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"Die Statuten der SVP sind absoluter Blödsinn"
Er war in der «Nacht der langen Messer» bei der Abwahl von Christoph Blocher dabei. René Imoberdorf spricht über die Bundesratswahlen, die Zauberformel, die Übervertretung der Walliser C-Parteien und Nachwuchsprobleme bei der CSPO.
René Imoberdorf, was taten Sie in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 2007?
Sie sprechen auf die «Nacht der langen Messer» an. Diese war nicht so dramatisch, wie sie oft in den Medien dargestellt wurde.
Der damalige Bundesrat Christoph Blocher wurde abgewählt. Eveline Widmer-Schlumpf wurde Bundesrätin. SP und CVP galten als Drahtzieher. Das tönt doch dramatisch?
Aufgrund der Absprache in den Fraktionen war ersichtlich, dass es allenfalls einen Sprengkandidaten gegen Bundesrat Blocher geben kann, deshalb kam eine gewisse Hektik und Spannung auf. Natürlich wurde in dieser sogenannten «Nacht der langen Messer» noch um jede Stimme gekämpft, doch schlussendlich entscheidet jeder ganz alleine, wem er nun seine Stimme gibt. Und schlussendlich war die SVP nicht frei von jeder Schuld, dass sich Widmer-Schlumpf durchgesetzt hat.
Wie meinen Sie das?
Der damalige Parteipräsident Ueli Maurer bezeichnete die CVP als einen «Sauhaufen», der es ohnehin nicht schaffen werde, einen Sprengkandidaten in die Landesregierung zu wählen. Dies hatte zur Folge, dass CVP-Parlamentarier, die eher im rechten Parteilager angegliedert waren und wohl Blocher die Stimme gegeben hätten, dann Frau Widmer-Schlumpf gewählt haben. Doch generell gilt zu sagen, dass sich die Politik der SVP auch mit einer Wahl von Christoph Blocher kaum verändert hätte.
Sie haben Eveline Widmer-Schlumpf die Stimme gegeben. Haben Sie das später einmal bereut?
Ich habe mich manchmal gefragt, ob es nicht doch besser gewesen wäre, Christoph Blocher noch mindestens vier Jahre im Bundesrat zu halten, doch viel hätte das wohl kaum verändert.
Wird es heuer eine «Nacht der langen Messer» geben?
Ich denke aus den parteilichen Auseinandersetzungen anlässlich der Fraktionssitzungen vor den Wahlen werden klare Schlüsse gezogen. Einer aus dem vorgeschlagenen Dreierticket der SVP wird wohl das Rennen machen.
Auf dem Dreierticket stehen die Namen von Thomas Aeschi, Guy Parmelin, Norman Gobbi. Wer ist Ihr Favorit?
Ich denke, dass alle drei wählbar sind. Aeschi ist mit seinen 36 Jahren noch sehr jung, doch auch Alain Berset war bei der Wahl in den Bundesrat nicht viel älter. Bei Gobbi war ich doch überrascht, dass er nominiert wurde, denn er ist ja ein Lega- und kein SVP-Politiker. Doch vielleicht will man dadurch eine allfällige Fusion der beiden Parteien vorantreiben. Mit Guy Parmelin habe ich wenig zusammen gearbeitet, doch mehrere Leute haben mir gesagt, dass er sehr kompetent sei. Für mich persönlich ist der Waadtländer Parmelin der Geheimfavorit für die anstehende Bundesratswahl.
Er wäre der dritte Westschweizer Bundesrat. Verträgt es gleich drei Romands?
Ja, das gab es ja bereits einmal. Ich bin überzeugt, dass diese Konstellation der Schweizer Politik nicht schaden würde.
Bei der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat wies die SVP immer wieder auf die Zauberformel hin, die besagt, dass die SVP Anrecht auf zwei Sitze im Bundesrat hat. Teilen Sie diesen Anspruch?
Dieser Anspruch der SVP ist absolut legitim und unbestritten. Es gilt, der SVP den zweiten Sitz in der Landesregierung zu geben. Was sehr umstritten jedoch ist, sind die Statuten der Partei.
Sie sprechen auf die Absichtserklärung an, die verschiedene SVP-Parlamentarier unterzeichneten, falls sie in den Bundesrat gewählt würden.
Das ist ein absoluter Blödsinn. Denn eine Parlamentsfraktion ist zwar in die Parteiorganisation eingebunden, untersteht aber auch dem Parlamentsreglement. Durch diese unterschriebenen Absichtserklärungen wird die Wahl eingeschränkt. Natürlich: Jeder kann gleichwohl denjenigen oder diejenige wählen, die er will. Doch kaum jemand wird einen Kopf wählen, der das Amt ohnehin nicht annehmen wird.
Reden wir über die regionale Politik. Wenn die SVP landesweit Anrecht auf zwei Sitze im Bundesrat hat, so hat die CVP im Wallis kein Anrecht auf drei Staatsratssitze.
Diese Aussage teile ich nicht. Wie die BDP trotz fehlender Stärke in der Vereinigten Bundesversammlung eine Bundesrätin hatte, so hat die CVP im Wallis drei Staatsräte. Grosser Unterschied dabei ist: Der Staatsrat wird vom Volk gewählt und ist eine Persönlichkeitswahl. Demnach entscheidet das Volk, wie viele CVP-Kandidaten die Kantonsregierung haben soll.
Die C-Parteien sind mindestens im Ständerat mit zwei Vertretern und im Staatsrat mit deren drei übervertreten. Macht es nicht Sinn, das selber zu korrigieren, bevor es eine Wahlschlappe absetzt?
Es ist klar, diese Art von Übervertretung wird irgendwann korrigiert. Die Ständeratswahlen haben gezeigt, dass es für die C-Parteien immer schwieriger wird, ihre Kandidaten durchzubringen. So wird es auch wieder in vier Jahren sein, wenn Jean-René Fournier als Ständerat abtreten wird. Genauso bei den Staatsratswahlen 2017, wo es einer Herausforderung gleichkommt, die drei Sitze zu halten.
Die Leute wählen vermehrt Köpfe statt Parteien. Ein Trend unter dem vor allem «Ihre» CSP enorm leidet.
Ich stelle in der Tat vermehrt fest, dass die Leute mehrheitlich Köpfe wählen und die Partei eine sekundäre Rolle spielt. Wem es nicht gelingt, Persönlichkeiten auf die Liste zu setzen, dem droht, Sitze zu verlieren.
Ganz anders die CVP mit jungen volksnahen Politikern in mehreren Oberwalliser Gemeinderäten sowie engagierten Grossräten, die ihre besten Jahre noch vor sich haben. Hat die CSP ein Nachwuchsproblem?
Nein, das denke ich nicht. Auch auf unserer Nationalratsliste gab es junge dynamische Kräfte, die ein angesehenes Resultat geschafft haben und ein Versprechen für die Zukunft sind. Zudem bin ich überzeugt, dass jeder von unseren Kandidaten das Profil gehabt hätte, das Wallis in Bern als Nationalrat zu vertreten.
Mäche ein Zusammenschluss von CSP und CVP nicht Sinn?
Da bin ich strikt dagegen, denn ich finde, der Zeitpunkt stimmt noch nicht für einen Zusammenschluss. Stellen wir uns einen Parteikongress vor, indem ein CSP-treuer Wähler auf einmal mit der CVP über Strategien und Prognosen diskutiert, das ist nicht umsetzbar. Vorerst zumindest nicht. Beide Parteien würden einen grossen Stamm und eine treue Wählerschaft verlieren. Es braucht beide Parteien.
Während acht Jahren im Ständerat waren Sie umgeben von CVP-Politikern. Wie viel «schwarzes Blut» fliesst nun in Ihnen?
In Bern gibt es bei den CVP-Politikern eine grosse Streuung von links nach rechts. Ich selber wurde dort vermehrt in der Mitte wahrgenommen. Die Walliser waren in der Fraktion tendenziell eher konservativ. Bei Umweltfragen sehe ich mich eher im rechten Spektrum, denn dort habe ich als Ständerat vor allem für unseren Kanton als Industriestandort politisiert. Aber zurück zu Ihrer Frage: Ich denke nicht, dass ich in den acht Jahren «schwärzer» geworden bin.
Herr Imoberdorf, mit 65 Jahren beenden Sie Ihre politische Karriere und wollen sich nun all dem widmen, das in den vergangenen Jahren zu kurz kam. Wo fangen Sie an?
Ich habe mir vorgenommen, mich nicht mehr gross zu engagieren und zu verpflichten. Auch aktive Politik werde ich mit Sicherheit keine mehr betreiben. Neben dem Sport, den ich künftig vermehrt ausüben möchte, widme ich mich der Lektüre. Darauf freue ich mich.
Zudem sollen Sie bis im März ausgelastet sein, was steht an?
Ich verreise im Januar einen Monat lang nach Kuba. Wenn ich zurückkomme, starte ich in die Vorbereitung für den «Gommer Lauf», an dem ich nächstes Jahr zum 41. Mal teilnehmen werde. Bis Mitte März habe ich deshalb volles Programm.
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Kommentare
Beobachter - ↑12↓6
Bin kein Ueli Maurer Fan, aber Recht hat er Bereff " Sauhafen CVP "
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