Kolumne | Diese Woche zum Thema
ADHS: Was die Ritalin-Abgabe übertüncht
Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.
Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier
Unser Problem ist nicht Hyperaktivität, sondern Schlafkrankheit
Der «Beobachter» bringt das Problem auf den Punkt: «Zu ADS und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) hat jeder eine Meinung – ohne viel darüber zu wissen.» Ich verstehe von diesem Freysinger-Esoterik-Thema nichts. Oskar Freysinger war der SVP-Wahlkampfleiter für die welsche Schweiz. Der Absturz der SVP in der welschen Schweiz
war dramatisch. Im Oberwallis ist die Linke in etwa gleich stark wie die SVP im Mittel- und Unterwallis. Obwohl die Mengis Medien in letzter Zeit alles, was von links kommt, systematisch unter den Tisch wischen. Selbst Viola Amherd ist ihnen inzwischen zu fortschrittlich.
Oskar Freysinger lobt deshalb richtigerweise seinen «Walliser Boten». Ich kritisiere die zu weit rechts stehende Chefredaktion des «Walliser Boten». Ebenfalls richtigerweise. Herold Bieler regt sich über meine Kritik auf. Ebenfalls richtigerweise. Unser Staatsrat Melly und unsere Oberwalliser Parlamentarier leiden derweil nicht unter Hyperaktivität:
Schlafkrankheit 1: Vor zwölf Monaten reichte Werner Jordan einen detaillierten Fragenkatalog zum Problem des Munitionsdepots Blausee-Mitholz ein. Er forderte CVP-Staatsrat Melly auf, aktiv zu werden, damit der Bau der Nationalstrasse zwischen Frutigen und Kandersteg vorgezogen in Angriff genommen wird. Melly weigerte sich, auch nur einen Finger zu rühren. Ein Skandal ohnegleichen. Für die Pomona-Messdiener kein Thema.
Schlafkrankheit 2: Wieso auch? Acht Monate nach dem schnellen Werner Jordan – der neu Briger Gemeinderat wird – reichte Franz Ruppen nichtssagende Fragen in Bern ein. Abgefeiert von den Pomona-Messdienern im Rahmen des Wahlkampfes für den schwächsten Walliser Nationalrat in Bern.
Schlafkrankheit 3: Weil sich die Walliser in Bern nicht bewegten, sehen die Berner für die Umfahrung von Blausee-Mitholz nun einen nur einspurig (!) befahrbaren Feldweg vor. Das Projekt wird Ende November 2019 an der Gemeindeversammlung von Kandergrund vorgestellt. Eine Katastrophe für die Zufahrt von und nach dem Wallis. Doris Schmidhalter-Näfen hat am Montag detaillierte Fragen gestellt. Melly, Rieder, Bregy und Ruppen schlafen weiter. Und in der Pomona kennt man das Projekt – Stand Dienstagmittag – nicht.
Schlafkrankheit 4: Der Frutiger Nationalrat Grossen gehört mit den Grünliberalen zu den Wahlsiegern. Er fordert Viola Amherd auf, endlich das Problem Blausee-Mitholz mit mehr Manpower und mit mehr Grips anzupacken.
Wir leiden unter einer rechten Schlafkrankheit.
Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller
Ritalin
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) wird mit der Droge Ritalin (Methylphenidat, ein Amphetamin) behandelt, als handle es sich dabei um eine Krankheit der Kinder und Jugendlichen. Dabei ist AHDS vielmehr die Reaktion des Kindes auf eine kranke Gesellschaft. Vor Jahren reichte ich im Parlament eine Motion gegen die systematische Verordnung von Ritalin an hyperaktive Kinder ein. Was mich dazu bewegte, war die Feststellung, dass im Tessin fünfmal weniger Ritalin verordnet wurde als in der übrigen Schweiz. In seiner Antwort schrieb der Bundesrat, dass die markant tiefere Verabreichung von Ritalin im Tessin auf die anders gelagerten sozialen und kulturellen Bedingungen in der italienischen Schweiz zurückzuführen sei. Damit gab Swissmedic, welche die Antwort für den Bundesrat formulierte, implizit zu, dass der Auslöser für ADHS primär im sozialen Umfeld zu suchen sei und nicht in der Psyche des Kindes. Die Diagnose von ADHS beruht in der Tat nur auf der subjektiven Beobachtung des kindlichen Verhaltens und nicht auf einem verlässlichen medizinischen Test.
Von der systematischen Verordnung von Ritalin profitieren Pharma, Forscher, Psychiater, Ärzte, Lehrer und Eltern, nur nicht die Kinder. Statt das Umfeld anders zu gestalten und den Kindern durch Zuwendung, Lob, sportliche und künstlerische Tätigkeiten, gesunden Schlaf, pädagogische Betreuung, eine bessere Lebenshygiene, ein harmonisches familiäres Umfeld, weniger phosphatgesättigte und gezuckerte Getränke und weniger Gewaltvideos eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen, pumpt man sie mit einer Droge voll, die schon bei einmaliger Abgabe eine Verringerung der Gehirndurchblutung um 20 bis 30 Prozent zur Folge hat und deren pharmakologische Wirkung im Körper ähnlich ist wie bei Crystal Meth oder Kokain. Die häufige Folge sind Depression und Aggressionen. Das Mittel erweist sich als schlimmer als das Übel, weshalb es vielerorts verboten wurde. Wenn 1996 in der Schweiz noch 13,7 kg Ritalin eingenommen wurden, waren es im Jahr 2010 bereits 294kg! Hauptsache, das Kind verhält sich ruhig. Dass es durch die Einnahme der Droge suizidgefährdet ist, lebenslange Schäden davonträgt und infolge der Stigmatisierung als «kranker Mensch» sozial ausgegrenzt wird, fällt nicht ins Gewicht.
Eins scheint mir klar: wäre ich dreissig Jahre später auf die Welt gekommen, dann wäre ich garantiert als «hyperaktiv» eingestuft und mit Ritalin zugedröhnt worden. Meinen politischen Gegnern wärs sicher recht gewesen.
Artikel
Kommentare
Peter Fux, St. Niklaus VS - ↑5↓2
Diese beide Alleswisser würden mir bestimmt nicht fehlen ,wenn sie die Feder versorgen würden.
antworten