Frontal | Urs Zurbriggen, CEO My Leukerbad AG
«Die Berge und die Natur sind unser Kapital»
Seit dem 1. November 2019 ist Urs Zurbriggen zuständig für die touristische Entwicklung der Ferienregion Leukerbad. Im Gespräch mit der RZ blickt er auf seine ersten 100 Tage im Amt als Geschäftsführer der My Leukerbad AG zurück.
Herr Zurbriggen, wie sind Sie als Saaser von den Badnern aufgenommen worden?
Ich bin sehr gut aufgenommen worden, sowohl von den Mitarbeitenden und den Leistungsträgern als auch von den Einheimischen. Zudem fühle ich mich hier schon sehr daheim, trotz des Spagats zwischen meiner Familie im Saastal und der Arbeit in Leukerbad.
Seit 100 Tagen führen Sie als CEO die sechs Gesellschaften der My Leukerbad AG – die Torrent Bahnen, den Snowpark, die Leukerbad Therme, die Sportarena, die Tourismusorganisation und die Verkehrsbetriebe LLB. Welches sind bislang Ihre Erkenntnisse?
Was die Betriebsführung der sechs Gesellschaften anbelangt, müssen wir effizienter werden und den Mitarbeitenden vermitteln, dass wir eine einzige Unternehmung sind und nicht mehr sechs verschiedene. Hier gilt es, das «Wir-Gefühl» zu stärken und die interne Kommunikation zu verbessern.
Wie soll das gehen? Haben Sie da ein Beispiel?
Indem wir den Mitarbeitenden der sechs Gesellschaften mittels einer App, die wir auf Ende Februar einführen werden, innert nützlicher Frist Informationen zu den Leistungsangeboten liefern, sodass beispielsweise ein Angestellter der Torrent Bahnen eine Gästeanfrage zur Leukerbad Therme gleich vor Ort beantworten kann.
Im touristischen Bereich arbeiten Sie mit den Destinationsgemeinden, Leuk Tourismus und Naturpark Pfyn-Finges zusammen. Sehen Sie sich dabei als Zugpferd?
Es ist schon wichtig, dass man aus touristischer Sicht Leukerbad als Zugmarke sieht. Das heisst nicht, dass die anderen umliegenden Gebiete und Dörfer im Bezirk keine interessanten Angebote haben. Aber es ist wesentlich schwieriger, ein Dorf wie beispielsweise Varen oder Albinen zu vermarkten, als eine Destination wie Leukerbad. So gibt es eine Studie von Valais/Wallis Promotion, die besagt, dass in Sachen Bekanntheit Leukerbad bei Schweizer Gästen hinter Zermatt auf Platz zwei der Walliser Destinationen liegt, was in der Tat sehr positiv ist. Nur ist von der Geschichte her das Image nicht immer positiv.
Um einen Imagewechsel zu schaffen, woran arbeiten Sie konkret?
Im Projekt «Masterplan Leukerbad» werden wir auf die nächste Wintersaison einen neuen Markenauftritt realisieren. So steht auch ein neues Logo zur Diskussion, mit dem wir die Zielgruppen besser ansprechen wollen. Zudem werden wir im Herbst 2020 eine komplett neue Webseite aufschalten mit dem Ziel, die Vermarktung und Kommunikation zu verbessern.
Was als Tourismusort, der 365 Tage Gäste zu betreuen hat, sicher nicht einfach ist. Oder wie sehen Sie das?
Als Ganzjahresdestination haben wir tatsächlich eine breite Tourismusbasis. Je nachdem, welche Leistungsträger ich frage, bekomme ich auch eine andere Antwort. Diese Vielfältigkeit der Zielgruppen ist grundsätzlich nicht schlecht, aber es erschwert natürlich die Vermarktung. Wir haben sehr beschränkte Marketingmittel und müssen uns auf zwei bis drei Zielgruppen konzentrieren. Im Rahmen des Masterplans werden wir die neue Destinationsstrategie mit Zielgruppen festlegen.
Vor Ihrer Zeit wurde über die Ausweitung auf die Asienmärkte gesprochen. Ist dies weiterhin ein Thema?
Als Destination haben wir uns als Ziel gesetzt, bei den Logiernächten in den nächsten fünf Jahren einen Zuwachs von 20 Prozent zu erzielen. Dieses Wachstum können wir nicht alleine über die inländischen Gäste schaffen. Der internationale Tourismus ist extrem am wachsen, sodass wir uns dem nicht verschliessen wollen und auch Angebote für Gäste aus dem asiatischen Raum schaffen, insbesondere in der Nebensaison.
Ein aktuelles Thema rund um den asiatischen Raum ist das Coronavirus. Beschäftigt Sie das auch als Touristiker?
Ja sicher. Knapp 5 Prozent unserer Gäste kommen aus dem asiatischen Raum. Ein Teil davon aus China. Klar ist, wenn diese Gäste wegen des Virus ausbleiben, kann dies nicht rasch kompensiert werden. Daher stehen wir in engem Austausch mit der Matterhorn Region AG, die unsere Interessen in China und Asien vertritt und uns über die Entwicklungen auf dem Laufenden hält. Im Moment gibt es kaum Stornierungen, weil die asiatischen Gäste zur Winterzeit nicht so häufig reisen. Sollte sich die Lage bis zur beliebten Reisezeit im Mai und Juni nicht erholen, so werden wir dies sicher zu spüren bekommen.
Seit letzten Sommer bieten Sie nebst der «Leukerbad Card 365» auch den «Magic Pass» an. Konkurrenziert man sich damit nicht selbst unnötigerweise?
Grundsätzlich ergänzen sich beide Produkte, weil jedes Angebot eine andere Zielgruppe hat. Der «Magic Pass» spricht vor allem Schneesportler aus dem Waadtland, Freiburg, Genf und Unterwallis an. Mit dessen Einführung ging man tatsächlich davon aus, dass der Verkauf der 365-Karte zurückgehen wird. Dies ist aber nicht der Fall. Denn die 365-Karte ist eher geeignet für Zweitwohnungsbesitzer, für Leute aus der Region sowie dem Oberwallis und für Gäste, die zwei- bis dreimal im Jahr für einige Tage nach Leukerbad in die Ferien kommen und das gesamte Angebot der Destination nutzen möchten.
Auf Torrent wurde mit der Beschneiungsanlage ein Millionenprojekt realisiert. Ist eine solche Investition überhaupt sinnvoll?
Es ist klar, wer im Winter Ski fahren gehen will, der erwartet heutzutage, dass der Schnee auch da ist. Mit der rund 10 Millionen Franken teuren Beschneiungsanlage können wir diese Schneesicherheit nun bieten. Ohne die technische Beschneiung hätten wir dieses Jahr nur einen Teil der Pisten öffnen können. Wir haben sehr viele positive Feedbacks über die Pistenqualität erhalten und die Leute schätzen es, dass wir nebst einem sonnigen jetzt auch ein sehr schneesicheres Skigebiet bieten können.
Was aber nicht zwingend ökologisch ist.
Einen minimen Einfluss auf das Ökosystem wird eine Beschneiungsanlage sicher haben. Wer jedoch ein Gebiet touristisch nutzen will, definiert von vornherein, wo er das tun möchte. Hier in Leukerbad wurde das Torrentgebiet festgelegt, sodass wir dieses auch beschneien können.
Den Umweltverbänden ist im Zusammenhang mit der Beschneiungsanlage die beiden Rohre bei den Albinen-Leitern ein Dorn im Auge. Diese sollten eigentlich schon seit Längerem entfernt werden. Dennoch hängen sie weiter.
Es ist nicht das Projekt der My Leukerbad AG, sondern der Torrent Bahnen AG als Infrastrukturgesellschaft. Meines Wissens ist man dabei, diese Angelegenheit zu regeln. Denn es ist klar, dass man dies wie ein Klotz mitschleift und daher sauber aufgeräumt werden muss.
Zurück zu Ihrer Arbeit als CEO. Was soll unter Ihrer Federführung geschaffen werden?
Die Einzigartigkeit vom Leukerbad ist das natürliche Thermalwasser in Produktekombination mit Schnee, Bergen und Indoor-Sportmöglichkeiten. Mit der Beschneiungsanlage und dem «Magic Pass» haben meine Vorgänger auf dem Berg etwas geschaffen, das im Winter gut funktioniert. Dies zeigen die Gäste- und Verkaufszahlen. Im Sommer hat dies noch Ausbaupotenzial. Wir haben zwar einen Flowtrail und Wanderwege, aber ein Ansturm von Gästen haben wir deswegen nicht. Dies will ich stärken.
Anlagen wie die Sportarena oder die Torrent Bahnen erfordern in den nächsten Jahren weitere Investitionen. Rechnet man in Leukerbad auch mit einem Investor, wie es aktuell im Saastal der Fall ist?
Es ist immer ein zweischneidiges Schwert mit Investoren. Saas-Fee und Montana sind da zwei Beispiele. Einerseits ist man froh, wenn jemand kommt und Millionen bringt. Andererseits investiert heutzutage keiner mehr viel Geld, um danach nicht mitbestimmen zu wollen. Aktuell sind wir nicht in der Phase, dass wir das Thema Investorsuche aktiv angehen. Was aber ein Thema für den Verwaltungsrat und nicht für die operative Geschäftsführung wäre.
Der Entscheid des Staatsrates, dass Organisationen wie die Pro Natura bei der Erschliessung von Bikewegen nicht zur Einsprache berechtigt seien, sorgte kürzlich für Diskussionsstoff. Kommt Ihnen der Entscheid entgegen?
Die Berge und die Natur sind unser Kapital. Wenn wir von einem gesamtheitlichen Tourismus reden, so ist es die Stärke des Wallis, eine sehr intakte Natur zu haben. Daher verstehe ich die Umweltschützer bis zu einem gewissen Grad, indem sie sagen, dass sie kein Disneyland in den Bergen wollen. Aber es kann auch nicht sein, dass man mit aller Kraft touristische Entwicklungen zu verhindern versucht. Den Entscheid nehmen wir zur Kenntnis und werden weiterhin innerhalb der Rahmenbedingungen unsere touristische Arbeit machen.
So auch ein Festhalten am Ausbau des Bikewegnetzes?
Ja, denn wir haben immer gesagt, dass für uns Biken ein wichtiges, aber ein ergänzendes Angebot ist. Es wäre aber vermessen zu behaupten, dass wir zu einem Bikezentrum werden. Denn dafür müssten wir ganz andere finanzielle Mittel und ein anderes Bikegelände haben.
Was wünschen Sie sich für die Destination Leukerbad in den kommenden Jahren?
Die Destination Leukerbad sowie der gesamte Bezirk verfügen über ein einzigartiges Potenzial, um im Tourismus ganzjährig erfolgreich zu sein. Albert Einstein soll einst gesagt haben: «Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und dabei andere Ergebnisse zu erwarten.» Mit der Rettung der Torrent Bahnen, der Gründung der My Leukerbad AG und der Lancierung vom Masterplan ist die Basis geschaffen. Nun wünsche ich mir eine innovative Destination Leukerbad, die diesen Elan mitnimmt und mit einem neuen Auftritt und konstruktiver Zusammenarbeit in eine erfolgreiche Zukunft gehen kann.
Thomas Allet
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar