Mörel-Filet | Nicole Glanzmann und Roger Ittig sind berittene Bogenschützen
Bogenschiessen wie einst Dschingis Khan
Mit Pfeil und Bogen zu schiessen und dabei eine Zielscheibe zu treffen, ist schon eine grosse Herausforderung. Roger Ittig und Nicole Glanzmann treffen aber sogar vom Rücken galoppierender Pferde aus mitten ins Schwarze.
«Als Kind haben wir oft Cowboy und Indianer gespielt», erzählt Roger Ittig aus Mörel. Pferde besitzt er auch schon lange. «Ich habe aber lange nicht gewusst, dass es das berittene Bogenschiessen als Sportart gibt», erzählt Ittig. Bis er vor etwa 14 Jahren im Internet zufällig darauf gestossen war. Weil die Sportart in der Schweiz aber so gut wie unbekannt war, musste Ittig erst nach Deutschland reisen, wo er sich Pfeil und Bogen gekauft und sogar an Europameisterschaften teilgenommen hatte. Später auch in Polen, Belgien, Ungarn, Südkorea und Jordanien. Bei Turnieren im Ausland muss er sich die Pferde aber mieten und mit Tieren reiten, die er zuvor nicht gekannt hat.
Landwirt und Huforthopäde
Vor zehn Jahren hängte Ittig auch seinen Job als Lehrer an den Nagel, um fortan hauptberuflich als Landwirt tätig zu sein. Neben Pferden besitzt er auch einige Schafe und verdient seinen Lebensunterhalt auch als Huforthopäde. Dabei lernte er Nicole Glanzmann kennen. «Mein Esel hatte ein Problem, der ganze Huf war gespalten, und Roger hat das Problem gelöst», erzählt sie. Irgendwann heirateten die beiden, und heute frönen sie gemeinsam ihrem Hobby, dem berittenen Bogenschiessen. Vor Wettkämpfen trainieren sie fast täglich vor ihrem Stall, den sie vor vier Jahren neu gebaut haben.
Freihändiges Reiten
Erst mal müssen sie die Pferde striegeln und satteln – manchmal auch nur mit einem Sattelpad ohne einen Steigbügel – um aufzusteigen. Sie reiten Pferde, die schon jahrelang dafür trainiert worden sind und dabei gelernt haben, keine Angst vor Pfeil und Bogen zu haben. Mit etwas Wachs machen sie die Bogensehnen geschmeidig. «Dann folgt, wie bei jeder anderen Sportart, das Aufwärmen», erklärt Glanzmann. «Dabei spüren wir auch die Verbundenheit zwischen uns und den Pferden», ergänzt sie, während sie ihr Pferd mal vorwärts, mal rückwärts am Halfter führt. Dann aber müssen sich auch die Reiter aufwärmen. Erst mal mit Bogenschiessen vom Boden aus. Danach muss es erst im Schritt, dann im Trab und schliesslich sogar im Galopp klappen, mit den Pfeilen mitten ins Schwarze zu treffen, ohne dabei die Zügel in der Hand zu halten. Die Hände werden für das Abschiessen der Pfeile benötigt, was viel Übung und Geschick erfordert, freihändig zu reiten. Gelenkt werden die Pferde mit den Beinen oder mit der Stimme. Das ist es auch, was das berittene Bogenschiessen vom Zirkus unterscheidet. Glanzmann erklärt: «Im Zirkus spulen die Pferde praktisch ein auswendig gelerntes Programm ab, wir aber kommunizieren mit unseren Tieren, teils mit Worten, teils sogar mit der Körpersprache.»
Schweizer Meisterschaften
In der Schweiz betreiben zwischen 50 und 60 Personen diese Sportart. Roger Ittig organisiert seit Jahren die Schweizer Meisterschaften, die in den letzten Jahren jeweils Anfang Oktober in Baltschieder stattgefunden haben. Oft hat Ittig diese Turniere sogar gewonnen. Seine Frau relativiert. «Es geht in erster Linie nicht darum, gegen andere zu gewinnen, sondern vielmehr darum, sich selbst herauszufordern.» Schon ab Ende März bieten sie regelmässig Kurse an, um noch mehr Leute für diese Sportart zu begeistern. Sogar einen Verein haben sie gegründet, wobei Ittig auch darüber aufklärt, dass das berittene Bogenschiessen eigentlich nur wenig mit Cowboys und Indianern zu tun hat. «Es waren vielmehr die Asiaten, die mit dieser Technik grosse Teile der Welt erobert hatten», erklärt er. Die berühmtesten von ihnen dürften die Mongolen unter Dschingis Khan gewesen sein.
Christian Zufferey
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