Frontal | Franziska Biner (CVPO) und Claudia Alpiger (SPO) im Duell

«Eine Flugticketabgabe ist unabdingbar»

Claudia Alpiger (SPO) und Franziska Biner (CVPO).
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Claudia Alpiger (SPO) und Franziska Biner (CVPO).
Foto: Alain Amherd

Franziska Biner ist Präsidentin der CVP Oberwallis und Grossratssuppleantin.
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Franziska Biner ist Präsidentin der CVP Oberwallis und Grossratssuppleantin.
Foto: Alain Amherd

Claudia Alpiger ist Vizepräsidentin der SP Oberwallis und Verfassungsrätin.
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Claudia Alpiger ist Vizepräsidentin der SP Oberwallis und Verfassungsrätin.
Foto: Alain Amherd

Quelle: RZ 0

Für die kommenden Nationalratswahlen stellen sich neben vielen anderen auch Franziska Biner (CVPO) und Claudia Alpiger (SPO) zur Verfügung. Im Interview legen die beiden ihre Ansichten zu neuen Kampfjets, steigenden Gesundheitskosten und touristischen Entwicklungen dar.

Claudia Alpiger, nach Ihrer Wahl in den Verfassungsrat soll es nun also die grosse Bühne in Bern werden. Warum stellen Sie sich als Nationalratskandidatin zu Verfügung?
Alpiger:
Ich interessiere mich grundsätzlich für Politik – sei es kantonale als auch nationale. Ich möchte mich bei Themen, die mir am Herzen ­liegen, in die Diskussion einbringen. Es gibt vieles, was meines Erachtens nicht gut läuft; und dort versuche ich, mit meinem Engagement einen Einfluss zu nehmen. Es geht darum, die Zukunft dieses Landes mitgestalten zu können. Mich faszinieren die Möglichkeiten, die eine Wahl in den Nationalrat mit sich bringen würden. Zudem finde ich es wichtig, dass im Parlament auch die Anliegen junger Leute vertreten werden und eine starke linke Politik gemacht wird. Auch wenn meine Chancen auf eine Wahl klein sind, sehe ich meine Kandidatur als Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, die Themen der SP zu platzieren und natürlich Stimmen für die Liste der SPO zu holen.

Franziska Biner, Sie kandidieren, obwohl Ihnen mit Philipp Matthias Bregy ein amtierender Nationalrat «vor der Sonne» steht. Was ist Ihre Motivation, sich für ein Amt im Nationalrat zur Verfügung zu stellen?
Biner:
Parteipolitisch ist es unser oberstes Ziel, unseren Nationalratssitz zu verteidigen. Dafür kämpfen wir. Da mit Philipp Matthias Bregy ein amtierender Nationalrat auf unserer Liste steht, sind meine Chancen, gewählt zu werden, eher klein. Doch ich engagiere mich, weil ich der Meinung bin, dass es eine starke Mitte in der Politik braucht. In Bern braucht es Politiker, die konsens- und lösungsorientiert arbeiten und die zu Kompromissen bereit sind. Es gibt wichtige politische Geschäfte für die Zukunft der Schweiz. Gerne würde ich mich an der Lösungsfindung beteiligen und die Zukunft mitgestalten.

Reden wir über die Themen, die in naher ­Zukunft auf der Agenda stehen werden. Frau Biner, «Ihre» Bundesrätin Viola Amherd ist dabei, kräftig aufzurüsten. Neue Kampfjets, neue Boden-Luft-Raketen sollen her. Eine Politik, die Sie unterstützen?
Biner:
Ich sehe die Bemühungen von Bundes­rätin Amherd nicht als Aufrüstung, sondern als ­Erfüllung eines verfassungsmässigen Auftrags. Demnach muss die Schweiz in der Lage sein, sich und ihre Bevölkerung zu verteidigen. Unsere Kampfjets sind in die Jahre gekommen. Wollen wir unseren Luftraum schützen können, so brauchen wir Ersatz. Das gilt auch für die Boden-Luft-Abwehr. Demnach sind die Bemühungen, die derzeit im VBS unternommen werden, für die ­Sicherheit aller Menschen in der Schweiz.
Alpiger: Ich sehe das anders. Im Kriegsfall helfen uns auch 50 neue Kampfjets kaum. Zudem finden in Zukunft Kriege nicht mehr unbedingt in der Luft oder am Boden, sondern digital statt. Die Bemühungen der Landesverteidigung müs- ­sen sich also mehr auf eine Verteidigung im digitalen Bereich, Stichwort Cyber-Sicherheit, richten.
Biner: Was ja auch bereits geschieht.
Alpiger: Schon, aber was wir brauchen, ist eine strukturelle Reform der Armee, die den Anforderungen der heutigen Zeit und der Bedrohungslage wirklich gerecht wird. Milliarden für neue Kampfjets auszugeben, ist da der falsche Weg.
Biner: Einer Strukturreform bei der Armee stehe ich ebenfalls aufgeschlossen gegenüber. Auch unsere Armee soll sich weiterentwickeln und professioneller werden. Aber man muss bedenken, dass so etwas nicht einfach ist. «Unsere» Bundesrätin hat bereits damit begonnen. Sie hat verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt und Projekte lanciert.
Alpiger: Indem man neue Kampfjets anschafft und neue Infrastrukturen baut, wirkt man Strukturreformen aber entgegen. Es ist daher kontraproduktiv. Wenn wir von Sicherheit reden, ist in der Schweiz vor allem die soziale Sicherheit wichtig – und diese sollten wir pflegen, erhalten und ausbauen.

In diesem Bereich ist eine der grossen Baustellen die nach wie vor steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Dort ist SP-Bundesrat Alain Berset gefordert. Wie soll die Schweiz diesem Problem begegnen, Frau Alpiger?
Alpiger:
Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass die Gesundheitskosten nicht weiter zu einer finanziellen Belastung für mittlere und kleine Einkommen werden. Die SP hat deshalb eine Initiative lanciert, die fordert, dass die Kosten für die KK-Prämien nicht mehr als zehn Prozent des Budgets einer Familie betragen dürfen. Nach unseren Vorstellungen sollten die dadurch entstehenden Kosten zu mindestens zwei Dritteln vom Bund getragen werden. Dies übt indirekt Druck aus auf die Politik und somit auf die Ergreifung von kostendämpfenden Massnahmen im Gesundheitswesen, wie beispielsweise bei den Medikamentenpreisen oder Zusatz- versicherungen. Das Gesundheitswesen braucht mehr Regulierung durch die öffentliche Hand.
Biner: Das halte ich für nicht zielführend. Schiebt das Problem nämlich auf die lange Bank. Wir müssen das Problem an der Wurzel packen und jetzt konkrete Lösungen zur Senkung der Kosten einführen. Zum Beispiel durch Verbilligung der Medikamente. Das ist unter anderem Inhalt der Gesundheitsinitiative der CVP. Wenn wir einfach immer mehr Subventionen sprechen, denke ich nicht, dass daraus ein Wille zum Sparen entstehen wird. Doch ich bin mit Frau Alpiger dahin gehend einig, dass wir verhindern müssen, dass sich Familien die Gesundheits­kosten kaum noch leisten können.

Auch das Rentensystem wird in den kommenden Jahren die Politik weiterhin beschäftigen. Dabei wird immer wieder eine Erhöhung des Rentenalters im Allgemeinen, aber auch eine Angleichung der Geschlechter gefordert. Wie stehen Sie dazu, dass Frauen gleich lange arbeiten sollen wie Männer, Frau Alpiger?
Alpiger:
Solange es keine Lohngleichheit bei den Geschlechtern gibt, halte ich es nicht für angebracht, dass Frauen länger arbeiten sollen. ­Zudem ist es so, dass ein gewaltiger Teil der sogenannten «Care-Arbeit» von Frauen geleistet wird. Da der grösste Teil davon finanziell nicht vergütet wird, finde ich es fair, wenn Frauen ­früher in Rente gehen können.
Biner: Vorweg: Die Lohngleichheit der ­Geschlechter ist Voraussetzung. Das Prinzip gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit am gleichen Ort muss bestehen. Zum Rentensystem: Ich muss dazu sagen, dass ich nichts dagegen hätte, bis 65 zu arbeiten. Ich lehne eine Erhöhung des Rentenalters daher nicht so konsequent ab, wie es Frau Alpiger tut. Ich bezweifle aber, dass dies die Lösung des Problems ist. Was wir brauchen, ist eine Flexibilisierung des Rentenalters im Allgemeinen. Warum schicken wir Menschen, die noch arbeiten wollen und können, erzwungenermassen in Pension? Den demografischen Herausforderungen können wir begegnen, wenn die Menschen länger arbeiten können und dadurch keine Einbussen bei ihrer Rente haben. Ich betone dabei, dass es sich um ein Dürfen handeln muss, denn alle Arbeitnehmer über einen Kamm zu scheren, wäre fatal.
Alpiger: Eine Flexibilisierung des Rentensystems ist in der Tat zwingend nötig. Dabei müssen wir aber schauen, dass die einzelnen Menschen nicht auf der Strecke bleiben. Es ist kein Geheimnis, dass es ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt schwer haben. Da hilft es wenig, wenn man sagt: Ihr könnt, wenn ihr wollt, auch bis 75 arbeiten. Der Arbeitsmarkt muss auch entsprechend aufgestellt sein.

Ein Thema, welches derzeit die Wahlkämpfe weltweit dominiert, ist das des Umwelt- und Klimaschutzes. Vielfach werden dabei Verbote und Abgaben gefordert. Für Sie der richtige Weg, Frau Alpiger?
Alpiger:
Es geht leider nicht ohne gewisse gesetzliche Rahmenbedingungen in Form von höheren Abgaben und Regelungen. Es zeigt sich, dass, wenn man nur auf den guten Willen oder die oft genannte «Eigenverantwortung» der Leute setzt, nicht viel passiert. Jeder und jede sollte einen Teil dazu beitragen, den Klimawandel zu stoppen. Das Argument, dass man die Leute damit bestraft, stimmt meines Erachtens nicht – es kann sogar das Gegenteil der Fall sein. So sollte der Ertrag aus einer «Flugticketabgabe» vollumfänglich an die Bevölkerung rückverteilt werden. Jene, die wenig fliegen, würden dann sogar belohnt. Neue Abgaben und Regelungen sind jedoch nicht alles. Der Bund muss gleichzeitig die erneuerbaren Energien noch stärker fördern, insbesondere bei der Fotovoltaik haben wir noch ein grosses Potenzial. Es braucht einen ganzen Strauss an Massnahmen, um dem Klimawandel begegnen zu können.
Biner: Für mich stehen bei diesem Thema die Eigenverantwortung im Fokus und Präventionsmassnahmen, die sinnvoll sind. Gezielte Eingriffe als Impuls sind für eine nachhaltige Entwicklung wichtig. Eine «Flugticketabgabe» ist für mich unabdingbar. Im Vergleich zum Zugfahren ist fliegen viel zu günstig. Aus solchen Abgaben kann Forschung in diesem Bereich finanziert werden. Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, dass wir in der Schweiz innovativ bleiben, um dem Klimawandel und seinen Herausforderungen technologisch begegnen zu können. Dabei müssen wir aber vorsichtig sein, beispielsweise verursacht die von Frau Alpiger erwähnte Fotovoltaik aktuell in jenen Ländern, wo die Rohstoffe gewonnen werden, gewaltige Umweltverschmutzungen, und auch die Produktion und Entsorgung der nötigen Energiespeicher muss noch verbessert werden. Im Allgemeinen sind Entwicklungen von Kreislaufsystemen anzustreben. Es gilt weiterhin in die Forschung zu investieren und neue Technologien auch wirklich exakt auf ihre ökologische Verträglichkeit hin zu beurteilen.

Reden wir zum Schluss noch über den Tourismus. Ihre Parteikollegen Beat Rieder und Philipp Matthias Bregy machen seit Jahren damit Politik, dass der Staat den touristischen Akteuren mit Subventionen helfen muss. Eine Strategie, die auch Sie verfolgen würden, Frau Biner?
Biner:
In diesem Fall bin ich nicht der Meinung, dass man von Subventionen reden kann. Das
Bergbahnengesetz beispielsweise richtet sich ja nur an jene Destinationen, die wirtschaftlich gesund sind. Es handelt sich vielmehr um ein Impulsprogramm. Diese Strategie finde ich zielführend. Der Staat sollte Rahmenbedingungen schaffen, in denen eine prosperierende Tourismusindustrie möglich ist. Dennoch gibt es Trends, die ich kritisch sehe. Es sollten langfristige Strategien entwickelt werden. Jede Destination sollte genau analysieren, was für eine Entwicklung von Dauer ist und wie sie diese erreichen kann. Viele Destinationen bieten dieselben Angebote an, wobei es aber wichtig wäre, dass man diversifiziert und versucht, sich von anderen Anbietern zu unterscheiden. Auch wäre es wichtig, dass regional gedacht wird. Ob der Staat in solche Prozesse aber direkt eingreifen soll, wage ich zu bezweifeln.
Alpiger: Es steht ausser Frage, dass die Tourismusindustrie von grosser Bedeutung für unser Land und unseren Kanton ist. Diesen Wirtschaftszweig zu stärken, ist sicher richtig. Man sollte dies aber sehr gezielt und nicht nach dem Giesskannenprinzip tun. Zudem braucht es meines Erachtens eine Strukturreform: So sollten kleine Regionen vermehrt zusammenarbeiten und es sollte unbedingt auf einen Vierjahreszeiten-Tourismus gesetzt werden. Ein weiteres Problem stellt der zu starke Franken dar: Es kann nicht sein, dass eine Zürcher Familie nach Österreich in den Skiurlaub fährt, weil dort das Angebot halb so viel kostet wie im Wallis. Wenn wir den Tourismus fördern wollen, ist daher auch eine entsprechende Geldpolitik der Nationalbank wichtig.

Martin Meul

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Infos

Vorname Franziska
Name Biner
Geburtsdatum 7. Juli 1986
Familie ledig
Beruf Architektin
Funktion Parteipräsidentin CVPO
Hobbies Skifahren, Laufen, Sport in der Natur
Vorname Claudia
Name Alpiger
Geburtsdatum 12. Februar 1989
Familie ledig
Beruf Politologin
Funktion Vizepräsidentin SPO
Hobbies Wandern, Bergsport, Wintersport

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