Frontal | Brig-Glis
«Ich werde Peter Bodenmann mit ins Boot holen»
Er ist der neue Geschäftsführer bei Brig Simplon Tourismus. Jürg Krattiger (50) spricht über die kurzfristigen Ziele der Tourismusdestination, die finanziell angespannte Situation und wie er Peter Bodenmann für eine Zusammenarbeit gewinnen will.
Herr Krattiger, Sie sind nun seit rund 10 Wochen im Amt als Geschäftsführer von Brig Simplon Tourismus. Wie fällt eine erste Bilanz aus?
Grundsätzlich fällt eine erste Zwischenbilanz sehr positiv aus. Ich wurde hier von allen sehr freundlich empfangen, die Mitarbeitenden waren froh, dass wieder eine Ansprechperson für sie da war. Auch für sie war die Zeit zuvor nicht einfach. Trotz Unterstützung durch den Verwaltungsrat gab es Situationen, in welchen die Mitarbeitenden auf sich alleine gestellt waren. Doch bisher stelle ich fest, dass speditiv gearbeitet wird und viele Beschlüsse umgesetzt werden, das werte ich als äusserst positiv.
Sind Sie eigentlich ein Wandervogel?
Eigentlich nicht, nein. Doch aufgrund der vergangenen Jahre macht es schon ein bisschen den Eindruck.
«Es gilt nun, die finanzielle Situation in den Griff zu bekommen»
Seitdem Sie «Rund um Visp» verlassen haben, wechselten Sie viermal die Stelle.
Ich arbeitete mehrere Jahre bei «Rund um Visp» und war vorher auch über eine längere Zeit bei der Tourismusdestination Riederalp engagiert. Nach 20 Jahren im Tourismus wollte ich dann etwas anderes sehen und zog mit meiner Familie in die Deutschschweiz, wo ich einerseits in der Immobilienbranche tätig war und später als Produktmanager arbeitete, was langfristig nicht die richtige Beschäftigung für mich war.
Und nun gehen Sie zurück zu den Wurzeln. Haben Sie den Tourismus vermisst?
Ja, das Kribbeln kam auf einmal zurück. Es reizte mich, wieder in die Tourismusbranche einzusteigen. In dieser Branche habe ich wieder vermehrt mit Leuten zu tun, einerseits mit Gästen, andererseits mit Kollegen aus den Nachbardestinationen oder auch von Valais/Wallis Promotion und Schweiz Tourismus. Das hat mir in der Vergangenheit gefehlt, denn die Arbeit im Tourismus ist eine tolle und spannende Aufgabe und eine grosse Herausforderung zugleich.
Gab es andere Optionen oder kam für Sie nur eine Rückkehr ins Wallis infrage?
Ich lebe mit meiner Familie im Kanton Freiburg; dort gibt es gerade in der Tourismusbranche ein wesentlich kleineres Angebot. Deshalb kam dann das Oberwallis ins Spiel, wo ich das Glück hatte, dass ich Brig Simplon Tourismus als Geschäftsführer übernehmen durfte.
Brig Simplon Tourismus ist ein heisses Pflaster. Wie lange bleiben Sie?
Das ist vorgängig schwierig zu beantworten. Doch ich bin mit der Absicht gekommen, um langfristig hier zu bleiben und etwas aufzubauen. Ab einem gewissen Alter finde ich das auch wichtig und richtig. Die Tourismusdestination steht vor grossen Herausforderungen, die wir anpacken wollen und bald umsetzen müssen. Das sind Veränderungen, die nicht innerhalb eines Jahres zu realisieren sind.
Da sind wir beim Thema: Sie waren in den Tourismusdestinationen Riederalp, «Rund um Visp» und Visperterminen tätig. Doch Brig Simplon Tourismus wird die grösste Herausforderung sein. Einverstanden?
Es ist eine andere Herausforderung. Man kann die Destinationen nicht miteinander vergleichen. Bei «Rund um Visp» hatte ich es mit vielen Gemeinden und Transportanlagen zu tun – das war ebenfalls herausfordernd und spannend. In Brig zählt unter anderem auch die Stadt zum Angebot. Die Alpenstadt mit der Simplonregion, dem Rosswald und Brigerbad hat ein tolles und grosses Angebot. Unsere Aufgabe ist es, alles unter einen Hut zu bringen und anschliessend dem Gast zu verkaufen.
«Ich wollte mich nicht mit meinem Vorgänger treffen»
Die Destination Brig Simplon hat zwei sehr schwere Jahre hinter sich. Demzufolge können Sie derzeit als Direktor nur gewinnen…
Ich weiss, dass in den vergangenen Jahren viel geschehen ist und vermutlich nicht jede Entscheidung richtig war, doch ich will nicht zurückblicken, sondern nach vorne schauen. Unser Team, der Verwaltungsrat, aber auch die verschiedenen Leistungsträger wollen zusammen in die Zukunft blicken und das Bestmögliche für die gesamte Destination herausholen. Miteinander müssen Ziele definiert werden und eine Zusammenarbeit entstehen. Dabei auf die Vergangenheit zu schauen, das überlasse ich anderen.
Streben Sie das angesprochene «Miteinander» und «Zusammen» auch mit Peter Bodenmann an?
Peter Bodenmann kann wie jeder andere Hotelier auch in unserer Strategie mitmachen, was grundsätzlich zu begrüssen ist. Er ist eine Person, mit stets vielen Ideen, und wir werden auch bemüht sein, gute Ideen von ihm umzusetzen. Demnach wollen wir das «Zusammen» auch mit ihm anstreben.
Reto Steiner, Präsident des Vereins «Brig Tourismus», will die Zusammenarbeit mit Herr Bodenmann auch stärken. Heisst konkret, Sie werden die Zusammenarbeit zunehmend suchen?
Es gilt vorauszuschicken, dass das Tourismusbüro von den Kurtaxen der Hotels in der Region stark abhängig ist, da ist es grundsätzlich schlecht, wenn wir nicht zusammenarbeiten. Die Hoteliers ihrerseits haben demnach auch hohe Erwartungen an uns. Hier gilt es nun, den nächsten Schritt zu machen, doch grosse Schritte sind zurzeit noch nicht möglich.
Warum nicht?
Wir müssen die finanzielle Situation erst einmal in den Griff bekommen, anschliessend werden wir im Marketing wieder aktiver sein.
Welche kurzfristigen Ziele verfolgen Sie sonst noch?
Wir machen bei der Sommerkampagne von Valais/Wallis Promotion mit. Dadurch erhalten wir eine Plattform, auf die wir aufspringen und von der wir profitieren können. Vor allem im Schweizer Markt.
Unter anderem steht dabei ein Gang an die Frühjahrsmesse Bea an?
«Der Buchungsstand für den Sommer ist zurzeit sehr erfreulich»
Ja, das ist eine tolle Werbeplattform für unsere Region. Wir werden am Freitag und Samstag dort sein und unsere Destination von der besten Seite präsentieren.
Zurück zur Zusammenarbeit: Ist Peter Bodenmann ein wichtigerer Partner als andere Hoteliers?
Jeder Hotelier ist ein wichtiger Partner für uns, denn die Hoteliers spüren die Gäste viel besser als wir. Sie sind es, die beinahe Tag und Nacht mit ihnen in Kontakt stehen. Doch auch unser Beitrag ist wichtig: Wir wollen intern transparent kommunizieren, damit die Leistungsträger stets über Projekte informiert sind.
Haben Sie sich eigentlich mit Ihrem Vorgänger Renato Julier vor Ihrem Stellenantritt getroffen?
Nein. Ich spielte mit dem Gedanken, mich mit ihm an einen Tisch zu setzen. Dabei hätte ich vermutlich nur seine Ansicht gehört, das wollte ich nicht, denn ich wollte unvorbelastet meine Arbeit antreten. Das war wohl die richtige Entscheidung.
Sie haben zuvor die Finanzen angesprochen: Die Stadtgemeinde Brig-Glis feiert ihr 800-jähriges Bestehen. Dazu wurden 360 000 Franken gesprochen für die Feierlichkeiten. Beteiligt sich auch der Tourismus daran?
Nein. Damit haben wir nur wenig zu tun. Die Gemeinde hat die Gelder gesprochen, welche Projektleiter David Guntern gezielt einsetzen wird.
Doch auch der Tourismus wird sich an der 800-Jahr- Feier irgendwie beteiligen?
Natürlich. Am 9. Juli treten Leukerbad und Brig-Glis im «Donnschtig-Jass» gegeneinander an. Aus dem Ort des Siegers wird die anschliessende Live-Sendung übertragen. Das wäre rein touristisch natürlich eine tolle Sache für uns. Unter anderem wird ja auch ein Film über die Destination gezeigt. Und: Die Altstadt würde natürlich den Rahmen für eine gelungene Sendung bieten. Der Tourismus wird das ganze Projekt aktiv unterstützen.
Jürg Krattiger, wir wollen über den teuren Schweizer Franken sprechen. Wie viel Zuversicht weckt in Ihnen der Blick auf die bevorstehende Sommersaison?
Das ist zurzeit sehr schwierig abzuschätzen. Denn: Wir wissen nicht, inwiefern die Konstellation vom ausländischen Markt beeinflusst wird. Der Buchungsstand in Brig für den Sommer ist zurzeit erfreulich gut. Nicht vergessen dürfen wir dabei jedoch das Schützenfest, welches zahlreiche Gäste in unsere Region lockt und wovon das gesamte Oberwallis profitieren kann. Deshalb stellt sich für mich die Frage: Wie würde der Buchungsstand ohne Schützenfest aussehen? Doch wir beschäftigen uns mit der Ist-Situation und freuen uns auf eine gute Sommersaison in unserer Destination.
Wie war die vergangene Wintersaison?
Auch die war grundsätzlich gut. Vom Zeitpunkt an, als der Euro gesunken ist, haben wir kaum grosse Einbussen gemacht. Das ist einerseits sehr überraschend, andererseits freuen wir uns natürlich darüber, dass wir die Zahlen aus dem vergangenen Winter grösstenteils halten konnten.
Auf was schliessen Sie das zurück?
Wir befinden uns nicht im allerhöchsten Preissegment, wie es andere Destinationen in unserem Kanton tun. Als Beispiel nenne ich gerne das Skigebiet auf dem Rosswald: Es ist eine kinder- und familienfreundliche, übersichtliche Destination in einer guten Preisklasse. Das kommt bei verschiedenen Gästen ganz gut an.
Simon Kalbermatten
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