Debatte über Frauenanteil vor den Wahlen

Braucht das Land mehr starke Frauen?

Auch Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten war jahrelang in der Gemeindeexekutive tätig.
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Auch Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten war jahrelang in der Gemeindeexekutive tätig.
Foto: RZ-Archiv

Quelle: RZ 0

Frauen haben nach wie vor einen schweren Stand in der Politik. Das wird sich auch bei den kommenden Gemeinde­ratswahlen kaum ändern.

Nur knapp ein Fünftel aller Gemeinderatssitze im Wallis werden momentan von Frauen besetzt. Nimmt man die Zahlen der Gemeinderatsmandate von Frauen im Oberwallis unter die Lupe, sind es noch weniger – gerade mal 17,3 Prozent. Im Klartext: Zurzeit sind in 21 Oberwalliser Gemeinden keine Frauen im Gemeinderat vertreten. Nur in Mörel-Filet sitzen mehr Frauen (3) im Gemeinderat als ihre männlichen Kollegen (2).

Strukturelle Zwänge
«Es zeichnet sich leider ab, dass sich dieses Bild auch in Zukunft nicht verändern wird», bedauert Ursula Stuedi vom kantonalen Amt für Gleichstellung und Familie (KAGF). Nach Stuedi ist der Grund mitunter darin zu suchen, dass die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf «in der Realität schwer umsetzbar ist». «Einerseits bestehen strukturelle Zwänge, wonach die Frauen in erster Linie für die Erziehung der Kinder zuständig sind, und andererseits fehlt vielen Unternehmen die Flexibilität, die Männer in Teilzeitpensen arbeiten zu lassen, um den Frauen den nötigen Freiraum für ihre politische Arbeit zu geben.» Zudem seien Frauen, die sich in der Öffentlichkeit engagieren würden, vielen Werthaltungen ausgesetzt. «Kaum ein Mann wird auf der politischen Ebene nach seinem Äusseren beurteilt. Frauen hingegen werden von Kopf bis Fuss gemustert. Solche Vorurteile hindern viele Frauen daran, sich politisch zu engagieren», sagt Stuedi.

Gezielte Förderung notwendig
Wie aber können Frauen trotzdem für die politische Arbeit gewonnen werden? «Vielleicht braucht es zusätzliche Anstrengungen auf Parteiebene», sagt Ursula Stuedi provokativ. Diesen Vorwurf lässt Brigitte Wolf, Präsidentin der Grünen Partei Oberwallis, nicht gelten. «Wir sind bestrebt, dass genügend Frauen auf den Listen kandidieren, damit ihre Wahlchancen steigen.» Dafür müssten die Frauen aber ermutigt und gezielt gefördert werden, «weil Politikerinnen immer noch in der Minderheit sind». Auch für Doris Schmidhalter-Näfen, Präsidentin der SPO, hat es zu wenig Frauen in der Politik. Darum brauche es mehr ausserschulische Betreuungsangebote, um den Frauen den Einstieg zu erleichtern. «Wie sonst sollen die Frauen Familie, Beruf und Politik unter einen Hut bringen?», fragt die SPO-Präsidentin. Demgegenüber gibt sich Philipp Matthias Bregy, Fraktionschef der CVPO, in der Sache pragmatisch. «Wir versuchen nicht nur Frauen, sondern generell Interessierten den Einstieg in die Politik zu erleichtern», um dann doch noch geschlechter­spezifisch anzufügen: «Auf den CVPO-Wahllisten werden die gewählten und kandidierenden Frauen den Männern vorangestellt.»

Interesse wahrnehmen
Für Franz Ruppen von der SVP braucht es in der Politik fähige und engagierte Leute. «Da spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt», sagt der Oberwalliser Parteipräsident. Dennoch versuche man gezielt, Frauen für eine Kandidatur zu gewinnen. «Manchmal gelingt es, manchmal auch nicht», stellt Ruppen fest. Ursula Stuedi vom KAGF nimmt in der Geschlechterfrage aber auch die Frauen in die Pflicht: «Wir sind ein demokratisch regiertes Land mit einem hohen Frauenanteil. Demnach müssten auch die Frauen selbst mehr Interesse zeigen, in politischen Fragen mitzubestimmen.» Brigitte Wolf begrüsst zwar eine engagierte Frauenpolitik, hebt aber zugleich auch den Mahnfinger: «Die Polarisierung in der Politik darf nicht weiter auf die Spitze getrieben werden; das schreckt viele engagierte Frauen ab.»

Walter Bellwald

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