Frontal | Jorge Gonzalez, Catwalktrainer und TV-Juror
«Die Körperhaltung zeigt, welche Haltung man im Leben hat»
«Let’s dance»-Juror und Catwalktrainer Jorge González weilte vergangenes Wochenende in Visp. Ein Interview über High Heels, innere Haltung und was der Frohnatur Sorgen macht.
Jorge González, Sie sind vor wenigen Stunden durch den Lötschberg ins Wallis. Was waren Ihre ersten Eindrücke von unserer Region?
Ich kenne das Wallis bereits. Im letzten Jahr war ich schon einmal in Zermatt und zwar mit meinem Vater. Allerdings ist mir gerade erst klar geworden, dass ich hier in Visp so nah an Zermatt bin (lacht). Die Region hier ist wunderschön. Ich mag die Berge, die frische Luft und die tollen Aussichten. Wir kommen gerade aus Ernen, wo wir zu Abend gegessen haben. Das Essen war ebenfalls fantastisch.
Wie kam es, dass Sie mit Ihrem Vater letztes Jahr ausgerechnet nach Zermatt gefahren sind?
Letzten Sommer hat mich mein Vater in Hamburg, wo ich ja lebe, besucht. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nie live Schnee gesehen. Also sind wir nach Zermatt gefahren, damit mein Vater zum ersten Mal in seinem Leben Schnee sehen und berühren konnte. Ein toller Moment.
Wenn Sie sich entscheiden müssten zwischen Meer oder Bergen, was…
…Meer, ganz klar. Was für eine Frage (lacht). Auch wenn ich Berge mag, das Meer liebe ich. Toll ist es natürlich, wenn man eine Kombination aus beidem geniessen kann.
Sie treten gleich vor rund 200 Frauen auf, die Sie natürlich in Ihren berühmten High Heels sehen wollen. Wie viele Paar Schuhe haben Sie ins Wallis mitgebracht?
Zwei Paar.
Nur zwei Paar?
Ja. Ich bereite mich natürlich auf solche Auftritte vor. Dazu gehört auch, dass ich weiss, welche Paar Schuhe ich passend zu meinem Styling brauche, und die nehme ich dann mit. So einfach ist das.
Erzählen Sie doch einmal von Ihrem ersten Kontakt mit High Heels?
Oh, das ist schon sehr lange her. Damals auf Kuba habe ich schon als drei- bis vierjähriger Junge mit den High Heels meiner Grossmutter gespielt. Mit 17 Jahren habe ich dann richtig damit begonnen, solche Schuhe zu tragen und auch als Catwalktrainer zu arbeiten.
Womit wir bei einer der wichtigsten Fragen wären. Wie muss man auf High Heels laufen, damit man von einem echten «Chicas Walk» sprechen kann?
Wichtig ist, dass man die Schultern nach unten drückt und die Arme locker am Körper liegen. Das macht einen schönen Hals. Dann sollte man darauf achten, dass das Kinn schön oben ist und der Rücken gerade, so als wenn eine Schnur den Kopf nach oben ziehen würde. Beim Laufen setzt man die Füsse so voreinander, dass man auf einer gedachten Linie läuft. Ganz wichtig ist, dass man beim Auftreten nicht mit dem Absatz zuerst aufkommt, sondern zuerst den Fussballen aufsetzt. Das macht schöne lange Beine und reduziert auch die Belastung für die Füsse und Gelenke.
Sie haben über zehn verschiedene Jobs. Arbeiten beispielsweise als Juror bei «Let’s dance», als Kostümdesigner, vertreiben eine eigene Parfümlinie und so weiter und so weiter. Sind Sie nie müde?
Überhaupt nicht. Das liegt daran, dass ich meine Engagements nicht als Arbeit betrachte. Für meine Jobs darf ich viel reisen, interessante Leute treffen und die Leute freuen sich immer, wenn ich da bin. Es ist fast wie eine grosse Party. Aber es ist natürlich trotzdem Arbeit, denn hinter allem steckt viel seriöse Vorbereitung. Gestresst oder müde bin ich aber nicht, denn ich liebe meinen Job. Ich hatte das Glück, mein Hobby zum Beruf machen zu können.
Was macht Jorge González an seinen freien Tagen?
Die verbringe ich eigentlich ganz normal. Ich stehe auf, frühstücke und gehe mit meinem Hund Willi Gassi. Dann mache ich Sport oder verbringe die Zeit in meinem Fashion-Atelier. Ganz wichtig ist mir in meiner Freizeit, dass ich meine Freunde treffen kann. Wenn ich arbeite, fehlt dafür leider oft die Zeit.
Sie sind immer sehr gestylt. Gibt es auch Momente, in denen Sie in einem gemütlichen Trainingsanzug auf der Couch sitzen?
Natürlich. Allerdings trage ich keinen normalen Trainingsanzug. Warum wohl (lacht)? Ich mag für zu Hause zum Beispiel Kimonos. Sonst aber mache ich an einem «faulen» Tag das, was auch viele andere Menschen an solchen Tagen tun. Ich schaue zum Beispiel eine Serie im Fernsehen, spiele mit meinem Hund oder kuschle mit meinem Freund. Ganz normal eben.
Sie sind eine echte Frohnatur. Gibt es dennoch Dinge, die Sie belasten, die Ihnen Sorgen machen?
Ich denke, mich beschäftigen Dinge, über die sich viele andere Menschen auch Sorgen machen. Die terroristischen Anschläge der letzen Zeit zum Beispiel, oder das Schicksal der Menschen, die in Kriegsgebieten in Afrika oder im Nahen Osten leben. Dann beschäftigt mich auch die Situation in den USA nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten. Das sind Dinge, über die ich nachdenke, die mich auch belasten.
Sie sind diplomierter Nuklearökologe. Wie denken Sie über den Umgang der Menschen mit dem Planeten Erde?
In diesem Bereich sehe ich durchaus positive Entwicklungen. Das Verständnis vieler Menschen und damit auch der Umgang mit der Natur sind besser geworden. Auch die Kinder von heute lernen vermehrt, dass die Natur etwas Schützenswertes ist. Umso mehr verstört es mich, wenn der amerikanische Präsident plötzlich aus dem Klimaschutzabkommen aussteigt. Das ist keine gute Entwicklung. Man muss sich doch nur einmal in einer herrlichen Landschaft wie hier im Oberwallis umschauen, dann weiss man, um was es geht und was es zu schützen gilt.
Sie sind Botschafter der Tierschutzorganisation Peta. Welche Rolle spielen Tiere in Ihrem Leben?
Eine sehr grosse Rolle. Ich habe immer schon Tiere gehabt. Als Kind hatten wir 14 Katzen und immer einen Hund. Einen Hund habe ich ja noch heute und ich muss sagen: «Willi ist meine Liebe.» Ich mag alle Tiere. Heute zum Beispiel habe ich mich über die wunderschönen Kühe hier gefreut. Kühe finde ich tolle Tiere. Diese Faszination habe ich von meinem Vater.
Wie kam es dazu?
Als ich letztes Jahr mit meinem Vater hier war, war er fasziniert von den hiesigen Kühen. Auf Kuba sind die Kühe eher dünn und schmächtig, ganz im Gegensatz zu hier, wo die Tiere kräftig sind und vor Gesundheit und Lebenskraft nur so strotzen. Ausserdem sind Tiere in der Landschaft immer ein Zeichen dafür, dass es der Natur gut geht. Das mag ich sehr.
In Ihrer «Chicas Walk Academy» lehren Sie die Teilnehmerinnen, dass es beim Tragen von High Heels um mehr geht als nur um den richtigen Gang. Was meinen Sie damit?
Wenn ich den «Chicas Walk» unterrichte, versuche ich immer zu vermitteln, dass es um mehr geht als nur um reines Laufen. Es geht um Balance zwischen dem Inneren und dem Äusseren. Schöne Schuhe und tolle Kleider reichen nicht. Um wahrgenommen zu werden, muss man auch seine Persönlichkeit in Szene setzen. Gleichzeitig spiegelt der Gang eines Menschen auch, wie der durchs Leben geht. Haltung ist wichtig, die Körperhaltung zeigt, welche Haltung man im Leben hat. Viele Frauen haben Probleme mit der Körperhaltung. Grund dafür ist aber nicht eine fehlende Technik, sondern mangelndes Selbstbewusstsein. Man muss überzeugt sein, dass man gut ist, so wie man ist. Dann klappt es auch mit der äusseren Körperhaltung. Besonders bei jungen Frauen finde ich es wichtig, diese Sichtweise zu transportieren. Wer mit sich im Reinen ist, der wirkt auch nach aussen hin attraktiv.
Jeder Mensch kann also schön sein, wenn nur die innere Haltung stimmt?
Ja, auf jeden Fall. Schönheit liegt bekanntlich ja auch immer im Auge des Gegenübers. Jeder Mensch findet etwas anderes schön. Das sieht man ja schon daran, dass die Schönheitsideale in verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich sind. In Europa gelten sehr dünne Frauen als attraktiv. In Lateinamerika müssen die Frauen dagegen kurvig sein, um als schön zu gelten. Ich versuche daher, in jedem Menschen etwas Schönes zu finden. Und wenn man genau hinschaut, so findet man auch immer etwas.
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