Frontal | Daniel Albrecht im Gespräch

«Der Skiverband sollte vermehrt ­ehemalige Rennläufer einbinden»

Daniel Albrecht stand während der Ski-WM in St. Moritz als «Blick»-Kolumnist im Einsatz.
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Daniel Albrecht stand während der Ski-WM in St. Moritz als «Blick»-Kolumnist im Einsatz.
Foto: RZ

Daniel Albrecht: «Man darf sich von der WM-Ausbeute nicht blenden lassen.»
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Daniel Albrecht: «Man darf sich von der WM-Ausbeute nicht blenden lassen.»
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Daniel Albrecht: «Meine kleine ­Tochter hält mich ganz schön auf Trab.»
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Daniel Albrecht: «Meine kleine ­Tochter hält mich ganz schön auf Trab.»
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Daniel Albrecht (34) strahlt: Der frischgebackene Familienvater zieht mit seiner Familie Ende März in sein neues Haus. Der frühere Skirennläufer spricht im Frontalinterview über Familie, Karriere und Zukunftspläne.

Sie waren an der Ski-WM live vor Ort und haben die Rennen mitverfolgt. Wären Sie in Kitzbühel 2009 nicht so schwer gestürzt, wären Sie vielleicht in St. Moritz noch selbst mitgefahren…
Mein Rücktritt ist doch schon ein paar Jahre her und man distanziert sich innerlich relativ schnell vom Spitzensport. Insofern tut es auch nicht weh, dass ich nicht mehr aktiv mitfahren kann. Einzig das Fahrgefühl auf den perfekt präparierten Rennpisten vermisse ich. Aber wenn man weiss, wie viel Arbeit und Training notwendig sind, um an der Spitze mitzufahren, dann bin ich froh, dass ich nicht mehr dabei bin.

Das Schweizer Team konnte mit sieben Medaillen fast wieder an die Erfolge der vergangenen erfolgreichen Tage anknüpfen. Waren Sie überrascht von der Medaillenausbeute?
Absolut. Die Schweizer Mannschaft hat eine sehr gute Leistung abgeliefert. Im Vorfeld der Weltmeisterschaften konnte man nicht so viele Medaillen erwarten. Kommt dazu, dass mit Lara Gut eine potenzielle Medaillengewinnerin verletzungsbedingt ausgefallen ist. Umso wertvoller ist die Schweizer Gesamtleistung einzuordnen.

Trotzdem haben Sie nach der WM die Ver­antwortlichen bei Swiss-Ski in die Pflicht ­genommen…
Der Schweizer Skiverband darf sich von dieser Medaillenausbeute nicht blenden lassen. Abgesehen von der WM haben wir bei den Herren in dieser Saison gerade mal fünf Podestplätze herausgefahren. Das muss zu denken geben. Darum ist es wichtig, sich nicht auf den WM-Lorbeeren auszuruhen und weiterhin hart zu arbeiten.

Gegenüber Skiboss Urs Lehmann haben Sie angeregt, sich öfters die Meinung von ehemaligen Skirennfahrern einzuholen. War das ein Bewerbungsangebot als Trainer bei Swiss-Ski?
Nein, nicht wirklich. Ich bin aber der Meinung, dass der Verband vermehrt ehemalige Rennläufer einbinden sollte. Wenn zum Beispiel ein ehemaliger Rennfahrer wie Didier Cuche nach seinem Rücktritt zwei, drei Jahre bei der Mannschaft bleibt und seine Erfahrungen weitergibt, bringt das mehr als mancher Trainer am Berg. Auch ich werde immer wieder von jungen Rennfahrern kontaktiert und um Rat gefragt. Ich gebe zwar gerne Ratschläge, aber bei vielen Problemen kann ich ausserhalb des Verbandes nichts ausrichten. Das ist das Dilemma.

Würde Sie ein Trainerjob denn reizen?
Ich bin momentan dabei, die dreijährige Trainer­ausbildung zu absolvieren. Allerdings wäre es für mich in der momentanen Situation schwierig, einen Trainerjob bei Swiss-Ski zu übernehmen. Der Grund ist ganz einfach: Ich habe jetzt eine kleine Tochter. Darum möchte ich natürlich möglichst viel Zeit mit meiner Familie verbringen und bin weniger flexibel. Nach meinem Rücktritt hätte ich mir die Arbeit als Trainer bei Swiss-Ski vorstellen können. Heute haben sich die Vorzeichen leicht geändert. Was mich allerdings reizen würde, wäre die Strukturen beim Verband mitzuentwickeln und meine Erfahrungen einzubringen.

Während der WM haben Sie als «Blick»-Kolumnist gearbeitet und den Skigrössen dabei auf den Zahn gefühlt. Würde Sie die Arbeit in der Medienbranche reizen?
Ich glaube eher nicht. Es war zwar eine interessante Erfahrung für mich, einmal in die andere Rolle zu schlüpfen und den Blick von aussen auf die Skirennsportler zu richten. Zudem habe ich auch viele Rennfahrerinnen und Rennfahrer getroffen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Insofern war es sicher eine schöne und kurzweilige Arbeit. Aber fix als Medienprofi zu arbeiten, ist eher nichts für mich.

Wie stark verfolgen Sie den Skizirkus ­während der Saison?
Zwischendurch schaue ich mir gerne ein Rennen am Fernsehen an oder informiere mich in den Zeitungen und Online-Portalen über den aktuellen Stand. Vor allem der Nachwuchs­bereich interessiert mich sehr.

Der WM-Rummel ist vorbei. Haben Sie jetzt wieder mehr Zeit für Ihre Familie?
Ich hoffe doch. Ich bin zwar viel unterwegs, aber ich verbringe auch viel Zeit zu Hause. Nach meiner zweiwöchigen Absenz in St. Moritz war ich glücklich, meine Frau und meine kleine Tochter wieder in die Arme zu schliessen. Es brauchte allerdings ein bisschen Zeit, bis sich meine Tochter wieder an mich gewöhnt hatte (lacht).

Im November vergangenen Jahres kam Maria auf die Welt. Kommt Sie nach dem Vater?
Ab und zu habe ich das Gefühl, sie könnte mir «nachschlagen». Auch in ein paar Äusserlichkeiten erkenne ich mich durchaus wieder. Sie ist sehr aufgeweckt und hält uns alle auf Trab.

Was hat sich seither in Ihrem Leben verändert?
Mit der Geburt unserer Tochter hat sich mein Leben um 180 Grad gedreht. Früher war ich voll auf den Sport, meine Projekte und die Ausbildungen fokussiert und hatte keine Zeit, mich um andere Dinge zu kümmern. Jetzt steht vor allem die Familie im Mittelpunkt. Zudem ziehen wir auf Ende März in unser neues Haus in Fiesch. Auch unsere zwei Hunde nehmen viel Zeit in Anspruch.

Wie gibt sich Daniel Albrecht als Familienmensch? Gehen Sie Ihrer Frau Kerstin auch mal im Haushalt zur Hand?
Ja, auf alle Fälle. Wir sind ein eingespieltes Team und haben das Glück, dass wir viel von zu Hause aus arbeiten können. Zurück zur ­Frage: Wir teilen uns auch die Arbeit im Haushalt auf. Ich staubsauge zum Beispiel nicht ungern. Um nicht ständig das Kabel ein- und auszustecken, habe ich einen Staubsauger gekauft, der mit einem Akku läuft. Jetzt will meine Frau auch staubsaugen (lacht). Aber auch am Herd mache ich keine schlechte Figur. Und ich kümmere mich natürlich auch um unsere Tochter.

Sie haben im November 2015 an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften die Mentaltrainer-Ausbildung abgeschlossen. Unterstützen Sie andere Athleten in diesem Bereich?
Ich habe die Ausbildung gemacht, um die ­Theorie mit der Praxis zu vergleichen. Während meiner Aktivzeit haben mir Trainer und Ärzte immer wieder gesagt, dass ich mental sehr stark sei. Darum wollte ich aus Eigeninteresse mal erfahren, was es mit der mentalen Stärke auf sich hat. Dabei bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass ich tatsächlich mental sehr stark bin. Ob ich diese Erfahrungen in Zukunft an andere Athleten weitergeben will, wird sich zeigen.

Auch mit Ihrer Modemarke «Albright» sind Sie gut unterwegs. Wie viel Albrecht steckt in «Albright»?
Die Marke «Albright» ist eine GmbH, die zu 100 Prozent mir gehört. 2018 feiert die Marke ihr zehnjähriges Bestehen. Ich habe in Zusammen­arbeit mit Designern und Produzenten die Marke kreiert. Zudem konnte ich mit Ochsner Sport auf einen erfahrenen Sportartikelverkäufer zurückgreifen. Wir sind ein Team, das gut funk­tioniert. Jeder bringt sein spezifisches Fachwissen ein. Das zehnjährige Bestehen nehme ich für mich zum Anlass, eine Bestandesaufnahme zu machen und zu definieren, wie sich das Ganze entwickeln soll. Ich habe mich diesbezüglich noch nicht entschieden. Was ich sagen kann, ist einzig, dass ich auch nicht länger als zehn Jahre Ski gefahren bin.

Mit anderen Worten, Sie ziehen sich aus dem Modegeschäft zurück?
Das lasse ich offen. Wie gesagt, ich habe mich noch nicht festgelegt.

Sie sind viel unterwegs, referieren vor Publikum und erzählen Ihre bewegende Geschichte. Gibt es dabei auch emotionale Momente, wenn Sie über Ihren Sturz erzählen?
Natürlich erlebe ich bei den Vorträgen emotionale Momente, aber nicht so, dass ich jetzt in Selbstmitleid versinken würde. Die Zuhörerinnen und Zuhörer erfahren meine Lebensgeschichte mit allen Hochs und Tiefs, die der Skirennsport mit sich bringt. Wenn ich dabei die Bilder vom Sturz zeige oder wie ich später in der Klinik in Innsbruck im Koma liege, sind das zwar immer noch sehr bewegende Momente. Aber es ist mehr die musikalische Untermalung als die Bilder an sich, die mich emotional berühren. Ganz einfach deshalb, weil ich damit grosse sportliche Momente verbinde, wie ich im Starthaus stehe, mich voll auf die Rennen fokussiere und alles andere ausblende. Das bleibt mir immer in Erinnerung.

Mit Ihrer Organisation «Never give up» ­helfen Sie Menschen in schwierigen Lebenslagen und unterstützen wohltätige Projekte. Eine Herzensangelegenheit?
Ich mache viele Charity-Aktionen, bei denen ich hilfsbedürftige Menschen unterstützen kann. Ich hatte bei der Organisation «Never give up» noch zwei Geschäftspartner. Allerdings haben wir kürzlich entschieden, die Organisation in ihrer jetzigen Form als GmbH aufzulösen. Die Schlussspende über 25 000 Franken ging an einen Jungen, der sich beim Skifahren eine Querschnittlähmung zugezogen hat. Ich werde aber auch in Zukunft mit «Never give up» karitativ ­tätig sein.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Daniel
Name Albrecht
Geburtsdatum 23. Mai 1983
Familie verheiratet, eine Tochter
Beruf selbstständig
Hobbies meine zwei Hunde, Sport allgemein
Ich werde alles unternehmen, damit meine Tochter später Skirennfahrerin werden will. Nein
Ich habe mich mit der Streif versöhnt. Ja
Als Referent bin ich genauso gut wie früher als Skirennfahrer. Nein
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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