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"Es braucht glaubhafte Vertreter der Bergkantone im Parlament"

Beat Rieder, Ständeratskandidat CVPO.
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Beat Rieder, Ständeratskandidat CVPO.
Foto: RZ

Er will dem Tourismus unter die Arme greifen und Wirtschaftsflüchtlinge schneller abschieben. CVPO-Ständeratskandidat Beat Rieder (52) über seine Wahlstrategie, einen möglichen Ausstieg aus der Atomenergie, den Wolf und das Flüchtlingsproblem.

Beat Rieder, Sie waren letzte Woche mit Jean-René Fournier im ganzen Kanton unterwegs und haben über 150 Kilometer von Oberwald bis St-Gingolph zurückgelegt. Haben Sie Blasen an den Füssen?
Nein. Ich komme aus dem Lötschental und bin es gewohnt, auch längere Strecken zurückzulegen. Darum hatte ich trotz hohem Tempo keinerlei Beschwerden auf dem Fussmarsch von Oberwald nach St-Gingolph.

Sie und Ihr Parteikollege haben die Wanderung als «Anti-Wahlkampf» propagiert. Dabei war doch genau das Gegenteil der Fall, weil Sie im Welschwallis Ihre Bekanntheit steigern wollten?
Sicher auch. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass wir auf dem Fussmarsch keinen Wahlkampf betrieben hätten. Aber es war ein alternativer Wahlkampf, den ich jedem empfehlen möchte. Wir hatten die Möglichkeit, zwischendurch mal abzuschalten und das Wallis zu geniessen. Dann gab es wieder Anlässe, wo wir Kontakt hatten mit der Bevölkerung und einfach mal zuhörten.

Erst vor drei Monaten haben Sie die Abstimmung um die Verfassungsreform R21 verloren, die dem Oberwallis den Minderheitenschutz im Grossen Rat garantieren wollte. Nach David Théoduloz, dem Fraktionschef der Unterwalliser CVP, wurde die Vorlage im Unterwallis als Angriff gewertet. Könnte das für Sie letztlich zu einer Hypothek werden?
Ich fühle mich mit allen Mitstreitern als moralischer Sieger der Abstimmung, schliesslich haben 50 Prozent der Walliser Bevölkerung der Vorlage zugestimmt. Auch im Unterwallis gab es Gemeinden mit grosser Unterstützung fürs Oberwallis, unter anderem die Stadt Monthey. Zu Ihrer Frage: Wenn ich von einem politischen Ziel überzeugt bin, dann arbeite ich auch darauf hin. Schliesslich bin ich als gewählter CVPO-Fraktionschef dafür verantwortlich, die Interessen der Oberwalliser Bevölkerung zu vertreten. Egal ob es mir im Endeffekt schadet oder nützt. Es ist leider das Problem von zu vielen Politikern, mit dem Strom zu schwimmen und darauf zu achten, nirgends anzuecken. Wenn die Fakten klar sind, sage ich, was Sache ist. Das Wallis steht vor einem grossen demografischen Problem und das Oberwallis wird das knallhart zu spüren bekommen. Interessant ist auch, dass gewisse Kreise unmittelbar nach der Abstimmung einen Verfassungsrat propagiert haben mit der Begründung, dass es ein grosses demografisches Problem gäbe. Das ist unehrliche Politik.

Als möglicher Nachfolger von René Imoberdorf stehen Sie als C-Mann von den vier Oberwalliser Ständeratskandidaten am meisten unter Druck. Wie gehen Sie damit um?
Ich habe überhaupt keinen Druck, weil ich keinen Sitz verteidigen muss, sondern einen Sitz gewinnen kann. Die C-Parteien spüren sicher einen gewissen Druck und ich unternehme alles Mögliche, um die Erwartungen zu erfüllen. Wichtig ist, dass die C-Parteien selber aufwachen, zusammenhalten und ihre Anhänger für die Wahl mobilisieren. Das hat in der Vergangenheit leider manchmal gefehlt.

Zu Ihrer Wahlkampfstrategie: Sie sehen sich als Kämpfer für die Bergregion, stehen ein für den Tourismus, die Wirtschaft, den Lebensraum und die Werte. In dieser Reihenfolge?
Alle diese Themen sind für mich gleichwertig. Einige sagen, meine Wahlstrategie sei auf den Tourismus fokussiert. Das mag dahingehend stimmen, weil ich hier die grössten Erfolge für mich verbuchen kann. Aber ich mache auch Wirtschaftspolitik (Steuererleichterungen für die KMU), Finanzpolitik (Personalaudit des Staates) und Landwirtschaftspolitik.

Die Bergregionen geraten immer mehr unter Druck und die Stadt-/Landschere klafft immer weiter auseinander. Hinzu kommt, dass sich die Geberkantone weigern, weiterhin so viel Geld in den Finanzausgleich zu zahlen. Was für Lösungsansätze sehen Sie?
Erstens braucht es glaubhafte Vertreter der Bergkantone und dazu gehöre ich, weil ich die Probleme des Kantons Wallis genau kenne. Ich habe beim kantonalen Finanzausgleich die Berggemeinden vertreten. Das ist das Wichtigste. Zweitens darf man nicht einer Partei angehören, welche ihre Politik auf die grossen und starken Zentren ausrichtet und so das Wallis schlussendlich links liegen lässt. Das hat man bei der Zweitwohnungsgesetzgebung gesehen, wo die FDP und die SVP in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Bergkantone haben fallen lassen. Und drittens braucht es konstruktive neue Lösungen, mit welchen man Allianzen schaffen kann, damit die Bergkantone nicht unter die Räder kommen.

Der Ständerat hat letzte Woche beschlossen, den Zahlungsrahmen für den Tourismus in den nächsten vier Jahren um weitere 9,5 Millionen Franken aufzustocken. Reichen diese finanziellen Mittel, um den serbelnden Tourismus wieder auf Kurs zu bringen?
Das reicht nicht. Zieht man einen internationalen Vergleich, stellt man fest, dass die Schweiz und das Wallis mit ungleich langen Spiessen zu kämpfen haben. Im Ausland werden Hunderte Millionen in die Infrastruktur investiert. Während ein Hotelier im Wallis mindestens 50 Prozent an Eigenkapital auf den Tisch legen muss, wenn er eine Wellnessanlage bauen will, kann der Hotelier in Österreich auf eine Hotelbank zurückgreifen, die ihm einen Finanzierungsrahmen von bis zu 95 Prozent Fremdkapital zur Verfügung stellt. Wenn man diese Marktdifferenz nicht bereinigen kann, wird es in der Schweiz ein grosses Problem geben.

Mit anderen Worten: Es müssen mehr Gelder für den Tourismus gesprochen werden...
Es muss ein grosser touristischer Infrastrukturfonds eingerichtet werden, der dem Tourismus auf Bundesebene unter die Arme greift. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass wir in der Vergangenheit Banken mit Milliarden Franken gerettet haben. Zudem investieren wir jährlich mehrere Milliarden in die Landwirtschaft und stützen die Industrie. Also muss es doch auch möglich sein, Gelder in den Tourismus zu investieren.

Sie sind ein grosser Verfechter der Wasserkraft. Plädieren Sie für einen Ausstieg aus der Atomenergie?
Ich befürworte einen planmässigen Ausstieg aus der Atomenergie, aber nicht bis 2030, sondern bis 2050. Denn wir dürfen nicht in eine Abhängigkeit aus dem Ausland geraten. Was nützt es uns, wenn wir keinen Atomstrom mehr produzieren und im Gegenzug Atomenergie aus Frankreich oder Kohleenergie aus Deutschland importieren? Des Weiteren muss der Staat der Wasserkraft kurzfristig unter die Arme greifen, sonst gibt es ein böses Erwachen für die Schweiz und das Wallis.

Wie viele andere Walliser Politiker haben auch Sie sich auf den Wolf eingeschossen. Reine Wahlpropaganda?
Nein. Wir haben keine Mittel auf unserem engen Lebensraum, ein Raubtier zu integrieren, ohne dabei die Berglandwirtschaft zu gefährden. Das wiederum hätte verheerende Konsequenzen für den Tourismus. Dieser Rattenschwanz von negativen Folgen führt dazu, dass ich keinen Schutz des Wolfes will. Im Übrigen finde ich es wahnsinnig, dass wir Millionen von Geldern investieren, um den Wolf bei uns anzusiedeln und im Gegenzug nicht bereit sind, den Service public in Randregionen aufrechtzuerhalten oder Leuten zu helfen, die in Gummibooten übers Mittelmeer flüchten, weil sie sonst sterben. Das ist paradox.

Womit wir beim Thema wären: Der Nationalrat hat letzte Woche die Asylreform gutgeheissen. Jetzt muss der Ständerat darüber abstimmen. Würden Sie dem neuen Gesetz zustimmen?
Die bisherige Asyl- und Flüchtlingspolitik hat sich nicht bewährt. Hätte man die Flüchtlinge nach Beendigung der Konflikte in ihre Ursprungsländer zurückgeführt, hätte man heute Platz für die echten Kriegsflüchtlinge. Hier gilt es übrigens zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden. Bei Kriegsflüchtlingen, wie zum Beispiel aus Syrien, gilt es, schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten, bei Wirtschaftsflüchtlingen hingegen braucht es eine klare und harte Linie. Die Schweiz muss schon ihrer humanitären Tradition wegen Kriegsflüchtlingen helfen, für Wirtschaftsflüchtlinge hingegen hat es hier keinen Platz. In diesem Zusammenhang ist auch klar, dass die Schweiz künftig in Ländern, welche nicht bereit sind, ihre Landsleute zurückzunehmen, keine Entwicklungshilfe mehr leisten darf und klare Bedingungen stellt.

Die EU diskutiert über einen Verteilschlüssel für Flüchtlinge und will auch die Schweiz in die Pflicht nehmen. Wie stehen Sie einer Quotenregelung gegenüber?
Die Schweiz nimmt heute schon im Verhältnis zur Wohnbevölkerung viele Flüchtlinge auf. Darum werden wir mit einer Quotenregelung keine Probleme haben. Aber schlussendlich entscheiden wir in der Schweiz alleine, wer und wie viele aufgenommen werden. Aus diesem Grund hat die CVPO im Grossen Rat dafür gestimmt, dass der Grenzschutz und die Kontrollen an der Grenze verstärkt werden.

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Kandidaten an der Urne

Im grossen Frontalinterview kommt jeweils ein Oberwalliser Ständeratskandidat zu Wort. Damit sich das Wahlvolk ein besseres Bild über die Ansichten und Positionen der Kandidaten machen kann, müssen die Interviewpartner an der RZ-Urne Stellung beziehen.
Wie jeder Stimmbürger kann der Kandidat mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung (leer) antworten.

Stimmabgabe von Beat Rieder, Ständeratskandidat CVPO

Soll der Wolf in der Schweiz bejagt werden? Ja
Sind Sie für eine Erhöhung des Rentenalters? Ja
Ist eine Festlegung der Obergrenze bei den Krankenkassenprämien notwendig? Nein
Sollen die Gelder für Sozialhilfeempfänger gekürzt werden? Ja
Muss die Schweiz gegenüber Deutschland bei den Strompreisen aggressiver auftreten? Ja
Soll das SRF weniger Gebührengelder erhalten? Nein
Muss die Schweiz mehr in die Terrorbekämpfung investieren? Ja
Soll die Schweiz an den bilateralen Verträgen festhalten? Ja
Sollen mehr Gelder aus der Mineralölsteuer in das Strassennetz investiert werden? Ja
Finden Sie, dass die Schweiz aus der Atomenergie aussteigen muss? Ja
Soll die Schweiz mehr Flüchtlinge aufnehmen? Ja
Soll der Wechselkurs des Frankens wieder an den Euro geknüpft werden? Nein
Befürworten Sie einen mittelfristigen Beitritt der Schweiz zur EU? Nein

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Beat
Name Rieder
Geburtsdatum 12. Februar 1963
Familie Verheiratet, drei Kinder
Beruf Anwalt und Notar
Funktion Fraktionschef CVPO
Hobbies Verschiedene, aber wenig Zeit um sie auszuüben.

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