Visp | Ramon Zenhäusern vor der neuen Skisaison
«Ich bin wieder Single»
Er ist zweifacher Olympiamedaillengewinner und steckt in den letzten Vorbereitungen auf die neue Saison. Im Interview verrät Ramon Zenhäusern (26) sein Verhältnis zur österreichischen Konkurrenz, das Thema seiner Bachelor-Arbeit und welches Geheimnis hinter seiner «olympischen Schnapszahl» steckt.
Ramon Zenhäusern, seit dem Gewinn der Olympiamedaillen letzten Februar ist einige Zeit vergangen. Wie oft denken Sie noch daran?
Immer wieder. Zumal mich die Erfolge motivieren, auch diese Saison wieder voll anzugreifen. Im Gegensatz zu anderen Preisen, welche ich vor der neuen Saison jeweils im Estrich versorge, um Platz für neue zu schaffen, sind diese zwei Medaillen nach wie vor bei mir im Zimmer. Das hat aber auch praktische Gründe, weil ich sie noch regelmässig für Sponsorenanlässe brauche.
Inwiefern haben sich die zwei Medaillen auf Ihre Vorbereitung für die neue Saison ausgewirkt?
Ich hatte natürlich ungleich mehr Verpflichtungen bezüglich Sponsorenauftritte und war entsprechend mehr unterwegs. Zudem stand ich diesen Sommer mitten in der Bachelor-Arbeit meines Studiums (studiert an der Fernuni Wirtschaftswissenschaften. Anm. Red.) Beides zusammen hat mich stark beansprucht. Die Arbeit habe ich zwischenzeitlich abgegeben und jetzt ist es etwas ruhiger geworden. So ruhig, dass es mir an einem Wochenende sogar langweilig wurde. Vorher war es aber schon intensiv, was dann auch dazu geführt hat, dass ich im Sommer nicht mit dem Team nach Neuseeland ins Trainingslager geflogen bin, sondern individuell in Saas-Fee trainiert habe. Auf meinen Formstand hat das aber keinen negativen Einfluss. Ich bin hundert Prozent fit.
«Mit den Österreichern pflege ich ein gutes
Verhältnis»
Daneben dürfte Sie wohl auch die Suche nach einem Kopfsponsor beschäftigt haben. Warum dauerte es für Sie als zweimaligen Olympiamedaillengewinner so lange, einen zu finden?
Das ist eine gute Frage. In unseren Breitengraden hat der Skisport nach wie vor eine grosse Bedeutung. Schweizweit sieht es meiner Meinung nach anders aus. Das erschwerte sicher die Suche. Jetzt aber bin ich froh und dankbar, einen gefunden zu haben. Wir unterhalten eine äusserst angenehme Zusammenarbeit.
Ein Wort zur angesprochenen Bachelor-Arbeit. Was war das Thema?
Der Einfluss der Agenda 2020 des IOC auf künftige Bewerber.
Zu welchem Schluss kamen Sie?
Dass kleine Bewerber aufgrund des Einbezugs bestehender Wettkampfstätten grössere Chancen auf eine Vergabe haben. Zudem habe ich noch das Nein des Wallis zu «Sion 2026» ergründet.
Sie studieren also nebenbei. Wie haben Sie den Spagat zwischen Spitzensport und Studium geschafft?
Das war in der Tat nicht immer einfach. Die Bücher waren während der Rennsaison mein steter Begleiter, und auf Reisen habe ich gelesen und den Stoff gelernt. Das hat übrigens auch Einfluss auf mein derzeitiges Leseverhalten. Früher habe ich gerne ein Buch gelesen, mittlerweile habe ich etwas die Nase voll von Büchern (lacht). Meine Kollegen haben sich während dieser Zeit einen Film angeschaut oder aber gejasst. Grundsätzlich werte ich die Zeit aber durchaus positiv. So musste ich mich wohl oder übel auf andere Dinge konzentrieren und nicht nur ans Skifahren denken.
Hat ein Skirennfahrer während der Rennsaison auch Heimweh?
Es ist ja nicht so, dass wir das ganze Jahr über pausenlos unterwegs sind. Zudem ist es in der heutigen Zeit ja einfach, wo auch immer man sich befindet, miteinander zu kommunizieren. Wenn ich aber eine Weile kein «Wallissertitsch» mehr gehört habe, schalte ich im Internet rro an. Das weckt bei mir Heimatgefühle.
Reden wir wieder über den Sport. Letzte Saison gewannen Sie nebst den Olympiamedaillen den City Event in Stockholm. Ansonsten stand Ihnen immer wieder die Konkurrenz vor der Sonne. Was braucht es noch, um regelmässig ganz vorne zu sein?
Henrik Kristoffersen und Marcel Hirscher fahren schon noch etwas konsequenter und sind, vor allem wenn es steil wird, bestechend sicher und weniger fehleranfällig. Daran versuche ich jeden Tag zu arbeiten und das wirkt auch motivierend, sich ihnen anzunähern. Auch sie sind nur Menschen und sind deshalb auch schlagbar.
Apropos Konkurrenz. Was für ein Verhältnis pflegen Sie zu selbiger?
Man unterhält sich untereinander und spricht auch über andere Dinge als Skifahren. Grundsätzlich habe ich es mit allen gut, wie beispielsweise mit den Franzosen, den Deutschen und den Schweden.
Sie erwähnen die Österreicher nicht. Absicht?
Nein. Im Gegenteil. Mit ihnen pflege ich ebenfalls ein gutes Verhältnis. Sie haben es mir auch nicht übel genommen, dass ich in meinem ersten Weltcupjahr zum Abschluss ihre österreichischen Meisterschaften im Pitztal gewonnen habe. Sozusagen bin ja auch Österreichischer Meister, was wiederum für mich eine grosse Ehre darstellt, sind doch die Österreicher seit Jahren im Skirennsport das Mass aller Dinge.
«Mein Vater ist die einzige Konstante
in meiner Karriere»
Dass die Österreicher so stark sind, hat sicherlich auch mit deren Selbstbewusstsein zu tun, was sich im mentalen Bereich abspielt. In diesem Bereich arbeiten Sie mit einem Sportpsychologen zusammen. Wie kann man sich Ihr mentales Training vorstellen?
(zögert lange). Dazu sage ich nichts.
Warum nicht?
(lacht). Das ist Berufsgeheimnis.
Aber innerhalb der Skiszene sprechen Sie schon darüber?
Nein. Mentales Training gehört zum Spitzensport dazu. Das weiss jeder. Doch konkret darüber spricht niemand. Das ist sehr persönlich und ist unter den Athleten Tabu.
Verraten Sie uns trotzdem, ob es stimmt, dass Sie mit Ihrem Betreuer vor den Olympischen Spielen etwas abgemacht haben?
Im Vorfeld der Spiele hat er mir bei einer Besprechung auf ein Blatt geschrieben, dass der olympische Slalom am 22. 2. stattfinde und ich als 2-Meter-Mann 2. werde würde. Abgemacht? Daraufhin haben wir zusammen konsequent auf dieses Ziel hingearbeitet. Wie er es schliesslich geschafft hat, mit seiner Prognose richtigzuliegen, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Für mich wurde das zur persönlichen «olympischen Schnapszahl.»
Es heisst immer, um im Spitzensport erfolgreich sein zu können, braucht es verschiedene Puzzleteile, die zusammenpassen müssen. Ein Teil davon ist demnach ihr Mentalcoach. Ist er auch die wichtigste Bezugsperson geworden oder aber gibt es jemand Wichtigeres?
Meinen Vater. Seit jungen Jahren begleitet und fördert er mich und kennt mich wie niemand sonst. Alle anderen Betreuer oder Trainer sind genauso wichtig, doch kommen und gehen sie immer wieder. So gesehen ist mein Vater die einzige Konstante in meiner bisherigen Karriere. Aber auch meine Schwester und meine Mutter sowie meine Grosseltern sind mir sehr wichtig und entsprechend eng ist unsere Beziehung.
Und Ihre Freundin?
Ich bin wieder Single. Mehr sage ich dazu aber nicht. Das ist und bleibt Privatsache.
Peter Abgottspon
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