Kolumne | Diese Woche zum Thema:
Darbellays saubere Weste
Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.
Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier
Verglichen mit Kardinal Schiner ist Darbellay ein Erstkommunikant
Schiner war der wichtigste Politiker, den das Wallis je hervorgebracht hat. Das muss auch einer wie ich zugeben, der nichts von diesem Kriegstreiber im Dienste des Papstes hält.
Wie viel Kinder hat der Kardinal gezeugt? Wie viele Schiner Nachkommen leben heute noch im Wallis? Viele, aber wie viele genau könnte man nur mit flächendeckenden Gentests herausfinden. Noch sind wir glücklicherweise nicht so weit.
In meiner Jugend mussten Professoren und Studenten, die – ohne verheiratet zu sein – ein Kind mit einer Frau gezeugt hatten, das Kollegium Spiritus Sanctus verlassen. Ein trübes und bis heute vertuschtes Kapitel der jüngeren Walliser Geschichte.
Das alles glaubten wir hinter uns gelassen zu haben. Irrtum, denn jetzt haben wir im Wallis eine neue Unterhosen-Partei.
Christophe Darbellay ist verheiratet und hat drei eheliche Kinder. Und daneben ein Kind mit einer Texanerin. Er hat die Vaterschaft anerkannt und zahlt die Alimente nach Schweizer Recht. Nach altem Schweizer Recht, weil dieses im Zeitpunkt des Urteils galt. Er könnte, wenn er wollte, nach neuem Schweizer Recht zahlen. Das würde ihn im Verlaufe der nächsten 25 Jahre eine halbe Million mehr kosten. Kann ein Staatsrat durchaus verdauen.
Seine Texanerin wollte – nach ihrer Niederlage in der Schweiz – Darbellay in den USA zur Kasse bitten. Darbellay gewann auch in den USA. Das spricht für seine Anwälte, die ihn am Ende wohl mehr kosten werden als die halbe Kiste für sein Kind. Denn fromme Texanerinnen sind zäh wie Leder.
«Freysinger gegen Darbellay: Beide müssten lockerer werden»
Das alles geht uns eigentlich nichts an. Alle sollen auf ihre Art und Weise glücklich werden. Klatsch und Tratsch sind bestenfalls etwas für «bsoffne» Freitag-Abende in den Carnotzets, an die sich am nächsten Tag niemand mehr trennscharf erinnern kann.
Christophe Darbellay hat eine zu dünne Haut. Er deckt die Presse, die über sein uneheliches Kind berichtet, mit Prozessen ein. Das kostet viel Geld und bringt rein gar nichts. Er müsste den Spott über sich ergehen lassen. Denn die Walliserinnen und Walliser haben ihm – wie die letzten Wahlen zeigen – bereits verziehen. Doppelmoral hin, Doppelmoral her. So sind wir im verschwiegenen Tal der Sünderinnen und Sünder.
Und auch Oskar Freysinger müsste lockerer werden. Verbissen versucht er seine Abwahl vergessen zu machen, indem er Darbellay unter der Gürtellinie angreift. Etwas gar unterirdisch.
Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller
Darbellays saubere Weste
Wer kennt ihn nicht, den Langen, der sich in der Person von Kollega Favre ein Schosshündchen hält, um sich gross vorzukommen. Zwecks besserer Vermarktung seiner Haut stellt er seit Jahren eine reine Weste zur Schau. Nun hat diese aber einen Fleck bekommen, und das nagt an ihm. Er bearbeitet zwar den Sorgenfleck therapeutisch mit Schönfärberei und Wischiwaschi, doch da er so sehr daran gerieben hat, ist inzwischen ein Loch entstanden, hinter dem seine Fadenscheinigkeit und Leere sichtbar werden.
Die Moral dieses sich selbst inszenierenden Familienmenschen ist selektiv. Gut ist, wer ihm die Füsse salbt. Böse, wer ihm nicht die Stiefel lecken will. Gewisse Dienstchefs bekommen es schmerzhaft zu spüren.
Zu seinem Pech ist es ihm nach Jahren der Substanzlosigkeit (wenn man von seiner katastrophalen Bilanz in Bern absieht), endlich gelungen, etwas mit Substanz zu produzieren: statt Wind, ein Kind. Ersteres kostet nichts, Letzteres Alimente.
Im Schutz superprovisorischer Verfügungen gaukelt er weiterhin «happy family» vor.
Doch in den Blicken der Menschen widerspiegelt sich ständig der Fleck. Sie raunen, wenn er ihn weiss zu färben versucht. Sie sind süchtig nach dem, was sie dahinter vermuten. Die Medien, mit Ausnahme des ihm hörigen «Nouvellistes», interessieren sich brennend dafür. Sein Fleck sei privat und seine Privatsphäre heilig, verkündet er und klagt gegen «Die Weltwoche», nicht aber gegen David Biner, weil der WB ihm gefährlich werden könnte, «Die Weltwoche» kaum.
Selbstverständlich wird er wiedergewählt werden, weil die Leute seinen trügerischen Schein im Grunde mögen. Er rechtfertigt ihre Schwächen und Fehler. Durch ihn wählen sie ihre eigene Unzulänglichkeit.
Das Problem ist nur, dass er als weisser Ritter bewundert werden möchte und nicht als Spiegelbild der ihn umgebenden Dekadenz. Darum ging er, als ihn die Zürcher Justiz vor Kurzem desavouierte (Kostenpunkt
18 000 Franken) sofort zum Gegenangriff über und klagte gegen die Zeitung, die eben vor Gericht recht bekommen hatte.
Eigentlich ist er ein bemitleidenswertes Opfer. Ein vorprogrammierter – nicht unbefleckter – Empfänger und Verteiler von Pfründli. Ein Übersetzungsriemen im gut geölten Motor der legalen Schieberei. Seit einiger Zeit wird er immer buckliger, weil er ständig über sein Handy gebeugt ist, um den Aktienkurs seiner Substanzlosigkeit im Auge zu behalten und dabei langsam den Buckel voll hat.
Willkommen im Paradies der Selbstgerechten, wo es von reinen Westen nur so wimmelt.
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar