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Apotheken werden zu Arztpraxen

Der Bundesrat will, dass Apotheker mehr Kompetenzen bei der Behandlung von einfachen Krankheiten erhalten.
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Der Bundesrat will, dass Apotheker mehr Kompetenzen bei der Behandlung von einfachen Krankheiten erhalten.
Foto: RZ

Die Apothekerinnen und Apotheker erhalten mehr Kompetenzen bei der Behandlung von Krankheiten. Das soll die Hausärzte entlasten und Patienten weniger lang warten lassen.

«Für viele Menschen ist die Apotheke bei Gesundheitsfragen die erste Anlaufstelle», sagt Dr. Alain Guntern, Apotheker und Vorstandsmitglied des Vereines der unabhängigen Apotheken im Oberwallis Medicaplus. «Bei uns herrscht ein sogenanntes ‹Walk-in-Prinzip›, sprich die Patienten können einfach ohne Termin bei uns vorbeikommen und sich beraten lassen. Anders als beim Hausarzt, wo ein Termin nötig ist.» Zunehmend mehr Menschen machen von diesem Angebot Gebrauch, einerseits aus zeitlichen Gründen oder weil sie kurzfristig auch wegen des Ärztemangels, keinen Hausarzttermin erhalten. Diesem Umstand trägt der Bundesrat Rechnung und stärkt auf das neue Jahr hin die Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker. In einem ersten Schritt hat die Regierung beschlossen, dass Apotheker in Ausbildung neu Kompetenzen im Bereich Impfen und Erkennen von einfachen Krankheiten erwerben müssen. «Apotheker, die ihre Ausbildung schon länger beendet haben, können die Impfkenntnisse in einem hochstehenden Kurs unseres Branchenverbands erwerben», sagt Alain Guntern. Der Bundesrat will so «ein echtes Kompetenznetzwerk auf der Ebene der medizinischen Grundversorgung schaffen», wie die Landesregierung mitteilt.

Behandlung als nächster Schritt
Diese Massnahme, welche Teil der Revision des Medizinalberufegesetzes ist, stellt dabei den ersten Schritt hin zur Erkennung und Behandlung von einfachen Krankheiten in der Apotheke dar. «Es macht schliesslich keinen Sinn, wenn der Apotheker zwar die Diagnose einzelner Krankheiten stellen kann, dann den Patienten aber trotzdem zum Arzt schicken muss», sagt Guntern. «Schliesslich soll die medizinische Grundversorgung ja gestärkt und vor allem die Hausärzte entlastet werden.» Damit die Apothekerinnen und Apotheker allerdings eine Diagnose stellen und auch entsprechende, rezeptpflichtige Medikamente ausgeben können, ist auch eine Revision des Heilmittelgesetzes nötig, wie Alain Guntern ausführt. «Die entsprechenden Gesetzesänderungen werden vom eidgenössischen Parlament vermutlich im kommenden Jahr vorgenommen», sagt er. Dabei geht es laut Guntern nicht darum, den Ärzten Konkurrenz zu machen. «Wir sind Apotheker und keine Ärzte», hält das Vorstandsmitglied von Medicaplus fest. «In den Apotheken würden wirklich nur einfache Krankheiten, wie beispielsweise Harnwegsinfekte oder Ähnliches diagnostiziert und behandelt.» Alles in allem sollen die Apotheker rund 20 der gängigsten Krankheiten behandeln können.

Auch Impfungen möglich
In einigen Kantonen, wie beispielsweise in Bern, sind schon jetzt auch Impfungen in der Apotheke möglich. «Gerade bei Grippeimpfungen wäre es von Vorteil, wenn wir solche Impfungen vornehmen könnten», sagt Alain Guntern. «Viele Menschen scheuen den Gang zum Arzt und lassen sich deshalb nicht impfen. Kann eine solche Impfung aber in jeder Apotheke gemacht werden, so werden deutlich mehr Menschen gegen Grippe geimpft sein, was die Ausbreitung der Viren abschwächt.» Auch Impfungen gegen FSME (Hirnhautentzündungen) sollen künftig in Apotheken möglich sein. «Impfungen von Kindern gehören hingegen nicht in unsere Kompetenz», sagt der Apotheker. «Diese sollen, wie gehabt, bei den regelmäs­sigen Kontrollen durch den Kinderarzt gemacht werden.»

Knackpunkt Abrechnung
Bis anhin können die Apotheken erbrachte Leistungen nicht bei den Krankenkassen, mit wenigen Ausnahmen, verrechnen. «Dies wird der letzte Schritt sein», sagt Alain Guntern. «Denkbar ist ein System ähnlich der Verrechnung der Leistungen der Ärzte.» Allerdings seien hier noch keine konkreten Schritte eingeleitet worden. «Es steht aber ausser Frage, dass die Apotheken für Behandlungen Geld erhalten müssen», so der Apotheker. «Einfache Krankheiten können frühzeitig effizient behandelt werden. Das kommt dem Patienten aber auch dem gesamten Gesundheitswesen auch aus finanzieller Sicht zugute.»

Bereits jetzt einige Leistungen
Neben dem Verkauf und der Ausgabe von Medikamenten bieten die Apotheken schon jetzt mehrere Gesundheitsdienstleistungen an. «Einerseits kann man bei uns den Status seiner Impfungen überprüfen lassen», sagt Apotheker Guntern. «Wir werfen einen Blick ins Impfbüchlein und eruieren, ob eine Impfung aufgefrischt werden muss.» Zudem kann das Impfbuch inzwischen auch digital geführt werden. «Auch dabei bieten wir Hand, wenn jemand auf diesen Service zurückgreifen möchte», so Guntern. In einigen Apotheken werden im Bedarfsfall auch Verbände gewechselt und die Apotheken kümmern sich um Fälle von Mehrfachmedikation. «Viele Patienten müssen sehr viele verschiedene Medikamente pro Tag nehmen», erklärt der Apotheker. «Da kann es sein, dass einige Medikamente nicht zusammenpassen oder der Patient etwas den Überblick verliert. Bei uns können die Patienten dann prüfen lassen, wie sie die Einnahme der Medikamente in Zukunft gestalten können.» Dieser Service der Überprüfung bei Mehrfachmedikation ist derzeit der einzige, den die Apotheken bei den Krankenkassen verrechnen können. Mit den auf Bundesebene eingeleiteten Schritten dürfte sich das in den nächsten Jahren aber ändern.

Martin Meul

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