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"Im Wallis wird noch zu wenig ganzheitlich gedacht"

Pirmin Zurbriggen Ski Valais Ski
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Pirmin Zurbriggen Ski Valais Ski
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Seit zwölf Jahren amtet Pirmin Zurbriggen als Präsident von Ski Valais. Im Frontal Interview spricht er über seinen möglichen Abschied als Präsident, die Zukunftsaussichten des Walliser Schneesports und die finanziellen Probleme des Verbands.

Pirmin Zurbriggen, es ist ein offenes Geheimnis, dass Sie als Präsident von Ski Valais zurücktreten möchten. Wie konkret ist das?

Ich habe in den letzten paar Jahren festgestellt, dass nicht immer alle am gleichen Strick ziehen. Das hat bei mir zu Motivationsproblemen geführt. Als ehemaliger Sportler weiss ich was das heisst. Spätestens dann muss man sich Gedanken über die Zukunft machen.

Wen meinen Sie mit «Nicht alle ziehen am gleichen Strick»?

Im Wallis wird leider noch nicht überall ganzheitlich gedacht. Ich als Person Pirmin Zurbriggen werde oft als ehemaliger Spitzensportler eingeordnet und würde nur an sportliche Aspekte denken. ­Viele wissen nicht, dass ich auch im Verwaltungsrat der Saastal Bergbahnen bin und in meiner Rolle als Hotelier tagtäglich nahe am touristischen Geschehen bin. Deshalb ist es mir immer wichtig gewesen, ganzheitlich zu denken. Der Sport, insbesondere der Schneesport, hat im Wallis nach wie vor einen grossen Stellenwert. Daraus sollten wir Walliser aber viel mehr machen.

Was konkret fordern Sie denn?

In den letzten Jahren haben wir Ski Valais strukturell und organisatorisch so aufgebaut wie wir heute sind. Der Verband deckt heute eine breite Sparte von Breitensport über Trainerausbildung bis Spitzensport ab. Und das in den Bereichen Ski Alpin, Ski Nordisch, Freestyle, Biathlon und Snowboard. Nun aber stellen wir fest, dass der Verband sowohl finanziell als auch strukturell an seine Grenzen stösst und sich in der heutigen Form nicht mehr weiterentwickeln kann. Sprich, wir stossen an unsere Grenzen. Darum wurde ein Stiftung gegründet, um die Arbeit des Verbands breiter abzustützen.

Aus welchen Akteuren setzt sich die Stiftung zusammen?

Mit dabei ist das kantonale Wirtschafts-, sowie Erziehungsdepartement, die Skischulen, Bergbahnen, Valais/Wallis Promotion und Ski Valais. Das Ziel muss sein, dass alle am gleichen Strick ziehen. Es geht ja auch darum, dass wir touristisch weiterkommen wollen und für Nachwuchs sorgen. Zum Beispiel im Bereich zukünftiger Schneesportlehrer. Es dauerte eine Weile, aber jetzt merken alle, dass es nur Funktioniert, wenn wir zusammenarbeiten. Jetzt geht es aber um die Umsetzung. Und wie wir (leider) wissen, mahlen politische Mühlen einfach langsam. Darum können auf die Schnelle auch noch keine konkreten ­Resultate entstehen.

Gibt es bereits ähnlich Modelle?

Da kommt mir Italien in den Sinn. Dort wird das schon seit mehreren Jahre gemacht. Die Erfolge im Bereich Tourimus oder aber Schneesport lassen sich ja sehen. Da kann man gut erkennen, wie der Schneesport als «Lokomotive» genutzt wird. Schneesport hat dort, insbesondere in Alpenregionen wie dem Südtirol, einen enorm hohen Stellenwert. Nach dem Motto: Alles fährt Ski. Dadurch ist eine grosse Breite an Schneesportlern entstanden, Das wiederum trägt zum allgemeinen wirtschaftlichen Erfolg bei.

Kommen wir zurück auf Ihre Person. Wenn Sie nun defintiv zurücktreten sollten, wie geht es dann mit dem Verband weiter?

Ski Valais wird es auch nach meiner Zeit geben. Das ist sicher. Wie bereits angesprochen, kann der Verband nicht alles alleine machen. Ich stelle mir vor, dass Ski Valais den Manpower und die Stiftung dann konkrete Projekte einbringt. In dieser Konstellation wären wir im Wallis enorm stark.


Und wie sieht es mit potenziellen Nachfolgern für das Amt des Präsidenten aus?

Da bin ich ganz offen. So wie es zurzeit ausschaut, haben wir noch niemanden. Jedoch habe ich schon Namen im Kopf, welche für das Amt in Frage kommen würden. Erste Gespräche dazu haben auch schon stattgefunden. Aber solange die Zukunft noch nicht ganz in Stein gemeisselt ist, will sich niemand zu fest aus dem Fenster lehnen. Und das verstehe ich natürlich.

Angenommen, Sie treten definitiv zurück. Würden Sie dem Verband allenfalls in einer anderen Form erhalten bleiben?

Parallel zur angesprochenen Stiftung möchten wir eine Marketingorganisation in Form einer GmbH bilden. Ich habe immer kommuniziert, dass ich bereit wäre, diese zu führen. Wohlverstanden: Die Marketingorganisation würde unabhängig von Ski Valais arbeiten. Das Ziel der Organisation wäre dann zusammen mit Valais/Wallis Promotion und dem Kanton Geld zusammen zu bringen, um die noch zu bestimmenden Projekte zu finanzieren.

Stichwort Geld. Bekanntlich hat Ski Valais ein Finanzproblem. Wie sieht es damit aus?

Da muss ich etwas ausholen. Insgesamt haben wir ein jährliches Budget von rund zwei Millionen Franken. Dazu steuerten die Walliser Bergbahnen rund 250 000 Franken bei. Die Bahnen schrauben ihren Beitrag nun auf 100 000 Franken zurück. Langfristig so zu arbeiten, macht nicht viel Sinn. Es geht nun darum, dass wir Lösungen finden, welche die Bahnen viel weniger belasten. Aber eines ist sicher: Ski Valais wird darum trotzdem weiterleben, wenn auch in einer anderen Form als heute. Und wenn wir ganzheitlich denken wollen, dürfte das eigentlich nicht sein.


Sie sagen, den Verband wird es zwar weiterhin geben, aber nicht in der bekannten Form. Wie sieht denn die Zukunft aus?

Dazu gilt es zu sagen, dass die angesprochene Marketingorganisation für die langfristige finanzielle Absicherung sorgen sollte. Nur ist das Ganze noch nicht so weit. Darum brauchen wir eigentlich nur einen gewissen Betrag zur Überbrückung. Um auf ihre Frage zurück zu kommen: Wenn nichts geschieht, so müssen wir die Leistungen im nächsten Jahr zurückschrauben. Das widerspricht ganz klar meinem Ziel. Für mich sind alle Bereiche von Breiten-, bis Spitzensport wichtig. Aber in diesem Falle könnten wir allenfalls nur noch die Spitzensportler unterstützen. Das ist nicht in meinem Sinn.

Haben Sie denn kurzfristig alternative Lösungen parat?

Ich jüngster Vergangenheit haben mich einige Personen kontaktiert, welche spontan einen Beitrag im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten spenden möchten. Dafür sind wir natürlich enorm dankbar. Das zeigt, wie die Öffentlichkeit hinter unserer Arbeit steht. Jedoch würde es sich dabei um eher kleine Beträge handeln. Wir stehen da erst am Anfang der Gespräche. Aber die Zeit drängt, da wir uns in der Planung der nächsten Saison befinden.
Falls es zu dem Schritt der Reorganisation kommen sollte, wie stark schmerzt Sie das?
Es schmerzt mich vorallem für die Mitarbeiter in den einzelnen Stützpunkten, welche in den letzten Jahren mit viel Herzblut gearbeitet haben. Aber auch für alle, welche in einer anderen Form innerhalb des Verbandes mit mir zusammen am Aufbau der jetzigen Verbandsstruktur gearbeitet haben. Für die würde es mir weh tun.

Was bleibt Ihnen aus Ihrer Amstzeit am meisten in Erinnerung?

Da gibt es vieles. Vorallem die Begeisterung der jungen Schneesportler, welche wir auf ihrem Weg begleiten durften. Es gab natürlich viele Höhen und Tiefen während dieser Zeit. Ich kann mich aber noch an meine Anfangszeit als Präsident erinneren. Als die Medien damals vom Projekt Ski Valais Wind bekamen, wurde ich eines Tages von der NZZ kontaktiert. Sie wollten mehr darüber erfahren und schrieben in der Zeitung davon. Kurze Zeit später kam keine geringere Marke als Coca Cola auf uns zu und fragte, ob sie nicht als Sponsor einsteigen könnten. Diese Erlebnis hat mich ungemein geprägt. Genau das möchte ich auch für die Zukunft, dass die Öffentlichkeit auf uns Walliser und den Schneesport aufmerksam wird und uns unterstützen möchten. Diesen Eindruck können wir aber nur vermitteln, wenn wir Walliser gemeinsam auftreten und auch am gleichen Strick ziehen.

Peter Abgottspon

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Infos

Zur Person

Vorname Pirmin
Name Zurbriggen
Geburtsdatum 4. Februar 1963
Familie Verheiratet, fünf Kinder
Beruf Hotelier
Hobbies Velofahren, Golf spielen, Sport allgemein

Nachgehakt

Ski Valais in der jetzigen Form wird es auch in Zukunft geben. Joker
In 10 Jahren spiele ich nur noch Golf. Nein
Bei einer Ski-WM-Kandidatur im Wallis würde ich im OK sein. Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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