Kurzinterview | Dr. Lehky Hagen

«Die Diskussionen um die Frauenquote zeigen, dass es immer noch  massive Vorurteile gibt»

Dr. Lehky Hagen , Verwaltungsrätin Spital Wallis, Präsidentin Walliser Ärzteverband
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Dr. Lehky Hagen , Verwaltungsrätin Spital Wallis, Präsidentin Walliser Ärzteverband
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Dr. Lehky Hagen | Verwaltungsrätin Spital Wallis, Präsidentin Walliser Ärzteverband

Dr. Monique Lehky Hagen, der Bundesrat will eine gesetzliche Frauenquote. Was halten Sie davon?

Prinzipiell denke ich, dass man für gleichwertige Kompetenzen die gleichen Möglichkeiten bekommen sollte, was ja erwiesenermassen leider nicht der Fall ist, da man zu Quoten greifen muss, um eine lächerliche 30 Prozent Chancengleichheit zu bekommen. Die Diskussionen um die Frauenquote zeigen, dass es immer noch massive Vorurteile gibt, betreffend der Qualitäten und der Lernfähigkeit und Anpassungsfähigkeit von Frauen in führenden Strukturen. Man scheint zu vergessen, dass die Frauen die Pfeiler der meisten Gesellschaften sind, die Verantwortung für die Haushaltsführung übernehmen, aber auch grösstenteils dafür verantwortlich sind, dass die Kinder ihre Entwicklung möglichst schadenfrei überstehen und die überlebenswichtigen sozialen Umgangsformen gelernt werden. Welche Ausbildungen, Erfahrungen und Charaktereigenschaften eines Verwaltungsrats haben Männer, die Frauen nicht zu haben scheinen? Das Problem müsste anders formuliert werden: Es gibt in der Schweiz zu viele Verwaltungsräte, die nicht die nötigen Kompetenzen und Erfahrungen haben, die dieses Mandat verlangt und es bräuchte mehr professionelle Einführungen für Verwaltungsräte, damit sie Entscheidungen fällen, die an das Milieu, in dem sich der Betrieb bewegt, optimal angepasst sind. Auch sollten sie den Betrieb und die Leute, die darin arbeiten, besser kennen und verstehen. Zu viele Entscheidungen werden von Leuten gefällt, die zu wenig Ahnung haben von dem, was an der Basis passiert oder die ihre Verantwortung nicht wirklich wahrnehmen. Das gibt zum Teil beträchtliche Probleme und hat nichts mit Mann oder Frau zu tun. Es scheint aber, dass Männer oft weniger Mühe haben, solche Entscheidungen zu treffen als Frauen.

Ist der Vorschlag des Bundesrates zielführend?

Wenn man nicht einen ersten Schritt macht, kann man auch nicht zu einem Ziel kommen. Ich glaube, es ist ein erster Schritt und es ist bedenklich, wenn man sieht, was schon ein kleiner Schritt, der an keinerlei Sanktionen gebunden ist, für grosse Wellen und Vorurteile aufwirft. Das ist doch der Beweis, dass dieser Schritt unerlässlich ist, um Bewegung in eine von Vorurteilen geprägte Mentalität hineinzubekommen.

Würde sich denn durch eine Frauenquote etwas ändern?

Ich denke ja. Persönlich bin ich überzeugt, dass es mindestens ebenso viele Frauen gibt, die gleichwertige Leistungen zu denen, die vom Durchschnitt der männlichen Verwaltungsräte geleistet werden, erbringen können. Dieselbe Haltung habe ich bereits als Studentin am Kollegium vertreten, als ich überzeugt war, dass mindestens so viele Mädchen einen Mathe-
Durchschnitt von 4,0 herbringen könnten wie Männer. Diese Aussage war 1990 leider für eine Vielzahl meiner Schulkollegen eine Beleidigung und wurde als Provokation empfunden. An der heutigen Problematik sehen wir, dass sich in den letzten 20 Jahren noch nicht viel in der Gleichberechtigung geändert hat. Wenn man nicht Anreize schafft, starre Prämissen zu überdenken, wird sich auch in den nächsten 20 Jahren nichts ändern.

Was für eigene Erfahrungen haben Sie als Verwaltungsrätin gemacht?

Als Frau muss man zuerst Vorurteile abbauen. Man wird oft erst ernstgenommen,
wenn man zwei bis drei Mal die Leistung bringt, die ein Mann für dieselbe Anerkennung bringen muss. Man wird primär als Frau und nicht als Fachperson wahrgenommen – es wird primär davon ausgegangen, dass man weniger belastbar ist, weniger zuverlässig, weniger vernetzt, weniger was auch immer. Es ist nicht einfach Berufsleben und Familienleben unter einen Hut zu bringen und man hat immer eine Doppel­belastung in dieser Beziehung, die von den Männern in derselben Form kaum gefordert wird. Handkehrum kann man lernen die
Tatsache, dass man oft unterschätzt wird, positiv zu nutzen.

Was heisst das?

Als Frau wird man zur Kreativität gezwungen, um sich behaupten zu können.

Martin Meul

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