Region | Frontalinterview mit Franz Ruppen (SVP) und Philipp Matthias Bregy (CVP)
Eine bürgerliche Front gegen Links-Grün
Die amtierenden Oberwalliser Nationalräte Franz Ruppen (SVP) und Philipp Matthias Bregy (CVP) treten bei den Wahlen am 20. Oktober als Favoriten an. Das RZ-Doppelinterview zeigt: Der moderate SVPler und der eher konservative CVPler haben politisch viele Gemeinsamkeiten, aber doch auch einige Differenzen.
Warum soll es auch in den kommenden vier Jahren einen Nationalrat Franz Ruppen geben?
Ruppen: Es ist wichtig, dass in der mit Abstand grössten Fraktion im Nationalrat, der SVP, weiterhin auch zwei Vertreter aus dem Wallis dabei sind und die Interessen unseres Kantons dort einbringen können. Ich persönlich habe mich in den drei für das Wallis wichtigen Themenbereichen Wasserzinsen, Jagdgesetz und Raumplanung als SVP-Fraktionssprecher jeweils stark einbringen können. Bei den Wasserzinsen konnte ich zusammen mit den Nationalräten Heinz Brand und Magdalena Martullo-Blocher für einen Meinungswechsel in der Fraktion sorgen und auch das revidierte Jagdgesetz, Stichwort Wolfsregulierung, habe ich entscheidend mitgestaltet. Besonders im Bereich Raumplanung gibt es in den nächsten vier Jahren in Bern noch sehr viel zu tun für den Kanton Wallis. In der Raumplanung braucht es mehr Spielraum für die Kantone und es müssen vermehrt regionale Gegebenheiten und Besonderheiten berücksichtigt werden.
Und warum soll Nationalrat Philipp Matthias Bregy wiedergewählt werden?
Bregy: Es ist wichtig, dass die bis anhin wählerstärkste Oberwalliser Partei weiterhin einen Nationalrat stellt. Dank meiner langjährigen politischen Erfahrung auf kantonaler und kommunaler Ebene weiss ich zudem bestens, wo im Wallis der Schuh drückt. Ich habe mich in Bern gut eingearbeitet und konnte schon einige Erfolge wie beispielsweise betreffend Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet erzielen oder Themen wie die Idee eines kostenlosen Autoverlads oder den Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels thematisieren.
Herr Bregy, Sie sind als Nachfolger von Viola Amherd in den Nationalrat nachgerückt. Als der Briger Josef Escher seinerzeit 1950 in den Bundesrat gewählt wurde, folgte ihm der Natischer Meinrad Michlig in den Nationalrat. Michlig wurde bei den nächsten Wahlen aber abgewählt. Ist es für Sie im Hinblick auf die Wahlen nicht von Nachteil, erst einige wenige Monate in Bundesbern dabei zu sein?
Bregy: Viola Amherd ist seinerzeit für Jean-Michel Cina nachgerückt, heute ist sie Bundesrätin. Für mich ist es eindeutig ein Vorteil, bereits im Nationalrat zu sein. Ich bin in unserer Fraktion sehr gut aufgenommen worden und habe einen direkten Draht zu unserer Bundesrätin sowie zu unserem Ständerat Beat Rieder. Dies alles ändert aber nichts daran, dass ich – wie alle anderen Oberwalliser – um meinen Sitz kämpfen muss.
Bundesrätin Viola Amherd hat bisher sehr gute Kritiken bekommen. Glauben Sie, die CVP kann in den National- und Ständeratswahlen davon profitieren?
Bregy: In der Politik profitiert man von Persönlichkeiten, besonders wenn sie ausgezeichnete Arbeit leisten. Viola ist eine von uns, wurde innerhalb der CVPO gross. Ihre Wahl hat für eine Euphorie gesorgt. Denken Sie nur einmal zurück an den begeisternden Empfang in Brig. Persönlich bin ich von einem positiven Viola-Effekt für die CVPO, aber noch viel wichtiger, für das ganze Wallis überzeugt.
Teilen Sie diese Meinung, Herr Ruppen?
Ruppen: Viola Amherd ist nun seit einem Dreivierteljahr im Amt. Sie macht einen guten Job. Ihre Wahl liegt aber schon zu lange zurück. Wenn jetzt ein Bundesrat zurücktreten würde, so gingen die Diskussionen los und es könnte vielleicht ein positiver Effekt entstehen.
Bregy (schmunzelnd): Franz, willst du uns da einen Bundesratsrücktritt ankündigen?
Ruppen: Nein, nein. Ich künde nichts an. Ich weiss auch von keinen Rücktrittsabsichten von einem unserer Bundesräte.
Ein wichtiges Dossier von Amherd ist die Beschaffung neuer Kampfflieger. Ihre Meinung?
Ruppen: Die Schweiz braucht eine glaubwürdige Armee. Eine glaubwürdige Armee muss eine gut ausgebildete und gut ausgerüstete Armee sein. Dazu gehört auch eine moderne Luftwaffe. Ansonsten hat die Schweiz kein Dach. Wir brauchen eine Luftwaffe, die den Schirm darstellt.
Bregy: Die Schweiz braucht eine moderne Luftwaffe. Dazu gehören neue Kampfjets. Wer Nein zu neuen Kampffliegern sagt, der sagt auch Nein zu einer schlagkräftigen Armee. Viola Amherd hat das Dossier nicht zuletzt mit der Ernennung von Claude Nicollier auf Kurs gebracht und wird die neuen Kampfjets zum Fliegen bringen.
Herr Ruppen, der SVP als wählerstärksten Partei werden Verluste prognostiziert. Teilen Sie diese Auffassung?
Ruppen: Von Umfragen halte ich eigentlich nicht so viel. Das Einzige, was zählt, ist der Tag der Wahl am 20. Oktober. Klar, als stärkste Partei mit 29 Prozent Wähleranteil muss man kämpfen, um dieses hohe Niveau halten zu können.
Wie sehen Sie, Herr Bregy, die Aussichten der CVP?
Bregy: Umfragen sind Umfragen. Entschieden werden die Wahlen in den einzelnen Kantonen. Die CVP wird besonders in den Rand- und Bergregionen ihren Wähleranteil halten können. Sie hat bewiesen, dass sie sich konsequent für diese Regionen einsetzt. Ich bin überzeugt, die Leute wissen, dass es für Kompromisse und praktikable Lösungen eine starke CVP braucht.
Das Wallis hat bei den letzten Wahlen einen achten Nationalratssitz erhalten. Die Verteilung 5 Unterwalliser, 3 Oberwalliser entspricht nicht ganz der Bevölkerungsverteilung. Wird das Oberwallis in den kommenden Wahlen einen Sitz verlieren?
Bregy: Unser Ziel ist klar: Wir müssen alles daransetzen, um alle drei Oberwalliser Sitze zu verteidigen. Die Oberwalliserinnen und Oberwalliser müssen sich bewusst sein: Jede Stimme für Links-Grün und für die FDP ist in dieser Konstellation eine Stimme ans Unterwallis. Darüber hinaus ist klar, dass wir für alle vier C-Sitze und beide CVP-Ständeratssitze kämpfen.
«Jede Stimme für Links-Grün und die FDP ist eine Stimme ans Unterwallis»
Philipp Matthias Bregy
Ruppen: Es gab Zeiten, da verfügte das Oberwallis nur über einen von sieben Nationalräten, nämlich Viola Amherd. Damals war man klar untervertreten, jetzt ist man vielleicht etwas übervertreten. Aber es ist wichtig, wenn Minderheiten ein bisschen stärker vertreten sind. Wir müssen uns vor Avancen aus dem Unterwallis verteidigen. Denken wir nur an Philippe Nantermod von der FDP, der den Oberwalliser Ständeratssitz von Beat Rieder attackieren will.
Was sind auf Ihrer persönlichen Agenda die dringendsten politischen Themen in den nächsten vier Jahren in Bern?
Bregy: Neben dem Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels? (Schmunzelt) Sicherlich die steigenden Gesundheitskosten und als Folge davon die jedes Jahr teurer werdenden Krankenkassenprämien. Daran ändert auch der wahlbedingte schwache Prämienanstieg 2019 nichts. Mit der Lancierung einer Volksinitiative gibt die CVP hier Gegensteuer. Die Gesundheitskosten sollen um sechs Milliarden Franken gesenkt werden. Hierfür müssen aber alle Player im Gesundheits wesen am gleichen Strick ziehen. Darüber hinaus müssen Entscheidungen wieder vermehrt dorthin delegiert werden, wo sie Wirkung erzielen, das heisst zu den Gemeinden und Kantonen. Dies bedeutet schlussendlich weniger Regeln, mehr gesunder Menschenverstand. Nur so kann der Föderalismus gestärkt werden. Der Bund soll nur dort eingreifen, wo unbedingt notwendig. Vergessen wir nicht, das Bundesparlament ist vor allem von Städtern geprägt. 85 Prozent der Schweizer Bevölkerung lebt in Städten, 40 Prozent in den fünf grössten Städten. Diese haben ganz einen anderen Zugang zu politischen Themen als Menschen, die in ländlichen Kantonen oder wie wir in einem Bergkanton leben.
Und Ihre Prioritätenliste, Herr Ruppen?
Ruppen: Da sind die drei anfangs erwähnten Themen, die weiter aktuell bleiben. Beim Jagdgesetz haben wir eine gute Lösung. Dagegen wird aber sicherlich das Referendum ergriffen und wir müssen darum kämpfen, das revidierte Jagdgesetz vor dem Volk durchzubringen, sodass die von Grossraubtieren betroffenen Kantone selbst entscheiden können, wie sie damit umgehen. Der zweite Punkt sind die Wasserzinsen. Bis 2024 haben wir dies geregelt. Danach droht aber eine Flexibilisierung, das heisst Senkung. Auch das Thema Raumplanung bleibt sehr aktuell. Dazu gehört auch die ganze Zweitwohnungsproblematik. Wie kann dieses Zweitwohnungsgesetz im Sinne der Bergregionen abgeändert werden? Ein wichtiges Thema ist zudem der Rahmenvertrag, das Verhältnis der Schweiz zu Europa. Stichwort automatische Übernahme von EU-Recht und fremde Richter.
Bregy: Wir müssen den Zusammenhalt der Schweiz stärken und dies können wir nur tun, indem wir die Rand- und Bergregionen fördern und dort Investitionen tätigen. Darum habe ich in einer Motion einen Klimafonds gefordert, der diesen Regionen zugutekommt und die direkten und indirekten Folgen des Klimawandels abfedert. Die Idee wurde zwischenzeitlich von Ständerat Beat Rieder übernommen und ins CO2-Gesetz integriert. Denn egal, ob Förderung des öffentlichen Verkehrs, bessere Strassen oder Schaffung von mehr Arbeitsplätzen – für alles braucht es mehr Geld vom Bund. Die Rand- und Bergregionen dürfen nicht zu einem Disneyland verkommen.
Ruppen: Genau. Die Berggebiete sind unser Lebens- und Wirtschaftsraum und kein Reservat, wo die Städter zwei Wochen in die Ferien reisen und alles immer so bleiben soll wie es ist.
Bregy: Und damit hat Franz Ruppen gesagt, welche Parteien sich konsequent für diese Anliegen einsetzen und welche man am 20. Oktober wählen soll. Im Oberwallis sind es diejenigen, die momentan einen Nationalratssitz haben.
Bregy erwähnte vorhin die explodierenden Gesundheitskosten. Ist die CVP-Gesundheitsinitiative ein probates Rezept dagegen, Herr Ruppen?
Ruppen: Die Initiative ist sehr kompliziert. Konkrete Massnahmen fehlen. Ein Problem dieser Initiativen, die SP hat ja auch eine Prämien-Entlastungs-Initiative, ist es, dass es sehr lange dauert, bis sie umgesetzt werden können. Das dauert fünf, vielleicht sieben Jahre. Ganz klar, die hohen Gesundheitskosten sind ein Problem. Wir haben in der Schweiz aber eines der weltweit qualitativ besten Gesundheits systeme und das hat eben seinen Preis. Nichtsdestotrotz müssen wir die Kosten in den Griff bekommen. Allein das Bundesamt für Gesundheit kostet jedes Jahr drei Milliarden Franken. Dort ist sicher Sparpotenzial.
Bregy: Unsere Initiative will die Gesundheitskosten senken. Die SP-Initiative hingegen will nur die Prämien eindämmen. Zwar steigen dann die Prämien nicht mehr, aber weiterhin die Gesundheitskosten. Das ist der völlig falsche Ansatz, vor allem wenn wir daran denken, dass die Krankenversicherer nur 36 Prozent der Gesundheitskosten tragen, 29 Prozent die Bevölkerung und der Rest mehrheitlich die öffentliche Hand.
Ein leidiges Thema ist der Rahmenvertrag mit der EU. Gibt es da überhaupt eine befriedigende Lösung?
Bregy: Das Rahmenabkommen ist zu schlecht verhandelt worden, dass man es unterzeichnen könnte; insbesondere das vorgesehene Streitschlichtungsverfahren durch den europäischen Gerichtshof ist inakzeptabel. Es muss nachverhandelt werden.
Ruppen: Die SVP hat sich als einzige Partei klar gegen das Rahmenabkommen ausgesprochen. Wenn es jetzt bei der CVP Einzelne gibt, die dagegen sind, so freut mich dies natürlich. Die Frage ist nur, ob das dann nach den Wahlen auch noch so ist… Die SVP ihrerseits setzt sich vor und nach den Wahlen unmissverständlich für eine freie und unabhängige Schweiz ein. Die Grundproblematik dieses Vertrags ist, dass die Schweiz automatisch EU-Recht übernehmen muss. Dagegen wehren wir uns. Dieser Vertrag ist der Schweiz nicht würdig. Dann können wir unsere Demokratie in Brüssel deponieren. Der Rahmenvertrag ist nicht die Fortführung, sondern das Ende der bilateralen Verträge.
Bregy: Wir müssen aber auch vorsichtig sein. Die EU ist ein wichtiger Handelspartner, in der Stunde werden Güter für 30 Millionen Franken in die EU exportiert. Dies ist nur dank eines direkten Zugangs zum Binnenmarkt und damit dank der Bilateralen I möglich. Gerade diese Bilateralen I setzen wir aber mit der Begrenzungsinitiative der SVP aufs Spiel.
Ruppen: Das Volk hat 2014 die Masseneinwanderungsinitiative angenommen. Diese wurde vom Parlament nicht umgesetzt. Einzig die SVP hat hier den Volkswillen respektiert. Deshalb kommt nun die Initiative für eine massvolle Zuwanderung, die nur will, dass die Schweiz ihre Zuwanderung selbst steuern kann; so wie das bis zur Einführung der Personenfreizügigkeit 2007 auch der Fall war.
«Die Stildiskussion haben nicht nur wir, wenn ich an das Negative Campaigning der CVP denke»
Franz Ruppen
Franz Ruppen, Sie gelten als moderater SVP-Politiker. Stört Sie die Apfel-Plakat-Kampagne Ihrer Partei?
Ruppen: Ich habe schon gesagt, dass ich dieses Plakat so nicht gemacht hätte. Ich hätte eine andere Bildsprache gewählt. Die Stildiskussionen haben aber nicht nur wir, wenn ich jetzt an das Negative Campaigning der CVP denke. Schlussendlich sollten wir aber vor allem über Inhalte diskutieren und nicht über Stilfragen.
In nicht wenigen Themen vertreten Sie beide ähnliche Standpunkte, arbeiten als Gemeinderäte in Naters gut zusammen und pflegen auch sonst ein kollegiales Verhältnis: Geben Sie sich gegenseitig auch die Stimme?
(Gelächter) Ruppen: Nein. Es ist ganz klar, dass ich für unsere SVP-Liste stimme.
Bregy: Ich werde die Kandidatinnen und Kandidaten der CVPO/JCVPO wählen. Für Franz bleibt da leider kein Platz.
Frank O. Salzgeber
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