Sport | Kandidatur Sion 2026

«Olympische Spiele geben neue Impulse»

Jürg Stahl: «Diese Veranstaltung muss uns etwas wert sein»
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Jürg Stahl: «Diese Veranstaltung muss uns etwas wert sein»
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Jürg Stahl, Präsident Kandidaturkomitee «Sion 2026»
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Jürg Stahl, Präsident Kandidaturkomitee «Sion 2026»
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Bern Er ist der Präsident von Swiss Olympic und Präsident der Olympiakandidatur «Sion 2026». Der Zürcher SVP-Nationalrat Jürg Stahl (50) über die Olympiapläne und die bevorstehende Abstimmung im Wallis.

Herr Stahl, Sie waren an den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang. Mit welchen Eindrücken sind Sie zurück in die Schweiz gekommen?
Ich habe mich sehr gefreut, dass unsere Sportler so erfolgreich waren. Aber nicht nur die Sportler, sondern auch die Trainer, Betreuer und Funktionäre haben sehr gute Arbeit geleistet. Wir haben uns als kleines Land von der besten Seite gezeigt.

Waren Sie in Gedanken schon bei den Olympischen Winterspielen 2026?
Natürlich. Die Südkoreaner haben als Gastgeberland eine gute Visitenkarte abgegeben, so wie wir das in der Schweiz schon bei vielen Grossanlässen gemacht haben. Darum bin ich überzeugt, dass wir, sollten die Olympischen Winterspiele im Wallis stattfinden, auch als Gastgeber überzeugen werden. Was mir in Pyeongchang ein bisschen gefehlt hat, vor allem bei den alpinen Disziplinen, war die Begeisterung. Auch hier könnten wir als Gastgeberland brillieren. Ich erinnere an die WM in Crans-Montana 1987, wo die Freude und die Begeisterung über die Wettkämpfe richtig ansteckend war.

Inzwischen hat Sie der Parlamentarieralltag wieder eingeholt. Hier wird nächste Woche entschieden, ob eine eidgenössische Volksabstimmung über eine Olympiakandidatur stattfindet. Waren Sie erleichtert, dass sich der Bundesrat klar gegen diese Abstimmung ausgesprochen hat?
Ich habe es erwartet, dass sich der Bundesrat dagegen ausspricht. Das ist auch keine Auflehnung gegen einen demokratischen Prozess. Unsere Demokratie ist einzigartig, das durfte ich auch als Parlamentspräsident im vergangenen Jahr erleben. Wenn man jetzt aber versucht, quasi durchs Hintertürchen eine eidgenössische Abstimmung zu erzwingen, finde ich das falsch.

Trotzdem – als SVP-Politiker liegt Ihnen die direkte Demokratie ja am Herzen. Wieso ist Ihnen jetzt auf einmal die Stimme des Volkes nicht mehr so wichtig?
Die Stimme des Volkes ist mir sehr wichtig, nur, das Parlament wurde auch vom Volk gewählt. Darum kann es auch entsprechende Entscheide mittragen und fällen. Wenn nun die Olympiakandidatur «Sion 2026» vors Schweizervolk kommen soll, dann müsste man konsequenterweise auch über die Entwicklungshilfe, über Landwirtschaftsbeiträge oder den Finanzausgleich abstimmen. In solchen Fällen stossen wir aber als Demokratie an unsere Grenzen. Darum finde ich es nicht richtig, wenn man die Bundesmilliarde für Olympia isoliert betrachtet. Es reicht in diesem Fall, wenn das Parlament über den Kredit befindet. Zudem kann das Wallis ja abstimmen.

Wird die Motion von SP-Nationalrätin Semadeni abgelehnt?
Das weiss ich nicht. Es wird eine erste Bewährungsprobe für die Parlamentarier, die sich bisher noch nicht öffentlich für oder gegen die Spiele geäussert haben. Darum werden wir noch Überzeugungsarbeit zu leisten haben, um sie davon zu überzeugen, dass es staatspolitisch nicht klug wäre, aufgrund des engen Olympiazeitplans jetzt noch eine eidgenössische Volksabstimmung durchzuziehen.

Ihre Parteikollegen im Unterwallis haben in der vergangenen Woche die Nein-Parole herausgegeben. Hat Sie das geärgert?
Nein, aber es hat mich enttäuscht. Offenbar war man nicht bereit, sich mit dem Dossier eingehend zu befassen. Auch internationale Experten haben das Dossier für gut befunden. Dass die Unterwalliser SVP nun die Nein-Parole herausgegeben hat, bedaure ich sehr. Die Nachhaltigkeit des Dossiers und die Chance für die nächste Generation in diesem Kanton hat man einfach ignoriert.

Bleiben wir bei der Stimmungsmache. Den neusten Umfragewerten zufolge wollen nahezu zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung keine Olympischen Spiele. Wie wollen Sie diese Negativstimmung korrigieren?
Es wird nicht einfach. Die Erfahrung zeigt, je näher das Ereignis aber rückt, umso mehr lassen sich die Leute davon begeistern. Insofern kann man zum jetzigen Zeitpunkt acht Jahre vor der Grossveranstaltung Olympia keine Jubelschreie erwarten. Das wäre unschweizerisch. Wichtig ist es, dass das Projekt vernünftig und bezahlbar ist. Alles andere wird sich entwickeln. Wir wollen den Leuten glaubhaft vermitteln, dass wir mit der Austragung der Olympischen Winterspiele 2026 einen Impuls für die nachfolgende Generation setzen können. Ich bin überzeugt davon, dass die Walliserinnen und Walliser sich für gute Spiele begeistern lassen und die übrige Schweiz damit anstecken. Das Dossier ist sehr gut und wir wollen bei der Bevölkerung Vertrauen schaffen.

Dass die Schweiz perfekte Spiele organisieren kann, bestreitet niemand. Will man sich aber in Zeiten von klammen Kassen eine so mächtige Sportveranstaltung leisten?
Ich finde, diese Veranstaltung muss uns etwas wert sein. Die Austragung von Olympischen Winterspielen ist eine Investition für die Zukunft. Auf sieben Jahre berechnet ist die Bundesmilliarde weniger als 0,1 Prozent des Bundeshaushalts. Das Projekt Olympia ist mehr als nur eine monetäre Frage. Die Kinder und Jugendlichen, die schon heute ihren grossen Idolen und Schweizer Olympiamedaillengewinnern nacheifern, haben die Chance verdient, im eigenen Land an Olympischen Winterspielen teilzunehmen. Diese Vision müssen wir doch unterstützen. Das gibt neue Impulse und weckt eine ganz andere Begeisterung.

Nimmt man die wissenschaftliche Literatur zum Effekt von sportlichen Grossereignissen zur Hand, wird klar: Einen nachhaltigen Schub für die Wirtschaft – die regionalen Baufirmen einmal ausgenommen – kann man nicht erwarten. Taugt Olympia als ökonomisches Revitalisierungsprogramm?
Die Ausgangslage für unsere Olympiakandidatur ist nicht ganz einfach, weil wir die ersten Spiele der Neuzeit sind, die auf Nachhaltigkeit bauen. In der Vergangenheit hat es viele schlechte Beispiele gegeben. Diese sind aber nicht vergleichbar mit unserem Konzept. Ich will auch nicht behaupten, dass wir durch die Spiele einen grossen Wirtschaftsboom auslösen. Wir bereiten das Terrain vor, aber was letztlich daraus wird, muss jedes Unternehmen und jeder Einzelne für sich entscheiden.

Der Bund will im Falle eines Zuschlags eine Milliarde Franken für die Durchführung der Spiele bereitstellen. Der Walliser Grosse Rat entscheidet diese Woche über eine Beteiligung von 100 Millionen Franken. Trotz dieser finanziellen Beteiligung trägt der Austragungsort das finanzielle Risiko allein…
Wie gesagt, wir werden momentan nur daran gemessen, wie die Spiele bisher organisiert wurden. Neu wird das IOC die interessierten Länder und Städte mit Fachpersonen begleiten und sie werden mehrere Hundert Millionen an das Projekt ausschütten. Das war bisher nicht der Fall. Ein finanzielles Restrisiko bleibt. Aber aufgrund unseres Investitionsvolumens ist das Verlustrisiko überschaubar. Aber man kann das Dossier nicht allein auf Zahlen reduzieren, man sollte das Dossier als Ganzes betrachten und im Verhältnis sehen. Das basiert auch auf Vertrauen.

Das Projekt soll auf der bestehenden Infrastruktur aufbauen und die Spiele sollen nachhaltig durchgeführt werden. Genau in diesem Punkt sind viele Umweltverbände skeptisch.
Sowohl die Nachhaltigkeit wie die Finanzierbarkeit sind gegeben. Davon ist auch der Bundesrat überzeugt. Wir müssen bestehende Bauten anpassen, diese müssen allerdings nachhaltig sein. Wir haben das Glück, eine relativ komfortable Infrastruktur vorzufinden. Das erleichtert unsere Aufgabe enorm. Wir wollen das machen, was für die Region das Sinnvollste und Beste ist. Beispielsweise werden wir sicher kein Eisschnelllauf-Stadion bauen, weil die Nachfrage zu klein ist. Entweder wird hier eine Lagerhalle umgebaut oder man sucht eine gute Alternative.

Aufgrund von Korruption, Doping und Gigantismus wächst die Skepsis gegenüber dem IOC in Mitteleuropa. Und der jüngste Entscheid, die Russen wieder als vollwertiges Mitglied aufzunehmen, hat diese Skepsis bestärkt. Sind solche Entscheide einer Olympiakandidatur förderlich?
Ich bedaure diesen Entscheid ausserordentlich. Dass die russische Delegation vor den Spielen in Pyeongchang ausgeschlossen wurde, habe ich als Präsident des Schweizerischen Olympischen Komitees für richtig befunden. Dass man nun unmittelbar nach den Spielen auf diesen Entscheid zurückgekommen ist, finde ich schade. Allerdings finde ich es auch ein bisschen zu einfach, wenn diese Vorkommnisse von den Olympiagegnern gegen uns verwendet werden. Ich bin in stetem Dialog mit dem IOC und darf sagen, dass ich ein gutes Einvernehmen habe. Trotzdem darf und soll man gegenüber dem IOC kritisch sein.

Warum sollen die Walliserinnen und Walliser am 10. Juni 2018 ein Ja für die Olympiakandidatur in die Urne werfen?
Weil es ein Ja für unsere Athletinnen und Athleten und eine Chance für die nächste Generation ist. Mit einem Ja haben wir die Möglichkeit, nachhaltige Spiele für die Jugend der Welt zu organisieren.

Wie gross schätzen Sie die Chancen ein, dass «Sion 2026» bei einem allfälligen Ja zur Olympiakandidatur die Winterspiele 2026 auch tatsächlich bekommt?
Die Chancen sind zwischen 85 und 92,5 Prozent. Ganz einfach darum, weil auch das IOC wieder zurück zu den Wurzeln will. Zudem muss man aus der Spirale herauskommen, die Spiele in Länder zu vergeben, die keinen demokratischen Prozess kennen. Darum glaube ich, dass wir einen grossen Trumpf in den Händen haben, die Spiele 2026 bei uns auszutragen.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Jürg
Name Stahl
Geburtsdatum 16. Januar 1968
Familie Verheiratet, eine Tochter
Beruf Eidg. dipl. Drogist
Funktion Präsident Kandidaturkomitee «Sion 2026»
Hobbies Turnen, Skifahren, Tennis
Auch der Dorfladen in Eisten profitiert 
von einer Austragung der Winterspiele. 
Ja
Es ist ein Nachteil für die Kandidatur, dass in Zermatt keine Wettkämpfe stattfinden.  Ja
Als Zürcher habe ich keine Mühe mit 
dem Walliser Dialekt.
Ja
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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