Frontal | Direktor Valais/Wallis Promotion
"Wir müssen den Gast wieder mehr ins Zentrum rücken"
Sitten | Sitten Seit 500 Tagen ist Damian Constantin (49) als Direktor von Valais/Wallis Promotion im Amt. Was sagt er zur Kritik an den Tourismusdestinationen, was sind seine Pläne und wo setzt er 2015 die Schwerpunkte? Damian Constantin nimmt Stellung.
Herr Constantin, wann waren Sie zum letzten Mal auf der Piste?
In den Weihnachtsferien war ich mit meiner Familie in Zermatt. Wir haben diese Zeit in vollen Zügen genossen.
Wie waren die Pistenverhältnisse?
Sehr gut.
Und die Gastfreundschaft?
Die Betriebe in Zermatt sind sehr professionell. Sowohl bei den Bergbahnen wie auch in den Restaurants. Man wird freundlich, rasch und zuvorkommend bedient.
In letzter Zeit werden wieder Stimmen laut, wonach das Preis-/Leistungsverhältnis bei vielen Unternehmen nicht stimmt. Ist diese Kritik berechtigt?
Ich kann die Kritik insofern nachvollziehen, weil das Preisniveau in der Schweiz generell höher ist als in ausländischen Stationen. Wir haben einen 30 bis 35 Prozent höheren Kostenanteil gegenüber dem Ausland. Das betrifft beispielsweise Personal- und Lebensmittelkosten. Wichtig ist aber die Gastfreundschaft. Ich bin überzeugt, dass der Konsument heute eher bereit ist, über gewisse Schwächen im Angebot hinwegzusehen als über fehlende Freundlichkeit. Daran führt kein Weg vorbei. Die Freundlichkeit ist das A und O der Dienstleistung im Tourismus. Und daran müssen wir weiter arbeiten.
Benoten Sie die Walliser Destinationen auf einer Skala von eins (schlecht) bis zehn (sehr gut)…
Es ist unmöglich, eine Note zu geben oder dies innerhalb einer Destination zu machen, da die verschiedenen Destinationen sehr unterschiedlich im Markt auftreten. Insofern kann ich da keine Noten verteilen. Verbesserungspotenzial gibt es immer. Aber nicht nur bei uns, auch ausländische Stationen haben Entwicklungsbedarf. Ich finde es auch müssig, dass man unsere Destinationen immer mit Österreich vergleicht. Wir müssen einfach den Anspruch an uns selber haben, dass die Gastfreundschaft zentral ist.
Unsere östlichen Nachbarn schiessen immer wieder verbale Giftpfeile gegen die Schweiz und haben den Ruf, sehr gastfreundlich zu sein. Was machen die Ösis denn anders oder besser als wir?
Ob die österreichische Gastfreundschaft besser ist als die unsrige, will ich nicht beurteilen. Aber die Andersartigkeit ist sicher gegeben. Der Österreicher hat einen anderen kulturellen Hintergrund als wir Walliser oder Schweizer. Darum ist der Österreicher an sich sehr dienstbar. Wir haben eine andere Kultur und sind uns gewohnt, dass wir nicht so obrigkeitsgläubig sind. Darum müssen wir den Gast wieder vermehrt ins Zentrum rücken und der Gastfreundschaft den nötigen Stellenwert geben, da der Tourismus sehr wichtig ist für unsere Wirtschaft.
Beim Schweizer Eishockey-Cup ziert das Logo von Sölden die Eisflächen in den Schweizer Stadien. Das wäre doch auch eine ideale Plattform für Valais/Wallis Promotion gewesen?
Es macht mir auch weh zu sehen, wenn auf dem Visper Eis, im Herzen des Wallis, eine österreichische Destination Werbung macht. Andererseits ist es eine Frage der Strategie in der Kommunikation. Dazu kommen die finanziellen Mittel, die man zur Verfügung hat. Für Valais/Wallis Promotion hat der Schweizer Markt erste Priorität. Von daher wäre es richtig gewesen, in diesen Auftritt zu investieren. Aber unsere Strategie ist es, in TV-Spots und digitale Medien zu investieren. Wir wollen unser Image aktiv kommunizieren und nicht nur passiv erdulden. Ein Logo auf dem Eisfeld kann nie die gleiche Emotionalität hervorrufen wie ein Fernsehspot. Allein mit der Werbekampagne im Winter erreichen wir 80 Prozent der Bevölkerung. Und das immer im Wissen, dass 49 Prozent der Schweizer Bevölkerung nur selten bis nie (8 Prozent) im Wallis waren.
Mit der Kampagne «Ins Herz gemeisselt» will Valais/Wallis Promotion die Gäste langfristig ans Wallis binden. Sind erste Erfolge absehbar?
Bei der Kampagne zielen wir auf die emotionale Seite. Eine erste Marktforschungsstudie hat gezeigt, dass die Kampagne sehr erfolgreich angelaufen ist. Wir haben diesbezüglich auch sehr viele positive Reaktionen aus dem Markt erhalten.
Art Furrer hat sich vor einem Monat in der RZ kritisch zu dieser Werbekampagne geäussert. Sein Vorwurf: Die Bilder und Texte seien auf einem zu intellektuellen Niveau, so dass die Kernaussage bei der Masse nicht verstanden werde. Finden Sie den Vorwurf gerechtfertigt?
Ich begegne solchen Vorwürfen relativ gelassen. Entscheidend für mich ist die Meinung der Kunden, unserer Gäste. Und die spricht eine andere Sprache. Bei der Entwicklung einer gezielten und aussagekräftigen Kommunikation gilt der Volksmund: «Zu viele Köche verderben den Brei». Die Kampagne wird nicht nur danach gemessen, wem sie gefällt, sondern es geht vielmehr darum, was man damit bewirkt. Und da sind wir momentan gut aufgestellt.
Den Vorwurf, der Spot sei zu intellektuell, lassen Sie also nicht gelten?
Die Fakten zeigen, dass der Werbespot eine grosse Wirkung erzielt. Die Kampagne wurde ausserdem im Mai zum besten Schweizer Fernsehspot gewählt. Das zeigt doch, dass sie weder zu abgehoben noch zu intellektuell ist. Wir wollen uns bewusst moderner, dynamischer und professioneller geben.
Apropos Kritik: Wie gehen Sie damit um?
Solange es sich um konstruktive Kritik handelt, kann ich sehr gut damit umgehen. Wenn ich aber merke, dass die Kritik auf die Person oder auf Eigeninteresse zielt, dann habe ich Mühe damit. Das Wallis hat alle Ressourcen in der Hand, um einen Aufbruch zu wagen. Wir haben die höchsten Skigebiete und die schönsten Berge. Jetzt müssen wir nur noch den Mut haben, den Aufbruch gemeinsam zu wagen und nicht die Energie nach innen zu vergeuden.
Sie sind jetzt seit 500 Tagen im Amt. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?
Sehr positiv. Zusammen mit meinem Team haben wir es geschafft, in kurzer Zeit einiges zu bewegen. Wir haben eine Kampagne auf die Beine gestellt, die sowohl in der Branche wie bei den Gästen Anerkennung findet. Ich habe festgestellt, dass das Wallis grosses Potenzial besitzt, sich noch weiter zu differenzieren. Allerdings ist es nicht immer einfach, die Sachen in Gang zu bringen, weil viele Begehrlichkeiten und Eigeninteressen mitspielen. Daran müssen wir in Zukunft arbeiten.
Wo setzen Sie im kommenden Jahr die Schwerpunkte?
Mit der Inszenierung des Wallis haben wir einen ersten wichtigen Schritt getan. Jetzt kommt eine weitere entscheidende Phase. Wir müssen die Erlebnisse definieren und die Frage beantworten: Warum soll der Gast ins Wallis kommen? Wir wissen heute, welche Kundengruppe sich wie verhält. Dadurch können wir gezielter investieren. Der Gast, der ins Wallis kommt, sucht kein Produkt, sondern ein Erlebnis. Das kann Skifahren sein, Wandern, aber auch Wellness. Diese Erlebnisse müssen wir ganzheitlich bieten. Im Rahmen des neuen Tourismusgesetzes müssen sich die Destinationen überlegen, was ihre Vision ist und wie sie diese umsetzen wollen. Es gibt noch zu viele Destinationen, die keine klare Strategie oder Positionierung haben.
Braucht der Walliser Tourismus bessere Rahmenbedingungen, um gegen die starke Konkurrenz aus dem In- und Ausland bestehen zu können?
Es ist eine Tatsache, dass ein Budget von zehn Millionen Franken für die Promotion des Wallis, wir reden von der Industrie, Gewerbe, Tourismus und Landwirtschaft, nicht mit anderen Regionen mithalten kann. Zum Vergleich: Tirol hat allein für den Tourismus 27 Millionen Franken zur Verfügung. Wir hingegen haben zehn Millionen für alle vier Branchen. Da gibt es sicher noch Potenzial. Aber ich gehöre nicht zu denen, die den Kopf in den Sand stecken. Darum ist es wichtig, dass wir mit den Geldern, die uns zur Verfügung stehen, die bestmögliche Effizienz herausholen.
Müsste hier die Politik dem wichtigsten Wirtschaftszweig im Wallis mehr unter die Arme greifen?
Die Politik hat eine grosse Verantwortung. Einerseits haben die politischen Kreise Valais/Wallis Promotion ins Leben gerufen und ich hoffe, dass wir gemeinsam den Schritt in die Zukunft schaffen. Das ist wie eine Bergwanderung. Wir sind gerade erst losgelaufen, aber der Weg zum Gipfel ist noch weit. Und manchmal habe ich das Gefühl, dass einige den Rucksack schon ausgepackt haben und sich verpflegen. Aber der geübte Berggänger weiss, es braucht auch für den Rückweg vom Gipfel noch etwas Proviant.
Mit dem Finanzierungsfonds für touristische Infrastrukturen wurde ja ein erstes Zeichen gesetzt…
Definitiv. Es ist eine sehr gute Initiative der Bergbahnen. Von den Rahmenbedingungen sind wir gegenüber anderen Regionen ja nicht bevorteilt. Die Frage ist jetzt, was man mit dem Fonds macht? Ein Erlebnis Berg hat zwar Potenzial, ist aber heute anders definiert als vor fünf, sechs Jahren. Der Winter am Berg ist in unseren Köpfen noch immer stark als Skierlebnis verankert. Aber unsere Gäste verbinden das Wintererlebnis nicht nur mit dem Schneesport. Dazu gehören auch andere Aktivitäten und Erlebnisse. Es gibt ein verändertes Gästeverhalten und dem muss man aktiv begegnen. Dazu braucht es Kreativität und Flexibilität. Ein Investitionsfonds muss sich am Bedürfnis für den Gast orientieren. Und diesem Bedürfnis müssen wir gerecht werden. Nicht nur, was den Schneesport anbelangt.
Walter Bellwald
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