Interview | Zwei Frauen sehen sich als Hexen

«Natürlich verwenden Hexen Zaubersprüche»

«Wer sich als Hexe outet, der verliert Freunde», Silvia Meichtry.
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«Wer sich als Hexe outet, der verliert Freunde», Silvia Meichtry.
Foto: RZ

«Eine Hexe, die schlechte Zauber wirkt, ist nicht wirklich schlau», Gisela Hutter
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«Eine Hexe, die schlechte Zauber wirkt, ist nicht wirklich schlau», Gisela Hutter
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Quelle: RZ 0

Am heutigen 31. Oktober feiern Hexen weltweit den sogenannten Hexensilvester. Die RZ hat mit Silvia Meichtry und Gisela Hutter zwei Frauen aus dem Oberwallis getroffen, die sich Hexen nennen, und mit ihnen über ihren Lifestyle, Zaubersprüche sowie schwarze und weisse Magie gesprochen.

Silvia Meichtry, Gisela Hutter, Sie sagen von sich, dass Sie Hexen sind. Was bedeutet das?

Silvia Meichtry: Eine Hexe meint eine Frau, die sehr naturverbunden ist und ein grosses Selbstbewusstsein hat. Hexen sind Menschen, die sich selbst helfen können, aber auch anderen zur Seite stehen. Mit dieser Philosophie gehen Hexen durchs Leben.

Gisela Hutter: Hexe zu sein bedeutet auch, ein aufmerksames Leben zu führen, sprich Dinge wahrzunehmen, die anderen entgehen, die aber eine grosse Bedeutung haben. Es geht darum, nicht einfach zu funktionieren, wie es leider viele Menschen tun.

Und wie wird man zur Hexe?

Gisela Hutter: Bei mir war schon in der Kindheit ein Interesse und ein Gefühl für die spirituelle Welt vorhanden. Allerdings habe ich dies längere Zeit zur Seite geschoben, weil ich glaubte, es brauche spezielle Fähigkeiten, um mit der spirituellen Welt interagieren zu können. Vor 20 Jahren habe ich dann aber begonnen, Karten zu legen. Später habe ich mich in Themen wie «Channeling», Geistheilung, oder Numerologie weitergebildet. So bin ich zur Hexerei und dem alten Hexenwissen gekommen.

Silvia Meichtry: Auch ich hatte schon immer eine Verbindung zur spirituellen Welt. Als Kind fühlte ich zum Beispiel des Öfteren eine Präsenz. Auch ich habe diese Gefühle jedoch längere Zeit immer wieder unterdrückt und von mir weggeschoben. Mit 14 Jahren stiess ich dann auf die Tarotkarten und habe begonnen, mich wieder vermehrt dem Spirituellen zu öffnen. Später habe ich dann Gisela kennengelernt und bin so zur Hexerei gekommen. Heute ist Hexe sein für mich Alltag.

Wie sieht der Alltag einer Hexe aus?

Silvia Meichtry: Im Alltag einer Hexe spielt zum Beispiel schon die Wahl der Kleider am Morgen eine Rolle. Farben und ihre Wirkung sind ein wesentlicher Bestandteil der Hexenkunst und der Magie. Deshalb schaue ich darauf, was ich heute aussagen möchte, und wähle meine Kleider entsprechend.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Silvia Meichtry: Wenn ich beispielsweise an einem Tag besonders kommunikativ sein möchte, dann wähle ich die Farbe Blau, denn diese fördert Weisheit und Harmonie.

Und wie geht der Alltag einer Hexe weiter?

Silvia Meichtry: In der Hexenkunst, die ja stark auf Naturverbundenheit baut, spielen entsprechend auch Kräuter eine grosse Rolle. Nicht umsonst spricht man ja auch von Kräuterhexen. Deshalb mache ich mir zum Beispiel auch Gedanken, welche Kräuter ich beim Mittagessen verwenden will, je nachdem, welche Energien ich brauche. Und natürlich schreibe und verwende ich als Hexe Zaubersprüche.

Wie funktioniert ein Zauberspruch, wie zaubern Sie?

Silvia Meichtry: Dazu setze ich mich hin und verbinde mich erst einmal mit der geistigen Welt, mit meinen Geistführern. Dann schreibe ich den Zauberspruch auf. Dieser besteht aus sich reimenden Fersen, geschrieben in Hochdeutsch. Dann wirke ich mithilfe der spirituellen Welt diesen Zauber.

Und was ist der Inhalt eines solchen Zaubers?

Gisela Hutter: Das hängt davon ab, was man gerade braucht. Zaubersprüche können beispielsweise Wünsche beinhalten, die Bitte um die Hilfe bei einem Problem oder um Unterstützung eines Heilungsprozesses.

Silvia Meichtry: Dabei ist besonders wichtig, dass ein Zauberspruch nie manipulierend sein darf, also keine Verfluchungen oder Verhexungen. Ich wende meine Zauber nie auf andere Menschen an, um sie zu etwas zu bringen, das sie gar nicht wollen.

Warum nicht, das wäre doch besonders interessant? Im Internet finden sich beispielsweise Zaubersprüche, die angeblich andere dazu bringen, sich in einen zu verlieben.

Silvia Meichtry: Dazu gilt es zwei Dinge zu sagen. Erstens wirken «erzwungene» Zauber nur begrenzt. Wenn ich zum Beispiel mittels Zauber jemanden in mich verliebt machen will, ich aber keinerlei natürliche Anziehung auf diese Person habe, so bewirkt ein solcher Zauber, wenn überhaupt, zwar eine anfängliche Verliebtheit, jedoch würde eine solche Beziehung zwangsläufig scheitern. Bei der Magie ist die Absicht entscheidend. Vielfach hört man von schwarzer und weisser Magie. Jedoch ist Magie wertneutral, erst die Absicht macht sie gut oder schlecht.

Gisela Hutter: Es ist durchaus möglich, anderen Menschen mit Zaubern zu schaden. Aber jede Hexe weiss, dass sie für solche Zauber immer einen sehr hohen Preis bezahlen muss. Eine Hexe, die schlechte Zauber wirkt, ist daher nicht wirklich schlau.

Hexen und Hexenkunst wird meistens mit Ritualen in Verbindung gebracht. Davon haben Sie noch nichts gesagt. Führen Sie keine Rituale durch?

Silvia Meichtry: Doch, natürlich, das ist ein fundamentales Element. Wenn eine Hexe zaubert, so gehört es dazu, dass sie zunächst einmal einen sogenannten Schutzkreis, zum Beispiel aus Salz, zieht. Ein solcher Kreis bewirkt eine Energieveränderung, die richtig spürbar ist. Anschliessend werden die vier Elemente, Luft, Wasser, Feuer und Erde angesprochen und gebeten, dem Schutzkreis Kraft zu verleihen. Erst dann wird ein Zauber gesprochen, oftmals in Zusammenhang mit einer farblich auf den Zauber abgestimmten Kerze. Danach wird der Kreis wieder vorsichtig geöffnet und der Zauber kann seine Wirkung entfalten.

Wir haben nur über das Wie gesprochen. Lassen Sie uns über das Wer reden. Wer oder was verleiht Ihnen die Kraft zu zaubern?

Gisela Hutter: Die spirituelle Welt und ihre Energie. Was wir tun, ist eine Art Umlenkung dieser Kraft. Die Manifestationen dieser Energie können sehr unterschiedlich sein. Manche nennen es Engel, Krafttiere, Geistführer, Heilige oder Ähnliches. All diese Erscheinungen sind Ausprägungen einer spirituellen Kraft, die wir mit unseren Zaubern um Hilfe bitten. Selbst Verstorbene können helfen. Beim Zaubern öffnen wir einen Kanal in die Welt, die hinter der unseren liegt.

Würden Sie sagen, dass jede Hexe werden kann?

Silvia Meichtry: Die Fähigkeit eine Hexe zu werden, ist in jedem von uns vorhanden. Deshalb ist die Antwort: ja. Es gibt natürlich Menschen, die begabter sind als andere, grundsätzlich ist es aber eine Frage der Übung. Deshalb führen wir auch Ausbildungen durch, bei denen wir den Teilnehmerinnen zeigen, wie sie Hexerei erlernen und im Alltag verwenden können. Dieser Gedanke, dass Hexerei etwas Unkompliziertes sein soll, ist uns dabei sehr wichtig.

Könnten auch Männer eine solche Ausbildung machen? Hexe impliziert ja, dass eine Frau im Spiel ist.

Gisela Hutter: Auch Männer können Hexen sein, ja. In unserer laufenden Ausbildung ist denn auch ein Mann dabei. Es ist allerdings so, dass die männliche Energie, welche stark nach aussen gerichtet ist, es für Männer tendenziell etwas schwerer macht, diese Kunst zu erlernen. Ausnahmen bestätigen aber die Regel. Für Hexerei ist zentral, empfindsam zu sein und auf sich selbst eingehen zu können. Der Blick richtet sich also nach innen. Wenn die Energie und die Fokussierung vornehmlich nach aussen fliesst, wird es schwerer. Denn Hexerei ist schon eine weibliche Energie.

Sie zeichnen ein sehr positives Bild von sich selbst als Hexen. Allgemein wird Hexe jedoch negativ assoziiert. Man denke an die böse Hexe aus «Hänsel und Gretel». Stört es Sie, dass viele Menschen ein negatives Bild vor Augen haben, wenn sie an Hexen denken?

Gisela Hutter: Es ist vor allem schade und tragisch, denn Hexen waren eigentlich nie böse. Das negative Bild einer Hexe wurde geboren aus Missgunst und Machtansprüchen. Wie gesagt, sind und waren Hexen vornehmlich Frauen, die über Wissen, zum Beispiel über das der Heilwirkung von Kräutern, verfügten. Das war natürlich der männlich geprägten Gesellschaft der letzten Jahrhunderte ein Dorn im Auge, da Hexen die Deutungshoheit dieser mächtigen Männer gefährdeten. Im Mittelalter beispielsweise war Heilkunst reine Männersache, und eine Frau, die sich einmischte musste zum Schweigen gebracht werden, um die Macht der Männer zu zementieren. So wurden Hexen verteufelt und verfolgt. Das negative Bild von Hexen hat nichts mit ihrem Charakter zu tun, ganz im Gegenteil. Sie wurden wegen ihres Wissens und ihrer Empathie geächtet. Ich hoffe, dass sich das eines Tages ändert.

Kirche und Religion waren massgeblich an den Hexenverfolgungen beteiligt. Wie stehen Sie zu diesen Institutionen?

Silvia Meichtry: Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Hexerei und Religion schliessen sich nicht aus, denn was wir tun, ist keine Religion.

Sie beide sagen von sich, Sie seien Hexen. Wie reagiert Ihr Umfeld auf diese Aussage?

Silvia Meichtry: Gespalten. Wer sich als Hexe outet, der verliert Freunde. Das sagen wir auch unseren Kursteilnehmern. Viele Menschen erklären einen für verrückt und reagieren mit Ablehnung. Andererseits gibt es auch viele Menschen, von denen wir Bewunderung erfahren und die mehr über diese alte Kunst erfahren wollen. Es ist aber klar: Auch im Jahr 2019 polarisiert eine Hexe immer noch stark.

Nichtsdestotrotz, unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse widersprechen den von Ihnen gemachten Aussagen. Zauberei und Hexerei gibt es nicht.

Gisela Hutter: Wissenschaftliche Erkenntnis ist nur der aktuelle Stand des Irrtums, sagt man ja. Vieles von unserer Kunst, zum Beispiel die Wirkung von Kräutern oder Energiefeldern, ist inzwischen wissenschaftlich belegt. So gesehen werden wir eines Tages vielleicht auch «wissenschaftlich» die Existenz und Wirkung der spirituellen Welt und ihrer Energie belegen können. Wir Hexen haben da einfach einen Wissensvorsprung.

Martin Meul

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Infos

Zur Person

Vorname Silvia
Name Meichtry
Geburtsdatum 24. Februar 1986
Familie verheiratet, zwei Kinder
Beruf Bankkauffrau
Hobbies Lesen, Kurse, Snowboardfahren

Zur Person

Vorname Gisela
Name Hutter
Geburtsdatum 27. Mai 1971
Familie verheiratet
Beruf Bankkauffrau
Hobbies Schwimmen, Töfffahren, Lesen

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