Frontal | Viola Anthamatten, Stellvertretende Direktorin Pfyn-Finges

«Es ist wichtig, Identität zum Naturpark zu schaffen»

Viola Anthamatten: «Es ist erschreckend, was die Leute alles liegen lassen.»
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Viola Anthamatten: «Es ist erschreckend, was die Leute alles liegen lassen.»
Foto: RZ

Viola Anthamatten: «Im Pfynwald gibt es tatsächlich viele Zecken.»
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Viola Anthamatten: «Im Pfynwald gibt es tatsächlich viele Zecken.»
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«Miinä Naturpark –mehr als Vögel und Bäume». Mit ­dieser Imagekampagne will der Naturpark Pfyn-Finges Nähe schaffen und sich neu positionieren. Viola Anthamatten (45), stellvertretende Direktorin des Naturparks, gibt Auskunft.

Viola Anthamatten, sind Sie gerne in der ­Natur unterwegs?
Ja, ich bewege mich sehr gerne in der Natur.

Darf ich raten – vor allem im Naturpark Pfyn-Finges…
Ich habe das Privileg, dass ich mitten im Naturpark am Rande einer Heckenlandschaft wohne. Insofern habe ich die Natur direkt vor meiner Haustür. Aber der Naturpark Pfyn-Finges bietet natürlich viele magische Orte, um sich zu bewegen, aber auch zu entspannen und achtsam unterwegs zu sein.

Der Naturpark Pfyn-Finges wirbt mit den drei Schlagwörtern «erleben, entdecken und geniessen». Was verbirgt sich hinter dieser Werbebotschaft?
Im Rahmen der Gestaltung unserer neuen Website haben wir die drei Begriffe im Sinne von «Eingangspforten» zu den gewünschten Themen ausgewählt. Der Naturpark bietet zwischen Gampel und Siders, Gemmi und Turtmanntal so viel Verschiedenes, dass es schwierig ist, alle ­Angebote und Werte in ein paar Sätze zu fassen. Darum haben wir versucht, uns über diese drei Begriffe zu definieren. Die Botschaften sollen nicht technisch wirken, sondern Emotionen wecken. Man kann Landschaft und Kultur erleben, vieles aktiv entdecken und den Naturpark über die Produkte unserer Partnerbetriebe geniessen.

Mit dem traditionellen Putztag wurde die Saison offiziell eröffnet. Ist das Schutzgebiet Pfynwald eine Müllhalde, dass man ihn jedes Jahr vom Unrat säubern muss?
Es ist erschreckend, was die Leute im Schutz­gebiet Pfynwald alles liegen lassen und deponieren. Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Was mich am meisten schockiert, ist die Tatsache, dass viele Sachen liegen bleiben, die man gratis entsorgen könnte. Ein rostiges Velo beispielsweise kann doch über die Alteisendeponie im Ort entsorgt werden, anstatt es in ein Schutzgebiet zu schleppen. Was motiviert solche Leute, hier den Dreck abzuladen? Das ist für mich ein Rätsel.

Umso wichtiger ist es, solche ­Abfallsammeltage zu organisieren…
Unsere Guides sorgen eigentlich das ganze Jahr über für eine saubere Umwelt und sammeln den Müll ein. In diesem Zusammenhang helfen uns Hinweise von Besuchern in den sozialen Medien, damit wir noch schneller reagieren können. Am diesjährigen Putztag haben wir alleine im Schutzgebiet Pfynwald an einem halben Tag vier Mulden voll Abfall eingesammelt. Das muss man sich mal vorstellen.

Kommen wir auf erfreulichere Dinge zu ­sprechen. Der Naturpark Pfyn-Finges hat eine grosse Artenvielfalt. Kennen Sie jede Pflanze und jedes Tier beim Namen?
(lacht) Nein, um Gottes willen, ich bin keine Biologin. Ich arbeite im strategischen Bereich, in der Organisation und Kommunikation unseres Betriebes, während andere Kollegen ihr Wissen in den Bereichen Natur, Umwelt und Gestaltung umsetzen. Der Naturpark Pfyn-Finges ist also nicht nur bei Fauna und Flora artenreich, sondern auch innerhalb seines Teams. Diese Vielfalt an Kompetenzen ist sehr bereichernd, spannend und lehrreich. So war ich vor einigen Wochen sehr stolz, als mein Chef mir bestätigte, dass ich tatsächlich den Gesang eines Wiedehopfs in den Hecken vor meinem Haus erkannte.

Gibt es Bemühungen, die Artenvielfalt im ­Naturpark weiter auszubauen?
Der Naturpark ist einer der grössten Hotspots der Biodiversität in der ganzen Schweiz. Und das gilt es zu erhalten und wo immer möglich aufzuwerten. So setzen wir uns beispielsweise mit dem Projekt «Steppenbeweidung» aktiv für die Offenhaltung der Landschaft ein – und das kommt der Artenvielfalt zugute.

Der Wolf schleicht seit Jahren im Wallis ­umher und jetzt wurde in Eriz BE auch ein Bär entdeckt. Würden Sie diese Tierarten im ­Naturpark Pfyn-Finges begrüssen?
Erstaunlicherweise werden wir sehr wenig mit solchen Fragen konfrontiert, obwohl es politisch natürlich hoch brisant ist. Wir kommunizieren in dieser Angelegenheit darum sehr zurückhaltend. Fakt ist: Der Wolf ist da und er wird uns noch länger beschäftigen.

Sie haben mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Was beinhaltet dieser Vertrag?
Wir müssen innerhalb der Vereinbarung verschiedene Kriterien erfüllen und dürfen die Gelder nur für Projekte verwenden, die den Anforderungen von Bund und Kanton Rechnung tragen. Eines unserer wichtigsten Projekte ist die Umweltbildung. Wir sensibilisieren vor allem die Kinder nachhaltig für die Natur und ihre Heimat. Im Fachjargon heisst das auch «Unterricht im Grünen». Aber auch die Besucherlenkung ist ein wichtiges Projekt. Und wir setzen uns stark dafür ein, die regionale Identität zu stärken. So haben wir beispielsweise vor ein paar Jahren altes Volksliedergut aus der Region Leuk, ein Projekt mit über 100 Mitwirkenden, neu interpretiert. Am Wochenende wird das Musical «Finya» des Kinderchors Salgesch aufgeführt und ab September sind wir an verschiedenen Orten mit einem spannenden «Abusitz» zum Thema Dialekte auf Tour. Solche und andere Projekte können wir nur dank der Unterstützung von Bund und Kanton umsetzen.

Unter einem Naturpark verstehen viele eine in sich geschlossene naturnahe Landschaft. Aber es sind auch Menschen in dieser Region beheimatet. Wie gut oder schlecht funktioniert das Nebeneinander?
Eigentlich recht gut. Und doch verbinden viele Leute mit dem Naturpark nur das Schutzgebiet Pfynwald. Der Perimeter umfasst aber zwölf Gemeinden von Siders bis Gampel mit insgesamt 279 Quadratkilometern. Dass der Naturpark Pfyn-Finges mehr ist als Vögel und Bäume, ist den Leuten noch nicht bewusst. Darum haben wir vergangene Woche eine Imagekampagne gestartet.

Sind die Einheimischen demnach zu wenig für naturnahe Anliegen sensibilisiert?
Das würde ich so nicht sagen. Was uns auffällt ist, dass bei der Bevölkerung das Bewusstsein fehlt, dass sie ein Teil des Naturparks ist. Diese Identität herzustellen – daran arbeiten wir stetig.

Wie wollen Sie das ändern?
Mit unserer Imagekampagne wollen wir die Leute sensibilisieren und sie animieren, sich mit dem Naturpark zu identifizieren. Ein Biker, der hier wohnt, ist genauso Teil des Naturparks wie die Karatesportlerin, die über ihren Sport ihre Heimat repräsentiert und die Gnoogär-Füüdini, welche Tradition und Brauchtum weitertragen.

Sind die anfänglichen Widerstände aus der Bevölkerung und den politischen Kreisen ­gegen den Naturpark verflogen?
Viele hatten Bedenken, dass der Naturpark ein Naturreservat wird, dass nicht mehr gejagt werden kann, keine Wasserkraftwerke mehr gebaut werden können usw. Diese Ängste haben sich nicht bewahrheitet. Hier muss man sagen, dass wir als Verein organisiert sind und gar keine Gesetze erlassen können. Der Naturpark Pfyn-Finges ist ein Lebens- und Erlebnisraum, wo man arbeitet, lebt, und sich auch erholen kann. In einem Naturpark kann man sich frei bewegen und seinen alltäglichen Arbeiten nachgehen. Unsere Aufgabe ist es, Impulse zu setzen, damit unsere Region enkeltauglich entwickelt wird. Darum ist es uns wichtig, Identität zum Naturpark zu schaffen, die Menschen für unsere einmaligen Natur- und Kulturwerte zu sensibilisieren. Dass wir dieses Label erhalten haben, kommt ja nicht von ungefähr. Wir leben in einer der schönsten, intaktesten und ursprünglichsten Landschaften der Schweiz. Darauf können wir stolz sein. Gleichzeitig nimmt es uns in die Pflicht, Sorge zu unserem Daheim zu tragen.

Sie laden die Besucher auch ein, den Naturpark selbst zu entdecken. Wird dieses Angebot genutzt?
Auf alle Fälle. Wir haben sogenannte ­Mini-Guides und eine Panoramakarte, die wir den Besuchern zur Verfügung stellen. Damit können sie den Naturpark auf eigene Faust erkunden und die Landschaft erforschen. Diese Angebote werden rege genutzt.

Glaubt man den Gefahrenkarten des ­Bundesamtes für Umwelt (BAFU), sind vor allem im Schutzgebiet Pfynwald die Zecken sehr ­verbreitet. Wie gehen Sie damit um?
Der Pfynwald ist ein Gebiet, wo tatsächlich viele Zecken vorkommen. Unser Ziel ist es darum, möglichst transparent auf diese Gefahr aufmerksam zu machen. Wir informieren unsere Besucher dahingehend, entsprechende Kleidung zu tragen und stellen ihnen auch ­Zeckenspray zur Verfügung, um sich vor allfälligen Zeckenbissen zu schützen. Damit haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Wichtig scheint mir, dass man die Leute auf die Gefahr hinweist und gut darüber informiert, ohne sie unnötig zu verängstigen oder sogar Panik zu verbreiten.

Die Bhutanbrücke in Susten konnte recht­zeitig auf die Sommersaison wieder geöffnet werden, nachdem sie vorübergehend wegen Steinschlaggefahr gesperrt werden musste. Wie wichtig ist das für die ­Besucherzahlen?
Wir sind sehr froh darüber, weil die Bhutanbrücke ein eigentliches Publikumsmagnet ist. Der Zugang auf der Ostseite erfolgt neu nicht mehr über den Rastplatz, sondern über den wiederhergestellten Wanderweg. Dieser verzweigt 50 Meter unterhalb des Rastplatzes in Richtung Bhutanbrücke.

Was sind die nächsten grossen Projekte, die Sie gerne verwirklichen möchten?
Momentan sind wir dabei, das Programm für nächstes Jahr zusammenzustellen und im Hinterkopf ist natürlich schon die Verlängerung des Leistungsvertrags ab 2022. Das ist zeitlich zwar noch weit weg, trotzdem machen wir uns schon Gedanken darüber, was für Projekte verwirklicht werden können. Zudem ist es uns wichtig, die Leute auch in Zukunft für den Naturpark Pfyn-Finges zu sensibilisieren.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Viola
Name Anthamatten
Geburtsdatum 12. März 1972
Familie verheiratet, eine Tochter, ein Sohn
Beruf stv. Direktorin Pfyn-Finges
Hobbies Singen, Musik, Lesen, oder einfach mal sein
Ich könnte nie in einer Stadt leben. Ja
Das wilde Campieren im Pfynwald ist ein stetes Ärgernis. Nein
Der Illgraben macht mir manchmal Angst. Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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