Interview | Cosplayerin Rebecca Imboden im Gespräch

«Ich dachte: Wow, dieses Kleid möchte ich auch einmal tragen!»

Rebecca Imboden als Daenerys Targaryen aus "Game of Thrones"....
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Rebecca Imboden als Daenerys Targaryen aus "Game of Thrones"....
Foto: RZ

... und in "zivil".
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... und in "zivil".
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Quelle: RZ 0

Rebecca Imboden (21) aus Baltschieder ist leidenschaftliche Cosplayerin. Im Interview spricht sie über ihr ungewöhnliches Hobby, die Cosplayszene, und warum ihr Outfit nur wenig mit einem Fasnachtskostüm gemeinsam hat.

Rebecca Imboden, in Ihrer Freizeit beschäftigen sie sich mit «Cosplay». Das Wort setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern für Kostüm und Spiel. Was macht man aber genau als Cosplayerin?
Einfach ausgedrückt, verkleidet man sich möglichst originalgetreu als eine Fantasiefigur, zum Beispiel aus einer Fernsehserie, einem Anime oder einem Computerspiel.

Hört sich so an, als ob Sie einfach die Fasnacht auf das ganze Jahr ausdehnen würden.
Das stimmt so nicht. An der Fasnacht zieht man sich zwar auch ein Kostüm an, das ist richtig. Als Cosplayer jedoch probiert man nicht nur so auszusehen wie die Figur, man versucht, der Charakter zu sein. Das heisst, man ahmt Charakterzüge, Sprache und Bewegungen nach, man zieht sich sozusagen auch das Innenleben der Figur an. Das geht weit über das Verkleiden an der Fasnacht hinaus. Ein Beispiel: Ein Cosplayer, der für sich die Figur des weltbekannten Piraten «Jack Sparrow» ausgesucht hat, wird nicht nur so aussehen, sondern auch seine typischen Gesten nachahmen und seine Sprechweise imitieren, solange er das Kostüm trägt.

Welche Figur verkörpern Sie?
Ich habe mich für die Figur der Daenerys Targaryen aus der TV-Serie «Game of Thrones» entschieden.

Warum gerade diese Figur?
Ich finde sie faszinierend. Einerseits kann sie über Drachen gebieten (lacht). Dann ist sie auch sehr stolz und selbstbewusst. Diese Kombination hat mir sehr gefallen. Zudem kann man dank ihrer Rolle in der Serie auf tolle Fotosujets zurückgreifen. Es macht einfach grossen Spass, Daenerys Targaryen zu sein.

Wie kamen Sie dazu, Cosplay zu Ihrem Hobby zu machen?
Ich bin schon seit längerer Zeit begeisterte Computerspielerin. So erfuhr ich, dass es Leute gibt, die die Charaktere aus den Spielen im realen Leben nachstellen. Allerdings waren mir viele dieser Darstellungen schlicht zu freizügig, um selbst in die Rolle einer solchen Spielfigur zu schlüpfen. Als ich dann Sansa Stark in «Game of Thrones» sah, dachte ich: «Wow, dieses Kleid möchte ich auch einmal tragen!» Also habe ich mir das Kleid bestellt und bin damit auf die «Fantasy Basel» gegangen, eine der grösseren Messen für Comics, Computerspiele und Cosplay in der Schweiz.

Wie waren Ihre Eindrücke, als Sie das erste Mal als Cosplayerin unterwegs waren?
Ich war schon etwas nervös, wusste nicht, was mich erwarten würde. Allerdings verflog dieses Gefühl ziemlich schnell. Die Gemeinschaft der Cosplayer ist einfach toll, man wird mit offenen Armen empfangen. Ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt, was auch grossen Anteil daran hat, dass es nicht nach einem Mal mit dem Cosplay vorbei war. Innert kürzester Zeit habe ich Freundschaften geschlossen, mit Leuten aus der Schweiz, aber auch aus Deutschland und so weiter. Zudem gefiel es mir auf Anhieb, meinen Charakter darzustellen und zu präsentieren. Das Gesamtpaket stimmte einfach.

Kommen wir auf Ihr Kostüm zu sprechen. Sie sagen, Sie hätten es gekauft. Warum haben Sie es nicht selbst geschneidert?
Dafür bin ich zu schlecht an der Nähmaschine (lacht). Zu den Kostümen muss man sagen, dass diese sich schon von gewöhnlichen Fasnachtskostümen unterscheiden. Jenes Kostüm, das ich im Moment trage, hat 200 Franken gekostet. Das liegt daran, dass schon die Stoffe, da es eben keine Fasnachtsstoffe sind, relativ teuer sind. Das Risiko, einen solchen Stoff zu zerschneiden oder sonst einen Fehler bei der Verarbeitung zu machen, ist mir deshalb schlicht zu gross. Wobei es sich bei meinem aktuellen Kostüm immer noch um eine billige Variante handelt. Gerade habe ich ein Kleid in Auftrag gegeben, das mich rund 1000 Franken kosten wird. Allerdings bin ich dabei, meine Fertigkeiten an der Nähmaschine zu verbessern, und kleinere Anpassungen an den Kleidern nehme ich bereits jetzt selbst vor. Natürlich ist es mein Ziel, eines Tages ein Kostüm komplett selbst
herzustellen.

Das Kleid ist das eine, Make-up und Perücke das andere. Worauf achten Sie, wenn Sie sich zurechtmachen?
Beim Make-up steht natürlich wie beim Kleid im Vordergrund, möglichst originalgetreu zu sein. Das heisst, dass ich mich der Figur der Daenerys Targaryen möglichst weit annähern möchte. Das heisst, dass ich zum Beispiel in meinem Fall auch ein paar Falten aufschminken muss, etwas, was man ja sonst nicht unbedingt tut (lacht). Was die Perücke betrifft, so achte ich auch hier darauf, dass möglichst alles stimmig ist. Deshalb ist auch diese nicht unbedingt billig, aber eine Fasnachtsperücke würde meinen Ansprüchen nicht genügen. Zudem geht es auch um Komfort. Acht Stunden mit einer juckenden Perücke auf einer Convention zu verbringen, macht nicht wirklich Spass.

Wie lange dauert es, bis Sie sich vollständig in Daenerys Targaryen verwandelt haben?
Mit Schminken und dem Aufsetzen der Perücke kann es schon eine Stunde dauern, bis ich
fertig bin.

Kriegen Sie den Look von Daenerys Targaryen inzwischen aus dem Gedächtnis heraus hin?
Das geht inzwischen, ja. Wenn ich mich aber für eine Convention zurechtmache, nehme ich
dennoch eine Fotografie zu Hilfe.

Der Look ist das eine, die charakterliche Verkörperung der Figur das andere. Wie lernen Sie Daenerys Targaryen auch im Innern zu sein?
Dadurch, dass ich die Serie schaue, kenne ich die Figur natürlich schon recht gut. Zudem basiert die TV-Produktion ja auch auf Büchern, die weitere Informationen über die Gefühlswelt der Figur enthalten. Das Ziel ist ja, diese innere Haltung auf die optische Erscheinung zu übertragen. Werden zum Beispiel Fotos gemacht, so möchte man, dass der Gesichtsausdruck den Charakterzügen entspricht. Daran arbeite ich noch.

Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihr doch eher ungewöhnliches Hobby?
Es gibt zwei typische Reaktionen. Entweder die Leute wissen gar nicht, um was es geht, oder sie sind hell begeistert und interessieren sich sehr dafür, was und wie ich es mache.

Sind Sie als Frau an den Conventions eher in der Minderheit?
Nein, inzwischen ist das Geschlechterverhältnis recht ausgeglichen, würde ich sagen. Das hängt glaube ich auch damit zusammen, dass Computerspiele längst nicht mehr so eine Männerdomäne sind, wie sie es vor ein paar Jahren noch waren. Inzwischen «zocken» auch viele Frauen. (lacht)

Im Moment verkörpern Sie wie angesprochen eine Figur aus «Game of Thrones». Können Sie sich vorstellen weitere Figuren in Ihr Repertoire aufzunehmen?
Ja, Ideen habe ich schon sehr viele. Im Moment beschäftige ich mich mit der Figur der «Élise» aus der Computerspielreihe «Assassins Creed». Auch diese Figur fasziniert mich sehr, obwohl ich das entsprechende Spiel nie gespielt habe. Mit diesem Kostüm würde ich dann auch eine Waffe tragen, was natürlich das Feld der Möglichkeiten bei der Ausstattung nochmals erheblich vergrössern würde. Ich liebäugle mit dem Gedanken, vielleicht einmal selber eine Waffe zu anzufertigen.

Welche Welt ist für Sie faszinierender. Die reale oder die des Cosplay?
Das ist schwer zu sagen, aber in der Welt des Cosplay gibt es definitiv die interessanteren Kleidungsstücke. (lacht).

Haben Sie einen Traum für Ihre «Karriere» als Cosplayerin?
Mein grösster Wunsch wäre, einmal an der internationalen Comic-Con in San Diego in den USA teilzunehmen.

Martin Meul

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