Baltschieder | Der erste Steuermann aus dem Oberwallis
Bobpilot Kuonen vor seinem ersten Rennen
Seit vier Jahren ist Michael Kuonen im Eis kanal unterwegs und zählte bislang zu den besten Anschiebern der Schweiz. Nach dem Rücktritt seines Stammpiloten Clemens Bracher setzt sich der Baltschiedner nun selbst hinter die Steuerseile. Anfang Dezember fährt er in Altenberg sein erstes Europacuprennen.
Als Anschieber von Steuermann Clemens Bracher konnte Michael Kuonen in der vergangenen Saison seinen ersten Weltcupsieg feiern und wurde 2018 Schweizer Meister im Zweier und Vierer. An den Olympischen Spielen von Pyeongchang verpasste er im Vierer von Rico Peter eine Medaille nur knapp. In dieser Saison startet Kuonen nun erstmals selbst als Steuermann.
Erstes Rennen im Dezember
Seit mehr als einem Monat bereitet sich Kuonen mit seinem Team intensiv auf seine erste Saison als Bobpilot vor. Seinen Bremser Marco Dörig konnte er aus dem Team des zurückgetretenen Piloten Clemens Bracher übernehmen. Im Rahmen der Vespia Beach Nights im August veranstaltete Kuonen einen Bob-Anschiebcontest. Dort hat er einen weiteren Anschieber für sein Team gefunden. Daneben ist auch sein Bruder Patrick Kuonen, ehemaliger Handballspieler, als Anschieber im Team dabei. Da die einzige Bobbahn der Schweiz, die Naturbahn in St. Moritz, noch nicht offen ist, musste das Team Kuonen seine gesamte Vorbereitung im Ausland absolvieren. Über 90 Trainingsfahrten als Steuermann hat er nun hinter sich. Sturzfrei, wie der 27-Jährige betont. Der Baltschiedner fühlt sich bereit für seinen ersten Ernstkampf. Anfang Dezember ist es so weit. Im deutschen Altenberg steuert er, als erster Oberwalliser überhaupt, einen Bob an einem Europacuprennen. Danach geht es weiter nach Königssee und Winterberg. Diese Rennen absolviert Kuonen im Zweier-Bob. Sein erstes Rennen im Vierer plant er im Januar im österreichischen Igls.
Ziel Weltcup
Mindestens fünf Europacuprennen muss er fahren, dann darf er auch im Weltcup starten. Dies ist sein
Ziel: «Mitte Januar möchte ich mein erstes Weltcuprennen fahren», sagt Kuonen. Im Weltcup hat die Schweiz allerdings nur zwei Quotenplätze. Nach dem Rücktritt der erfahrenen Rico Peter, Beat Hefti und Clemens Bracher kämpft eine Reihe junger Schweizer Piloten um die begehrten Startplätze. Sich leistungsmässig einzuordnen im Schweizer Team fällt Kuonen nicht leicht: «Ich bin sehr zufrieden mit meiner Saisonvorbereitung und wie es bisher gelaufen ist. Vergleiche mit den andern Schweizer Teams sind aber schwierig. Niemand lässt sich in die Karten blicken, niemand fährt im Training voll. Es ist schwierig, die Leistungen zu vergleichen.»
Über 100 Mitglieder im Fanklub
Die erste Saison als Bobpilot und damit als «Teamchef» ist eine grosse Umstellung für Kuonen: «Es gibt viel mehr zu tun.» Neben dem Bahntraining und dem athletischen Training muss er als Steuermann jeweils die Bobbahnen ablaufen, um sie zu studieren, ähnlich wie ein Skifahrer. Nicht zu unterschätzen ist der ganze administrative Aufwand und die Suche nach Sponsoren. Sein aktuelles Budget beziffert Kuonen auf circa 120 000 Franken. Eine normale Weltcupsaison kostet das Doppelte. Für die nächste Saison steht zudem die Anschaffung eines neuen Zweier-Bobs an. «Ein guter Bob kostet rund 50 000 Franken», so Kuonen. Der Schweizer Verband beteiligt sich an den Kosten. Den Grossteil der Kosten muss er aber selbst stemmen. Gute Sponsoren sind deshalb wichtig. «Unterstützung erfahre ich auch von meinem im Mai gegründeten Fanklub, der jetzt schon über 100 Mitglieder zählt.»
Fernziel Olympia
Neben dem ersten Weltcuprennen hat Kuonen eine ganze Reihe weiterer Ziele: In der letzten Dezemberwoche werden traditionell die Schweizer Bob-Meisterschaften auf der Naturbahn in St. Moritz durchgeführt, wo er, wenn auch noch als Anschieber, im letzten Jahr gewonnen hat. Im Februar fährt er gleichenorts die Bündner Meisterschaften. Als Mitglied des Bobvereins St. Moritz ist Kuonen auch titelberechtigt. Im nächsten März an den Bob-Weltmeisterschaften in Kanada mitmachen zu können, wird schwierig sein, ist sich Kuonen im Klaren. «Aber 2021 an der WM in Lake Placid will ich dabei sein», betont er, und sein grosses Fernziel sind die Olympischen Winterspiele in Peking 2022. «Das Bobfahren ist zu teuer, um sich keine hohen Ziele zu setzen», sagt Kuonen.
Frank O. Salzgeber«Bobfahren ist zu teuer, um sich keine hohen Ziele zu setzen»
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar