Brig-Glis | Frontalinterview mit Jürg Krattiger, Direktor Brig Simplon Tourismus
«Über Peter Bodenmann äussere ich mich nicht»
Seit gut zwei Jahren ist Jürg Krattiger (52) Geschäftsführer von Brig Simplon Tourismus. Er gibt Auskunft über das bevorstehende Jodlerfest, das Inkasso der Kurtaxen und die Zukunft der Briger Innenstadt.
Herr Krattiger, das Jodlerfest steht vor der Tür und die Anspannung steigt. Wie gross ist Ihre Vorfreude?
Riesig. Wenn ich den Aufwand und die Arbeit betrachte, welche bis jetzt von allen Beteiligten geleistet wurde, so wird der Anlass toll. Und wenn dann noch das Wetter mitspielen sollte, so wird uns das Fest noch lange in Erinnerung bleiben.
Trotzdem bringt der Anlass für Sie und Ihr Team einen grossen Mehraufwand mit sich…
Seit Anfang Jahr befindet sich die Geschäftsstelle des Jodlerfests in unseren Büros. Zu Beginn arbeitete dort eine Person, jetzt sind es schon drei. Zu Beginn versuchten wir, die Bereiche Tourismus und Jodlerfest zu trennen. Je näher das Fest rückte, umso schwieriger gestaltete sich diese Trennung. Momentan dreht sich bei uns alles praktisch nur noch ums Jodlerfest. Verständlicherweise leisten wir zurzeit viele Überstunden, aber die Mitarbeiter machen das mit viel Motivation, weil sich alle auf das Fest freuen.
Mit was für Fragen und Anliegen werden Sie jetzt im Vorfeld noch konfrontiert?
Brig Simplon Tourismus ist verantwortlich für den Bereich Gruppenunterkünfte (Zivilschutzanlagen und Turnhallen) in der gesamten Region. Dabei kommt es immer wieder zu zahlreichen Änderungswünschen wie beispielsweise der Personenanzahl. Da muss kurzfristig koordiniert und oft improvisiert werden. Das kann auch zu Stresssituationen führen und es ist wichtig, nicht die Übersicht zu verlieren.
Hinzu kommt sicherlich auch noch die fehlende Erfahrung bei der Organisation eines so grossen Anlasses…
Das ist richtig. Wobei zu sagen ist, dass alle, welche daran arbeiten, enorm profitieren. Diese Erfahrungen können dann in spätere Projekte einfliessen. So gesehen ist es für uns alle ein wertvoller Lernprozess.
Nebst der Mehrarbeit bringt der Anlass zweifellos viele Übernachtungen in die Region und speziell nach Brig-Glis. Mit was für einem Zuwachs an Logiernächten rechnen Sie?
Wir schätzen einen Zuwachs von weit über 3000 Übernachtungen für die Region Brig-Simplon. Hinzu kommen noch die Zahlen der Campingplätze, welche höchstwahrscheinlich ausgebucht sein werden.
Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus?
Mit dieser Frage haben wir uns intensiv beschäftigt. In Zusammenarbeit mit Valais/Wallis Promotion werden rund 50 000 sogenannte «Jodlercards» in den Umlauf gebracht. Mit dieser Karte wird der Besucher auf rund 20 verschiedene und sehr attraktive Angebote wie Bäder, Skipässe oder auch Übernachtungen bestimmte Preisreduktionen erhalten. Die meisten Angebote werden bis Ende 2018 gültig sein. Damit erhoffen wir uns schon, dass davon rege Gebrauch gemacht wird, viele Jodler oder Besucher noch einmal zurückkommen und auch, dass diese Gäste in der Region übernachten werden.
Mit dem erwarteten Zuwachs an Logiernächten blicken Sie also zuversichtlich auf die Sommersaison voraus?
Zum einen ja, weil wir feststellen, dass für das Jodlerfest zahlreiche Unterkünfte bis zu einer Woche gebucht werden. Beispielsweise auf dem Rosswald. Zum anderen aber merken wir das Verschwinden des Hotel Simplon (Hotelbetrieb auf dem Stadtplatz, welcher umgenutzt wird Anm Red). Diese fehlenden Übernachtungen müssen anderweitig kompensiert werden. Nicht zu vergessen ist auch der Faktor Wetter. Gesamthaft betrachtet aber bin ich positiv gestimmt. Die Sommersaison wird gut.
«Für ein gemeinsames Abo Rosswald/Rothwald sieht es gut aus»
Kommen wir weg vom Jodlerfest. Wenn der Anlass vorbei ist, was für Ziele stehen danach auf Ihrer Agenda?
(lacht) zuerst müssen wir wieder Kräfte sammeln... Die Region Brig Simplon hat ein grosses Potenzial, vor allem auch im Bereich Gruppenreisen. Im Tal übernachten und am Tag verschiedene Angebote in der Region nutzen. Hier müssen wir den Hebel noch mehr ansetzen und uns scharf positionieren. Übrigens gilt das für den Sommer als auch den Winter.
Wie sehen die Angebote konkret aus?
Drei Übernachtungen mit jeweils einem Tag Ski fahren in der Aletschregion, in Zermatt, Saas-Fee und Rosswald, kombiniert mit einem Ausflug ins Brigerbad. Dem Nichtskifahrer werden Ausflüge in die Region per Bahn oder zum Beispiel kulinarische Stadtführungen angeboten. Hier sehen wir ein grosses Potenzial, welches übrigens schon heute intensiv genutzt und auch geschätzt wird.
Bleiben wir beim Winter. Vor zwei Jahren sagten Sie, der schwache Euro wirke sich aufgrund des nicht allzu hohen Preissegments in Ihrer Region nicht sonderlich negativ aus. Sind Sie auch heute noch dieser Meinung?
(überlegt eine Weile.) Wir hatten im letzten Winter auf dem Rosswald schon etwas weniger Übernachtungen und Frequenzen. Dabei gilt es zu bemerken, dass die Feiertage ungünstig gelegen und die Schneeverhältnisse eher schlecht waren. Darum bin ich immer noch der Meinung wie vor zwei Jahren. Aber auch hier braucht es eine klare und scharfe Positionierung. Mit dem Rosswald sprechen wir ganz klar Familien und insbesondere Kinder an. Hier ist das Motto Trumpf: klein, aber fein.
In die Preispolitik der Skigebiete ist nicht zuletzt aufgrund des Saaser Hammerdeals viel Bewegung gekommen. Kurzum: Skifahren ist günstiger geworden. Reichen also Ihre angesprochenen Trümpfe für die Zukunft immer noch aus?
Ich glaube schon. Zumal wir auf dem Rosswald, wie übrigens auch auf Rothwald, doch ein anderes Gästesegment als beispielsweise in Saas-Fee ansprechen. Es muss unser Bestreben sein, noch besser mit den Schulen zusammenzuarbeiten und damit die Kinder aufs Skifahren «gluschtig» zu machen. Die Kinder sind schliesslich die künftigen Schneesportler.
Dennoch gibt es nichts Einfacheres zu vergleichen als die Preise für die Skipässe. Und ein solcher Vergleich zeigt, dass Skifahren auf dem Rosswald mit kleinerem Angebot teurer ist als im ungleich grösseren Skigebiet von Saas-Fee...
Mit den neuen Abo-Preisen von Saas-Fee stimmt das. Aber auch wir bewegen uns, wenn auch nicht unbedingt beim Preis, dafür aber beim Angebot. Es sieht nämlich für ein künftiges gemeinsames Abo Rosswald/Rothwald gut aus. Der Markt verlangt das. Erste Gespräche dazu haben bereits stattgefunden. Hinzu kommt die gute Zusammenarbeit mit Brigerbad, wovon auch der Wintergast profitieren kann. Damit sind wir überzeugt, absolut konkurrenzfähig zu sein.
Wie stehen Sie grundsätzlich zu den purzelnden Abo-Preisen?
Kurzfristig spült das viel Geld in die Kasse der Bergbahnen. Wer aber wie in Saas-Fee möglich, ein mehrjähriges Abo kauft, bezahlt erstmalig beim Kauf und dann nichts mehr. Diese Auswirkungen sich heute noch nicht bekannt. Eines aber steht fest: Die Leistungsträger vor Ort profitieren davon.
«Das Inkasso der Kurtaxenpauschale wurde konsequent umgesetzt»
Sprechen wir über die Briger Leistungsträger und insbesondere über das Gewerbe in der Innenstadt. Regelmässig schliessen Geschäfte und Lokalitäten bleiben länger leer. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Grundsätzlich gilt dazu zu sagen, dass dieser Strukturwandel zurzeit überall im Gang ist. Im Vergleich zu anderen Städten sieht es aber hier in Brig gar nicht so schlecht aus.
Tönt eher nach Resignation. Eine pulsierende und lebhafte Innenstadt trägt doch zweifellos zur Attraktivität einer Destination bei. Das müsste also in Ihrem Interesse sein, oder?
Wir liegen geografisch zwischen dem Mittelland und Italien. Wenn man sieht, wie stark gerade am Morgen der Bahnhof frequentiert ist, so besteht ein grosses Potenzial an Besuchern, welche auch bei uns einen längeren Halt einschalten könnten. Darum arbeiten wir schon seit Längerem mit der BLS zusammen und bieten entsprechende Angebote an.
Seit Ihrem Amtsantritt vor gut zwei Jahren ist es um Brig Simplon Tourismus ruhiger geworden. Was haben Sie gemacht?
Die finanzielle Situation war sehr angespannt. Bei meinem Amtsantritt hatte ich einen Zeithorizont von drei Jahren, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. Jetzt nach zwei Jahren haben wir es erfreulicherweise bereits geschafft.
Was für Massnahmen haben Sie ergriffen?
Als griffigste Massnahme haben wir das Inkasso der Kurtaxenpauschale konsequent umgesetzt. Das wurde vorher, aus mir unverständlichen Gründen, vernachlässigt. Das haben wir mittlerweile im Griff. Somit stehen auch wieder mehr Mittel zur Verfügung, um gezielt in Marketingaktionen zu stecken. Seit die Finanzen wieder im Lot sind, ist das ganze Umfeld ruhiger geworden.
Sie sprechen immer wieder von «Miteinander». Dieses Gemeinschaftsgefühl war ja in der Vergangenheit nicht immer so. Wie ist es Ihnen gelungen, diese Grabenkämpfe zu beenden?
Ruhe kehrt vor allem mit gesunden Finanzen ein. Und es ist uns gelungen, mit guten Angeboten zusätzliche Wertschöpfung zu generieren, die direkt und spürbar den Leistungsträgern zukommt. Aber leider ziehen auch heute noch nicht alle am gleichen Strick. Nur hört man gegen aussen praktisch nichts mehr.
Meinen Sie damit etwa Peter Bodenmann?
(lacht). Über Peter Bodenmann äussere ich mich nicht.
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Kommentare
Markus Imbodu, Visp - ↑16↓2
Die RZ hat richtig gefragt - eine pulsierende und lebhafte Innenstadt ist sehr wichtig, aber unserere überbezahlten "Tourismusexperten" gerade in der Talregion spüren den Puls des Konsumenten und Gewerbes kaum und leben wirklich in einer anderen "Zeit". Visp, Brig, Naters z.B am Wochenende? Gähnende Langeweile, wirkt teilweise wie ausgestorben. Thun als Beispiel zeigt es, siehe die vielen Oberwalliser Besucher...
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