Interview | 10 Jahre Stefanie Heinzmann

«Die Dramen der Jugend sind vorbei»

Stefanie Heinzmann ist auch nach zehn Jahren im Musikgeschäft weiterhin erfolgreich unterwegs.
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Stefanie Heinzmann ist auch nach zehn Jahren im Musikgeschäft weiterhin erfolgreich unterwegs.
Foto: Sebastian Magnani Universal Music

Quelle: RZ 0

Musikerin Stefanie Heinzmann (29) will im Herbst ein neues Album veröffentlichen. Auch zehn Jahre nach ihrem Durchbruch läuft es für die Powerfrau aus Eyholz noch so richtig rund. Ein Interview über ihr neustes Werk, die Entwicklungen in der Musikbranche und ihre Ziele für die kommenden zehn Jahre.

Stefanie Heinzmann, was liegt bei Ihnen ­gerade so an?
Jetzt wieder viel Arbeit. Die letzten drei Monate habe ich mir eine Auszeit genommen. Diese habe ich im Wallis verbracht und dabei praktisch keinen Ton gesungen (lacht). Letztes Wochenende aber stand ich dann in Andermatt wieder auf der Bühne. Ab April heisst es dann wieder Lieder für das neue Album schreiben und schon bald geht es dann ins Studio, um die Songs aufzunehmen.

Das Album soll dann im Herbst erscheinen. Auf was können sich Ihre Fans freuen?
Das ist im Moment noch schwer zu sagen. Wir haben zwar schon ein paar Songs geschrieben. Mit denen bin ich auch sehr zufrieden. Aber alles ist noch sozusagen im «Demo-Status». Jetzt geht es erst einmal darum, alle Songs zu sammeln. Erst dann stelle ich mir die Frage nach dem Sound.

«Die letzten drei Monate habe ich mir eine Auszeit genommen»

Ich denke aber, dass ich der Entwicklung, die sich schon auf dem letzten Album erkennen lässt, zum Beispiel im Song «In the End», treu bleiben werde. Das heisst, ich bleibe facettenreich, aber der Soul darf natürlich nicht fehlen. Man könnte sagen, dass das neue Album vielfältigen Pop enthalten wird.

Freuen Sie sich auf die Arbeit im Studio oder ist es eher ein Muss?
Für mich ist es eher ein Muss. Dank meines Teams gibt es natürlich auch dort viele gute Momente, dennoch finde ich die Studioarbeit eher schwierig im Vergleich zu Live-Auftritten.

Warum das?
Es fällt schwer, ein Ende zu finden. Man könnte hundert Jahre an den Songs herumbasteln, hier noch etwas verändern, dort noch etwas verbessern. Doch wann ist man fertig? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, dennoch muss man ja irgendwann fertig werden. Auf der Bühne hingegen ist alles spontaner und intuitiver. Das liegt mir eindeutig mehr.

Vor zehn Jahren wurden Sie quasi über Nacht berühmt, als Sie in der Show von Stefan Raab gewannen. Viele andere Casting-Show-Gewinner sind schnell aus dem Rampenlicht verschwunden. Was war und ist Ihr Erfolgs­rezept?
Ich denke, dass hier viele Faktoren zusammenkommen. Einerseits war mein Karrierestart schon sehr gut. Will heissen, Stefan Raab hat mir den Weg gut geebnet. Zum Beispiel hatte ich nicht diesen «Casting-Stempel» auf der Stirn. Dann verdanke ich meinen Erfolg natürlich auch meiner Band und meinem Team, insbesondere meinem Bruder, der mich seit zehn Jahren immer toll unterstützt. Dann habe ich immer versucht, dranzubleiben und seriös zu arbeiten. Aber ich muss auch sagen: Es gehört auch eine gewaltige Portion Glück dazu. Viele grossartige Künstler waren zur falschen Zeit am falschen Ort und sind darum nie bekannt geworden. Ich hingegen hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Wie sehen Sie Ihre musikalische Entwicklung in den letzten zehn Jahren? Was machen Sie heute anders als damals?
Ich war damals 18 Jahre und war Knall auf Fall plötzlich ein Popstar. Das hiess direkt ins Studio und Songs aufnehmen, alles in kürzester Zeit. Damals habe ich einfach so mitgemacht, ich wusste ja nicht, wie der Hase läuft (lacht). Heute arbeite ich viel bewusster, was natürlich der gesammelten Erfahrung geschuldet ist. Entsprechend habe ich auch viel mehr selbst in der Hand. Heute höre ich viel mehr auf mich selbst und auf das, was mir Spass macht. Ich bin viel sicherer geworden.

Man sagt, das Showbusiness mache hart. Sind Sie härter geworden?
Härter würde ich nicht sagen. Aber ich habe das Business natürlich kennengelernt. Am Anfang war ich sehr beeindruckt von der ganzen Maschinerie. Alle, die ich traf, wussten vermeintlich besser als ich, was ich tun sollte. Irgendwann aber merkte ich dann, dass dem nicht so ist. Für mich hiess das, dass ich begann, mehr auf mich zu hören und zunehmend eigene Entscheidungen zu treffen. So gesehen bin ich nicht härter geworden, aber abgeklärter.

Wie haben Sie den Wandel in der Musik­branche erlebt? Die CD-Verkäufe sind stark zurückgegangen, Streaming-Dienste haben massiv an Bedeutung gewonnen.
Als vor zehn Jahren meine Karriere begann, war der Wandel schon recht stark am Laufen, will heissen, dass es schon damals einiges schwerer war, mit Alben Geld zu verdienen, als es dies vielleicht noch um die Jahrtausendwende war. Was sicher grossen Einfluss auf die Branche hatte, war die Möglichkeit, dank des mobilen Internets überall und unbegrenzt Musik von verschiedensten Interpreten konsumieren zu können. Das führte auch für mich zu Fragen wie: «Lohnt es sich überhaupt noch, ein ganzes Album herauszubringen oder setze ich besser auf einzelne Songs?» Diese Entwicklung hält natürlich noch an und ich stelle fest, dass die Branche noch nicht alle Antworten darauf gefunden hat, wie sie mit diesem Wandel umgehen soll und kann. Andererseits können solche Entwicklungen viel Potenzial freisetzen. Persönlich trifft mich dieser Wandel jedoch nicht so stark, da ich Alben vornehmlich produziere, um live spielen zu können. Das ist am Ende auch das, von dem ich lebe und was mir am meisten Spass macht. Deshalb rege ich mich nicht über sinkende Albumverkaufszahlen auf. Dennoch ist es natürlich schade, weil es zeigt, dass die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern an Wert verloren hat. Aber so ist die Welt nun einmal, sie verändert sich und man muss sich anpassen.

Viele Studios und Produzenten sind dazu übergegangen, Lieder ohne Intros zu produzieren, weil auf den Streaming-Diensten ein Lied schnell weggeklickt wird, wenn es nicht in den ersten Sekunden gefällt. Gehen Sie bei Ihren Songs diesen Trend mit?
Das ist in der Tat eine negative Entwicklung, die ihren Ursprung in der Digitalisierung hat. Ein Lied muss innert Sekunden überzeugen, sonst ist es durchgefallen. Das zeigt, dass die Menschen sich auch für Musik nicht mehr Zeit nehmen wollen, dass auch hier alles schnell gehen muss. Ich versuche beim Schreiben meiner Lieder, nicht drauf zu schauen, dass ich möglichst kurze Intros habe. Geht es dann aber ans Produzieren, macht man sich plötzlich doch Gedanken, ob man mit einem langen Intro nicht ein Risiko eingeht. Das veränderte Konsumverhalten hat leider schon einen gewissen Druck erzeugt.

Kommendes Jahr werden Sie 30. Merken Sie, dass sich das Wilde, das Jugendliche langsam verabschiedet?
Ich habe keine Angst vor der 30. Aber ich merke natürlich, dass ich älter werde. Ich glaube aber, dass es mir recht gut gelungen ist, das Jugend­liche in mir zu bewahren. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich in vielen Dingen reifer geworden bin. Diese Mischung gefällt mir recht gut. Die Dramen der Jugend sind vorbei, das Selbstvertrauen ist einiges grösser als vor zehn Jahren und man lernt sich immer besser kennen. Diese Aspekte des Älterwerdens finde ich durchaus positiv. Aber ich finde auch wichtig, dass man das Kind in sich bewahrt.

Haben Sie sich Ziele für die kommenden zehn Jahre gesetzt?
Nicht wirklich, denn das hat die letzten zehn Jahre auch nicht funktioniert (lacht). Nein im Ernst, ich lasse die Dinge gerne auf mich zukommen. Im besten Fall habe ich dann Kinder, das ist ein grosser Wunsch von mir. Und vielleicht mache ich noch Musik, vielleicht aber auch nicht. Was ich in näherer Zukunft aber wirklich gerne einmal machen würde, ist den Kilimandscharo zu besteigen. Das ist so ein Ziel von mir.

Wann kommen Sie wieder einmal für einen Auftritt in Wallis?
Dieses Jahr spielen wir ein paar Konzerte mit Liedern aus den vergangenen zehn Jahren, leider keines im Wallis. Daneben arbeiten wir wie gesagt am neuen Album. Eine grosse Tour folgt dann im nächsten Jahr.

Martin Meul

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Infos

Zur Person

Vorname Stefanie
Name Heinzmann
Geburtsdatum 10. März 1989
Familie ledig
Beruf Sängerin, Musikerin
Hobbies Lesen, Sport, Wandern

Nachgehakt

Das neue Album wird das beste von mir 
bis jetzt.
Ja
In zehn Jahren wird es keine CDs 
mehr geben.
Joker
Ich habe Angst, dass ich mich eines Tages 
wieder an den Stimmbändern operieren 
lassen muss.
Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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