Frontal | Brig/Aargau

"Wer immer nur lustig ist, der ist ein Hanswurst"

Peach Weber ist seit 40 Jahren Komiker
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Peach Weber ist seit 40 Jahren Komiker
Foto: Peach Weber

Seit 40 Jahren steht Peach Weber auf der Bühne und startet unerbittlich Angriffe auf die Lachmuskeln der Zuschauer. Seine Abschiedsvorstellung hat der 63-Jährige schon fixiert: Am 15. Oktober 2027 im Hallenstadion, der Vorverkauf läuft.

Herr Weber, als Ihre unangenehmste Tätigkeit bezeichnen Sie «Aufstehen», sind Sie also ein Morgenmuffel?
Ich kann schon relativ früh aufstehen, aber es dauert dann zwei Stunden, bis ich richtig wach bin. Es darf in dieser Zeit einfach niemand etwas von mir wollen.

Sie sagten einmal, ich mittagesse nie, weil ich stücke sehr spät früh. Haben Sie denn heute Morgen schon gefrühstückt?
Nur Kaffee, aber das ist ja mein Frühstück. Frühstücken ist nicht so mein Ding. Ein Hotelzimmer buche ich normalerweise immer ohne Frühstück. Ich trinke dann zwei Kaffees und nehme vielleicht noch ein Gipfeli, das ist dann allerdings schon ein üppiges Frühstück. Ich bin leider derjenige, der am Abend zuschlägt.

Nach eigenen Angaben arbeiten Sie als Minimalist und leisten das Maximale.
Mein Lebensmotto ist, mit einem minimalen Aufwand das Maximale herausholen. Das ist das einzige Talent, das ich habe. Gitarre spielen kann ich nach wie vor nicht und mache es trotzdem. Wenn mich jemand gezwungen hätte, zuerst richtig zu lernen, wie man Gitarre spielt, dann hätte ich aufgehört.

Wie schafft man das, mit zwölf Gitarrengriffen 14 Programme zu schreiben?
Scheinbar gehts. Mit drei Gitarrengriffen war ich etwa zehn Jahre unterwegs. Dann habe ich einen neuen dazugelernt, weil ich eine Idee für ein Lied hatte, wo die drei nicht mehr gepasst haben. Ich bin einfach nicht einer, der gerne einen Riesenaufwand betreibt. Das gilt auch für meine Tournee. Ich habe nicht gerne viele Leute dabei, die alle ein T-Shirt mit der Aufschrift «Staff» tragen. Ich habe eine Person dabei, die zuverlässig und gut ist, und die alles kann.

Sie sind auf Tournee mit Ihrem 14. Programm und treten am 4. November in Brig auf. Was ist das Spezielle an Ihrem neuen Programm «GäxBomb»?
Speziell ist, dass ich noch immer da bin. Es ist nicht so, dass ich jetzt etwas komplett Neues mache. Dadurch, dass meine Talente sehr begrenzt sind, ist etwa Akrobatik nicht im Bereich des Möglichen. Ebenso kann ich nicht plötzlich ein anderes Instrument spielen wie zum Beispiel Trompete. Deshalb mach ich ein paar Gedichtli und spiele mit der Gitarre einige Liedli. Da dies 40 Jahre lang funktioniert hat, habe ich auch nie gross rumstudiert, etwas anders zu machen.

Erinnern Sie sich an vergangene Auftritte im Wallis?
Bei meinem ersten Auftritt habe ich mir Gedanken gemacht, ob das Walliser Publikum mich versteht. Der Walliser unterscheidet sich ja stark vom Aargauer Dialekt. In der Comedy ist es aber sehr wichtig, dass man alles schnell versteht. Sobald man ein Wort nicht begreift, kann die Pointe daneben gehen. Deshalb hatte ich mir überlegt, ob ich deutlicher sprechen soll. Ich habe dann schnell bemerkt, dass mich die Walliser Zuschauer perfekt verstehen. Der Aargauer Dialekt wird überall in der Schweiz gut verstanden und eignet sich deshalb gut für Comedy.

Sie sind als «Blödel-Peach» bekannt...
(unterbricht) Ja gut, das «schleicke» ich jetzt seit 40 Jahren mit. Das kommt noch aus einer Zeit, als Dieter Hallervorden als «Blödel-Didi» im Fernsehen sehr populär war. Als ich angefangen habe, wusste niemand in der Schweiz, was das ist, was ich mache – auch meine Agentur nicht. Sie suchten ein Wort. Kabarettist war zu dieser Zeit ein politischer Kabarettist. Als Liedermacher wurde ein ernsthafter Liedermacher bezeichnet. Das, was ich gemacht habe, hat es so in der Schweiz damals noch gar nicht gegeben. So hat man es dann seinerzeit Blödel-Komiker genannt. Aber eigentlich ist das ein Begriff aus der Steinzeit. Heute bezeichnen sich alle Pausenclowns, wie auch ich einer bin, als Kabarettist oder Comedian. Ich mache nichts anderes als die anderen auch. Deshalb nenne ich mich Comedian, Komiker oder so irgendwas.

Im Telefonbuch steht bei Ihnen als Berufsbezeichnung Halbtags-Philosoph.
Es ist gut, wenn man nicht immer nur lustig ist, sondern zur Hälfte auch ernst sein kann. Die interessantesten Menschen sind diejenigen, die beide Seiten haben. Wer immer nur lustig ist, der ist ein Hanswurst.

Sie schreiben auch Kolumnen in der Aargauer Zeitung.
Ich versuche in der Kolumne nicht dasselbe zu machen wie an meinen Auftritten. Es wäre falsch, wenn ich dort auch 50 Gägs verbraten würde, sondern ich versuche, ein ernsthaftes Thema humorvoll aus meiner Sicht zu beschreiben. Das ist sehr subjektiv, aber ich habe bemerkt, dass dies den Leuten scheinbar sehr gefällt. Auch die sogenannten Intellektuellen finden, «oh, so dumm ist er gar nicht.»

Wie sieht es eigentlich mit der geistigen Nahrung für die Intellektuellen aus in Ihrem Programm?
Es ist ein Vorurteil vor allem von Halbintellektuellen, dass es bei mir vor allem «schenkelklopfer» Humor gäbe. Es ist mir eigentlich egal. Ich mache Unterhaltung. Wer Unterhaltung nicht als vollwertiger Teil unserer Kultur akzeptieren kann, der ist geistig ein wenig arm dran. Das sind dann diejenigen Leute, die über irgendeine Oper schwärmen können. Nur, die Geschichten, welche in Opern erzählt werden, sind ja nicht besser als jene in der Volkskultur. Ich muss jeweils leicht schmunzeln, wenn sich jemand genüsslich über das Niveau der Volkskultur auslässt. Für mich sind dies hilflose Versuche, sich selber als etwas Besseres darzustellen.

Sie haben selber einige Ohrwürmer geschrieben, wie etwa der «Borkechäfer», «Überall häts Pilzli dra» - woher nehmen Sie die Inspiration?
Die guten Ideen kommen meistens wirklich spontan. Sachen wie «Sun fun nothing to do» oder «Überall häts Pilzli dra» sind plötzlich einfach wie Geistesblitze gekommen, und ich habe gewusst, daraus kann ich etwas Gutes machen. Ich kann nicht einfach einen Tag lang warten und weiss, irgendwann kommt eine super Idee für ein Lied. Wenn sie nicht kommt, so kann man überhaupt nichts machen. Deshalb gibt es auch sehr wenig wirklich gute Gäg-Schreiber in der Schweiz. Man kann ja nicht in einen Kurs gehen und lernen: «Wie bekomme ich gute Ideen».

Eine Idee von Ihnen ist ja, dass Sie am 15. Oktober 2027, einen Tag nach Ihrem 75. Geburtstag, im Zürcher Hallenstadion Ihre Abschiedsvorstellung geben möchten. Ist das jetzt ein Gäg?
Die Idee ist aus einem Gäg entstanden. Mein Bruder machte diesen Vorschlag, und wir haben am Mittagstisch darüber diskutiert, gingen aber davon aus: Das ist sowieso nicht durchführbar. Das Hallenstadion ­akzeptiert doch keine Reservation 20 Jahre im Voraus. Der Ticketcorner macht doch nicht einen Vorverkauf, der 20 Jahre dauert. Als wir dann wirklich angefragt haben, lachten alle Beteiligten und sagten: Das ist eine gute Idee, wir machen mit.

Und wie läuft der längste Vorverkauf aller Zeiten?
Der Vorverkauf läuft seit sechs Jahren. Bis jetzt sind 9500 Tickets verkauft worden. Die Vorstellung ist praktisch ausverkauft. Deshalb habe ich überlegt, noch zusätzlich eine Nachmittagsvorstellung zu machen.

Und, wie stehen die Chancen?
Der Vorverkauf dauert ja noch zwölf Jahre. Es wird ganz sicher noch eine Nachmittagsvorstellung geben. In zwei Wochen sollte deren Vorverkauf starten.

Sie wollen mit 75 Jahren noch auf der Bühne stehen. Ist dies ein klares Statement für ein Rentenalter 75?
(lacht) Nein, aber ich bin einer, der gerne selber bestimmt, wann er pensioniert wird. Logisch wäre es ja, wenn man nach seinem 65. Geburtstag eine Abschiedsvorstellung macht. Aber das ist in unserem Job ja nicht so üblich. Es gibt ja auch Leute, die geben 20 Jahre lang Abschiedsvorstellungen, um den Vorverkauf anzukurbeln. Ich mache an einem Tag meine Abschiedsvorstellung und dann ist fertig.

Apropos fertig: Sie haben einmal gesagt, mit dem Tod sollte man zusammenarbeiten, statt gegen ihn einen aussichtslosen Kampf führen. Wie meinen Sie das?­
Zurzeit herrscht eine Euphorie und es ist Mode zu denken, «wenn man alles richtig macht, so muss man nicht sterben». Früher hiess es: Wenn man einmal 60 ist, so könne man es etwas ruhiger an­gehen lassen. Gemütlich auf einem Bänkli sitzen und Stumpen rauchen. Heute gibt es den leidigen Trend zu sagen: «Man kann bis ins hohe Alter fit sein. Mit 70 noch den New-York-Marathon laufen oder weiss ich was. Damit macht man den älteren Leuten einfach nur Stress. Ein 75-Jähriger, der nichts macht, hat so das Gefühl, dass er «än fuule Siech» sei. Dabei ist er einfach 75. Bis ins hohe Alter «zwäg» sind nur einige wenige, die gute Gene haben.

Sie sagen, ein guter Witz kann einem die schlechte Laune verderben. Erzählen Sie uns zum Schluss einen Witz?
Nein. Das Problem ist, ich kann mir die Witze genauso wenig merken wie die meisten Leute. In meinem Programm stecken 250 bis 300 Gägs. Man schaut sich am besten die Vorstellung an.

Frank O. Salzgeber

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Infos

Zur Person

Vorname Peter "Peach"
Name Weber
Geburtsdatum 14. Oktober 1952
Familie Geschieden, eine Tochter
Beruf Lehrer, seit 40 Jahren Komiker
Funktion  
Hobbies Ich will mein Leben als Hobby gestalten.

Nachgehakt

Ich werde wieder einmal für den 
Eurovision Song Contest kandidieren.
Joker
Lehrer sind die besten Komiker Nein
Als Aargauer fahre ich so Auto wie ich Gitarre spiele. Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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