Frontal Interview | Zürich/Naters
«In der Unterhaltung kreieren wir Moderatoren die Emotionen»
Sven Epiney ist einer der vielseitigsten Fernseh- und Radiomoderatoren der Schweiz. Der 44-Jährige gilt als Moderationstalent mit dem besonderen Gespür für Menschen. Seit diesem Herbst läuft seine neue Quizsendung «Wir mal vier».
Sven Epiney, seit dem 26. September moderieren Sie jeden Montag die neue Familien-Quizshow «Wir mal vier». Wie ist sie angelaufen?
Es ist immer etwas Spezielles, wenn man eine Sendung macht, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Die Idee existierte bereits, wir haben das Konzept aber weiterentwickelt. In diesen Prozess sind sehr viele Leute involviert. Von der Konzept-Weiterentwicklung über die Kulissen bis hin zu den Castings der Kandidaten, das dauert. Solche Sendungen haben eine Vorlaufzeit von circa einem Jahr. Mit dem Resultat bin ich zufrieden. Das Echo war bislang sehr positiv. Die erste Staffel dauert jetzt bis Weihnachten. Nach den Festtagen übernimmt für drei Monate Susanne Kunz mit «1 gegen 100» – und dann sind wir mit der neuen Staffel wieder auf Sendung.
Was macht diese neue Quizsendung speziell?
In den meisten Quizsendungen tritt nur ein Kandidat an. Wir wollen eine Sendung machen für und mit Familien. Jeweils vier Familienmitglieder treten zusammen als Team an. Es entsteht eine schöne Interaktion. Man sieht, wie diese Familie harmoniert, wie die Familienmitglieder miteinander umgehen und wie sie die Aufgaben lösen. Das ist ein zusätzliches Element, das ich sehr spannend finde.
Sie haben die Castings erwähnt. Werden auch Walliser Familien dabei sein?
Das weiss ich nicht. Ich war bei den Castings nicht dabei, hoffe aber natürlich, dass auch Walliser mitmachen werden. Bei der Auswahl legt man immer Wert darauf, dass Kandidaten aus allen Regionen berücksichtigt werden.
Sie wurden als Moderator auch schon als Allzweckwaffe oder Tausendsassa bezeichnet, der auf verschiedenen Hochzeiten tanzen kann. Woher kommt diese Vielseitigkeit?
Es sind zwei Sachen: Einerseits bin ich ein Mensch mit breit gefächerten Interessen. Das war schon immer so. Das andere ist: Bei der Information oder im Sport gibt es mehr Kontinuität. Denken wir an Sendungen wie beispielsweise die Tagesschau oder Sportübertragungen, die in der Form sehr ähnlich bleiben. Ein ehemaliger Olympiasieger wie Bernhard Russi kommentiert jahrelang schon als Skiexperte. Wenn ich in der Sportredaktion wäre, so hätte ich wohl auch seit Jahren meine Spezialgebiete. In der Unterhaltung ist es anders. Da gibt es grössere Wechsel bei den Formaten und Sendungen.
Existiert trotzdem eine Art roter Faden bei all Ihren Fernsehformaten?
In der Unterhaltung kreieren wir Moderatoren die Emotionen selber. Das ist beim Sport anders, wo Tore fallen und Bestzeiten aufgestellt werden. In einem Quiz beispielsweise geschieht dies durch die Gespräche mit den Kandidaten, mit den Gewinnern und mit den Verlierern. Das ist unsere Herausforderung: die Leute eine oder zwei Stunden lang aus dem Alltag herauszuholen und sie zu unterhalten.
Gibt es eine Wunschsendung, die Sie gerne moderieren würden?
Ein Format, das ich sehr spannend finde, ist Infotainment. Ich stelle mir eine unterhaltsame Sendung vor, die trotzdem Raum für Tiefgang bietet. Eine Mischung, in der alles Platz hat. Lockere Beiträge sollen darin ebenso Platz finden wie sehr ernste Themen. Das kann ein politisches Gespräch sein und anschliessend wieder eine Unterhaltung mit einem legeren Gast.
Also eine Art «Aeschbacher»?
«Aeschbacher» gefällt mir gut, ist aber ein reines TalkFormat. Mir schwebt eher eine Sendung vor, die neben den Gesprächen mit Gästen auch Hintergrundbeiträge oder Reportagen zeigt. Ich bin mir bewusst, dass dies ein sehr aufwendiges und teures Format ist. Es braucht viele Leute, die im Hintergrund arbeiten, recherchieren und Beiträge realisieren.
Haben Sie im Ausland Vorbildsendungen?
Ich denke an so etwas Ähnliches wie Stern-TV im deutschen Fernsehen.
Ist denn beim Schweizer Fernsehen etwas in diese Richtung geplant?
Nein, im Moment nicht.
Gibt es auch Sendungen, die Sven Epiney sicher nie machen wird?
Das hängt auch damit zusammen, was ich mache. Man wird mich wohl kaum je bei «10 vor 10» sehen. Dass man von der Unterhaltung in die Information wechselt, funktioniert nur in Ausnahmefällen.
Neben dem TV machen Sie auch Radio. Ist es Ihnen besonders wichtig, in beiden Medien arbeiten zu
können?
Ja sehr. Beim Radio kann ich journalistischer arbeiten, auch im politischen Bereich. Etwa, wenn ich in der Morgensendung mit dem USA-Korrespondenten rede. Das gibt mir eine tolle Ergänzung zu den Unterhaltungssendungen beim Fernsehen.
Sie sind sehr populär. 93 Prozent der Schweizer Bevölkerung kennen Sie. Ist das manchmal nicht sehr
beengend?
Man wird nicht von heute auf morgen so bekannt. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Die Bekanntheit ist über die Jahre gewachsen. Man wächst hinein. Ich mache die Erfahrung, dass die Leute sehr freundlich sind. Ich kenne eigentlich nur gute Erlebnisse. Wenn wir Moderatoren mit den Menschen in den Sendungen respektvoll umgehen, bekommen wir dies auch zurück.
Sie sind gebürtiger Walliser. Wie oft besuchen Sie Ihre Heimat?
Ich habe keinen Turnus, das hängt von meiner Arbeit ab. Manchmal bin ich drei Mal im Monat im Wallis, dann wiederum acht Monate gar nicht. Aber ich bin sehr gern im Wallis, besuche meine Verwandten. Mit dem Wallis verbinden mich viele schöne Erinnerungen aus der Kindheit. Ich bin gerne in den Bergen, auf der Belalp lernte ich Skifahren.
«Sendungen haben eine gewisse Halbwertszeit in der Unterhaltung»
Eine Ihrer populärsten Sendungen war «al dente». Sind Sie seit dieser Zeit ein begeisterter Hobbykoch oder war das schon immer so?
Das war schon immer so. Das Kochen liegt bei uns sozusagen in der Familie. Meine Grossmutter aus Zermatt war gelernte Köchin. Sie hat mir in den Ferien vieles gezeigt und ich habe immer gerne mitgeholfen, wenn sie gekocht hat. Früher las ich auch die Kinderzeitschrift «Yakari». Dort standen Kochrezepte, die ich als Kind ausprobiert habe. Schon in der Primarschulzeit habe ich zu Hause gebacken – Kekse, Kuchen...
... es gibt ja den «Sven Epiney Schoggikuchen» ...
Genau. Ich wollte einen Kuchen, der schnell fertig ist. So habe ich ein Rezept auf der Homepage gepostet und es wurde zum Selbstläufer.
In der Länderquizshow «Spiel für dein Land» mit Jörg Pilawa waren Sie als Kandidat im Promi-Team der Schweiz einmal auf der «anderen» Seite dabei. Wie erlebt man diesen Perspektivenwechsel?
Ich habe das sehr genossen, aber auch gehofft, dass ich mich bei der Beantwortung einer Frage nicht blamiere, von der alle sagen, das muss man doch wissen. Man hat dieselben «Sörgeli» wie die Kandidaten und erlebt den Mechanismus eines Quiz: Eine vermeintlich schwierige Frage kann sehr einfach sein und umgekehrt. Es braucht das Momentum, das bisschen Glück, dass genau die Fragen kommen, die einem liegen.
Sendungen kommen und gehen. Wie geht man als Moderator damit um, wenn eine Sendung nicht weiter produziert wird?
Das lernt man. Es ist ja nicht so wie bei der Tagesschau, die seit über 50 Jahren läuft. In der Unterhaltung haben Sendungen eine gewisse Halbwertszeit. Ich sehe es meistens mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Einerseits ist es schade, sich von einer liebgewonnenen Sendung und auch vom Team, mit dem man zusammengearbeitet hat, zu verabschieden. Dann ist es aber auch gut, wenn man mit einer Sendung auf dem Höhepunkt aufhört, wie etwa bei «al dente». Ich treffe heute nach sechs Jahren noch Menschen, die mir sagen, dass es schade sei, gibt es «al dente» nicht mehr.
Sie spielten bei der kleinen Niederdorf-Oper von Erich Vock eine Rolle. Wird es den Schauspieler Sven Epiney auch in Zukunft wieder geben?
Ich habe über 300 Mal diese Rolle gespielt im Bernhard-Theater. Das war eine sehr intensive Zeit neben meiner Arbeit beim Radio und Fernsehen. Ich hatte den Plausch und auch unheimlich viel gelernt von den gestandenen Schauspielern. Wenn wieder eine Anfrage kommt und ich Zeit habe, würde ich das
jederzeit wieder machen.
Sie haben verschiedene Auszeichnungen gewonnen wie etwa 2004 den Prix Walo als Publikumsliebling. Was bedeuten Ihnen Preise?
Es ist eine Anerkennung, die ich sehr schätze. Besonders wenn der Preis vom Publikum kommt. Der Lohn des Künstlers ist am Ende der Applaus, und bei uns Moderatoren ist es ähnlich. Man darf Preise nicht überbewerten, aber sie sind doch eine Art Anerkennung und Bestätigung. Ich war sehr bewegt, als ich sie bekommen habe.
Werfen wir einen Blick in die berufliche Zukunft. Tut sich was am Horizont?
Am Horizont tut sich immer ganz viel. Ich habe verschiedene Standbeine, mache Radio, Fernsehen und habe privat noch einige Projekte am Laufen. Ich arbeite gern und bringe mich 100-prozentig ein. Wenn ich was mache, dann mache ich es richtig.
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