elektrolastwagen ökonomisch und ökologisch rentabler sind als Wasserstoff-Brummer, wird Giezendanner als erster Semi-Trucks von Tesla bestellen.
Wichtig für das Wallis wäre, dass man die Schwerverkehrsabgabe für umweltfreundliche Lastwagen für die kommenden zwölf Jahre um 30 Prozent senkt. Im Interesse unserer Randregion. Welcher Walliser Parlamentarier wird das als Erster begreifen?
Nachtrag: Toyota bekommt langsam das Hosenflattern. Ihr Sprecher erklärt gegenüber der neusten «Welt am Sonntag»: «Aber wir glauben, dass wir beides brauchen, die Batterie und die Brennstoffzelle.»
Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller
Die Zukunft gehört dem Wasserstoff
Was ist die Bilanz der Energiewende in Deutschland? Weniger Strom – der dazu noch viel teurer ist – und erheblich mehr Luftverschmutzung. Und dies für bisher 160 Milliarden Euro. Zweimal mehr Investitionen stehen noch an.
Damit aber die teuren Windräder und Solarpanels trotzdem halbwegs Sinn machen, muss ein Umdenken stattfinden – weg vom Benzin- oder Elektroauto zum wasserstoffbetriebenen PKW. Bei dieser Öko-Zukunftstechnologie wird Strom für Fahrzeuge aus Wasserstoff erzeugt. Dieser Treibstoff bietet mehr Reichweite und eine erheblich kürzere Betankungszeit als der Batterieantrieb und ist absolut abgasfrei. Zudem fallen beim Brennstoffzellenantrieb die extrem schweren Batterien weg. Der notwendige Wasserstoff wird in Elektrolyseanlagen durch Verwendung von elektrischem Strom erzeugt, der möglichst direkt bei CO2-freien Stromerzeugern wie Wasserkraftwerken, grossen Solar- oder Windenergieanlagen oder Kernkraftwerken bezogen werden kann, sobald diese nachts, an Wochenenden und Feiertagen oder immer, wenn infolge besonders günstiger Umstände zu viel Strom anfällt, überschüssige Elektrizität produzieren.
Danach wird der Wasserstoff – ähnlich wie Benzin oder Diesel – per Tankfahrzeug zu den Tankstellen gebracht. Hier lässt sich nun ein wasserstoffbetriebener PKW in wenigen Minuten volltanken. Mehrere EU-Länder sind schon dabei, ein flächendeckendes Wasserstoff-Tankstellennetz aufzubauen.
Auch in der Schweiz soll dies bis 2023 verwirklicht werden.
Die Automobilindustrie zieht diesen Prozess leider in die Länge, weil sie zuerst ihre mit viel Aufwand entwickelten Batterieautos verkaufen und die hohen Investitionen im Bereich der Elektromobilität amortisieren will. Indirekte Zeichen weisen aber darauf hin, wie der Hase in Zukunft laufen wird: Schon jetzt prophezeien gewisse Anlageberater im Internet den Tod des Batterieautos und setzen bei Aktien der Wasserstoffwirtschaft auf hohe Gewinne.
Noch etwas: Wasserstoff könnte insbesondere im südlichen Europa und in Nordafrika aufgrund der hohen Sonnenbestrahlung leicht produziert werden. Hinzu kommt, dass moderne Elektrolyseanlagen inzwischen einen Wirkungsgrad von 72 Prozent haben. Der erzeugte Überschussstrom fällt in solchen Anlagen oft lokal – also dezentral – an, was den Bedarf an LKWs für den Transport vermindert. Im Stadtverkehr stellt der Wasserstoffmotor gegenüber dem Benzinmotor – der dazu noch 100 Prozent C02 ausspuckt – eine fünf- bis zehnfache Effizienzsteigerung dar.
Life is definitely too short to spend it charging a battery.
Artikel
Kommentare
Leon Joseph Arnold, Brig-Glis - ↑7↓0
Vision Wasserstoffzukunft ?
Die Imagewerbung für wasserstoffgetriebene Vehikel auf die Strasse ist wieder in Hochkonjunktur. Hinter vorgehaltener Hand macht man vage Andeutungen, woher dann die unvorstellbare Menge an Wasserstoff herkommen sollte. Man kennt verschieden Vorgehensweisen, wie Herr Freysinger richtig schreibt, jedoch man kümmert sich wenig um die regionalen bis globalen Mengenverhältnisse. Andere wiederum so, als wäre der Wasserstoff einfach irgendwo in versteckten Winkeln dieser Erde in genügender Menge vorhanden und warte nur auf seine Nutzung. Von der Sonne über den Wüsten phantasieren so manche vor sich hin. So sprach ein Mercedesboss vor wenigen Jahren anlässlich des Autosalons in Genf von der Zukunft des Wasserstoffs. Die Zukunft des Autos liege im Wasserstoff. Zum Auspuff käme nicht anders mehr als reines Wassers und Wasserstoff gäbe es in genügenden Mengen auf dieser Erde.
Reiner Wasserstoff ist in der freien Natur wie etwa das Erdöl und Erdgas nirgendwo vorhanden. Er muss durch Spaltung von Wasser H2O in reinen Wasserstoff H2 und Sauerstoff O hergestellt werden. Schon die Grundgesetze der Thermodynamik sagen uns, dass das "Perpetuum mobile" Illusion bleiben wird. Das heisst, dass der Wasserstoff, gleich auf welche Art dieser produziert wird, nur mit einem wesentlich höheren Einsatz an Primärenergie zu gewinnen ist, als er im Nachhinein hergibt. Betrachte wir doch einmal nur die elektrolytische Herstellung.
Eine Studie an einer 3000m2-Solaranlage in optimaler Solarexposition in unseren Breitengraden zeigt eine (angenähert) jährlich produzierte Energiemenge entsprechend einem Energieäquivalent 25'000 Liter Benzin. Der Wasserstoff wird nun über eine Elektrolyseanlage mit einem mittleren Wirkungsgrad von 80% erzeugt. Um diesen Wasserstoff aber nutzen zu können, muss er verflüssigt werden was eine Abkühlung auf –253°C erfordert. Dieser Prozess frisst weitere 30% des Energieinhaltes vom Wasserstoff, so dass schlussendlich ohne Einbezug weiter Logistikverluste 56% eine nutzbare Energiemenge analog 14'000 Liter Benzin erzeugt werden kann.
Der CH-Wagenpark liegt bei über 5 Millionen Fahrzeugen. Wir gehen darstellungshalber davon aus, dass es sich im Schnitt um Fahrzeuge handelt mit einem Verbrauch von 8 Liter auf 100 km, die je 25'000 km/a (= 2000 Liter Benzin) fahren. So können mit einer Solaranlage von 3'000m2 bestenfalls sieben 8-Literautos betrieben werde. Auf den gesamten Schweizer Wagenpark ungerechnet müsste eine Solaranlage inkl. graue Energien von min. 2'000 km2 (ca. 5% der Grundfläche der Schweiz) installiert werden. Damit wäre aber nur der heutige schweizerische Personen-Wagenpark versorgt. Die anderen Zweidrittel wie der Schwerverkehr, die Industrie, das Gewerbe und die Haushalte sind hier noch nicht berücksichtigt. Man müsste diese Solarzellenfläche, eingeschlossen alle weiteren grauen Energien und Verlusten, etwa um den Faktor Vier vervielfachen. Solche Investitionen gingen in die Zig-Billionen von Franken. Also auch von der Investitionsseite her reine Utopie!
Man sollte sich einmal bemühen, die Komplexität der Sache „Energie der Zukunft“ von der umfassenden Betrachtungsseite her anzugehen und nicht kontextlos die einzelnen marginalen Angebote und Technologien als Rettung der Menschheit aus der auf sie zukommenden Probleme hochzujubeln. Leo Arnold
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