Frontal | Madlen und Diego Wyssen, Eringerzüchter

«Beim Nationalen Stechfest sind viele Emotionen im Spiel»

Diego und Madlen Wyssen mit «Tzigane», der «Reine des Reines 2017».
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Diego und Madlen Wyssen mit «Tzigane», der «Reine des Reines 2017».
Foto: RZ

Diego Wyssen: «Die Unterwalliser geben den Titel ungern her.»
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Diego Wyssen: «Die Unterwalliser geben den Titel ungern her.»
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Madlen Wyssen: «Die Eringerzucht ist ein Modetrend.»
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Madlen Wyssen: «Die Eringerzucht ist ein Modetrend.»
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Quelle: RZ 0

Sie haben erreicht, wovon viele Eringerzüchter träumen. Mit «Tzigane» wurde ein Tier aus der Stallung von Madlen (45) und Diego Wyssen (45) die «Reine des Reines». Auch dieses Jahr will es «Tzigane» wissen.

Vor einem Jahr wurde «Tzigane» zur «Reine des Reines» gekürt. Haben Sie damit gerechnet?
Diego Wyssen: Nein. Wir hatten eigentlich keine grossen Erwartungen, schon allein deshalb, weil viele Favoritinnen im Ring standen. Umso überraschter waren wir, dass «Tzigane» den Titel gewinnen konnte.
Madlen Wyssen: Eigentlich haben wir gehofft, dass «Tzigane» aufgrund ihres Gewichts in der zweiten Kategorie eingeteilt wird. Da sie aber zu schwer war, musste sie in der ersten Kategorie antreten. Darum haben wir uns keine grossen Hoffnungen gemacht, dass sie ins Finale kommt.

Sie war nicht nur Finalistin, sondern hat den Titel «Reine des Reines» geholt. Beschreiben Sie Ihre Emotionen...
Diego Wyssen: Anfangs hatte ich ein mulmiges Gefühl, weil sie durch die vorangegangenen Kämpfe am Kopf verletzt war. Zudem war sie müde. Als sie sich dann aber im Finale durchgesetzt hat, war das natürlich ein unbeschreiblicher Moment.
Madlen Wyssen: Ich war in der Jury, aber während «Tzigane» im Ring stand, bin ich in den Ausstand getreten. Das hat mich auch ein wenig abgelenkt. Dass sie das Nationale gewonnen hat, habe ich erst später realisiert.
Diego Wyssen: Mir ging es genauso. Nach dem Wettkampf ist man aufgewühlt und kann den Erfolg gar nicht richtig geniessen. Erst ein paar Tage später wird es einem so richtig bewusst.

Worin liegt der Reiz, Eringer zu züchten und in die Stechkampfarena zu führen?
Diego Wyssen: Schon mein Grossvater und mein Vater waren begeisterte Züchter. Dadurch kam ich schon früh mit den Tieren in Kontakt. Schliesslich habe ich von meinem Vater die Tiere übernommen und mich der Eringerzucht verschrieben.
Madlen Wyssen: Wir hatten daheim auch eine Landwirtschaft. Weil es eine strenge Arbeit war, wollte ich nie einen Bauern heiraten. Aber wie man sieht, ist es anders gekommen (lacht). Aber ich habe mich sofort für das welsche Vieh interessiert und mache die Arbeit gerne.

Wie bringen Sie Beruf und Leidenschaft unter einen Hut?
Diego Wyssen: Wir haben 27 Tiere, das ist ein sehr zeitaufwendiges Hobby. Aber auch ein guter Ausgleich zum Alltag.
Madlen Wyssen: Der viel Arbeit macht. Aber wenn die Tiere an einem Stechfest Preise holen oder sogar gewinnen wie «Tzigane» am Nationalen Stechfest, ist das eine grosse Genugtuung für den Aufwand, den wir das ganze Jahr über haben. «Wennt äs Gloggulti machscht, hesch eifach ä hüäru Freid.»
Diego Wyssen: Die Tierhaltung ist auch nicht zu unterschätzen. Die Eringer sind sehr sensible Tiere und brauchen darum viel Pflege.

Was bedeutet es Ihnen als Züchterpaar, dass Sie nun eine «Königin» besitzen?
Madlen Wyssen: Dass sie im letzten Jahr das Nationale Stechfest gewonnen hat, ist natürlich ein Traum.
Diego Wyssen: Es macht uns stolz, dass wir eine Nationale Königin haben. Wir hatten in der Vergangenheit schon sehr gute Tiere, die auch Kategoriensiegerinnen waren. Aber eine Nationale Königin ist die Krönung für einen Züchter.
Madlen Wyssen: Wir haben «Tzigane» vor drei Jahren von Tamara Zurbriggen gekauft.
Diego Wyssen: «Tzigane» wurde auch im Turtmanntal aufgealpt und hatte eine spezielle Ausstrahlung. Darum hat mir das Tier immer schon ausserordentlich gut gefallen. Sie ist sehr sensibel und lieb, kann aber auch mal launisch sein. Dann braucht sie ein paar Streicheleinheiten, damit sie wieder zutraulich wird.

Nach einigem Hin und Her haben Sie sich dazu entschlossen, «Tzigane» dieses Jahr wieder in Aproz in den Ring zu schicken. Was hat den Ausschlag gegeben?
Madlen Wyssen: Wir haben lange überlegt, ob wir «Tzigane» nochmals nach Aproz mitnehmen.
Diego Wyssen: Nach dem letztjährigen Sieg habe ich gesagt, dass wir «Tzigane» nicht mehr antreten lassen. Aber das war ein unüberlegter Entschluss. Dem Tier geht es gesundheitlich sehr gut und es ist bereit, in der Arena zu kämpfen. Darum sehe ich auch keinen Grund, sie nicht ans Nationale mitzunehmen.

Wie gross ist Ihre Erwartungshaltung, nachdem «Tzigane» 2016 in der zweiten Kategorie gewann und im letzten Jahr zur «Reine des Reines» gekürt wurde?
Diego Wyssen: Wir lassen es auf uns zukommen. Nach dem letztjährigen Sieg geht alles viel leichter. Den kann ihr niemand mehr wegnehmen. Und auch der ideelle Wert des Tieres bleibt.

Steht «Tzigane» zum Verkauf?
Madlen Wyssen: Nein. Wir haben der vorherigen Besitzerin versprochen, dass wir «Tzigane» nicht verkaufen. Dieser Deal gilt immer noch. Das heisst, «Tzigane» wird ihren Lebensabend bei uns verbringen.
Diego Wyssen: Man darf nicht vergessen, dass sie schon elf Jahre alt ist.

Gehören Sie eher zu den ruhigen Zeitgenossen oder können Sie sich auch mal über einen Jury-Entscheid fürchterlich aufregen?
Diego Wyssen: Es ist nicht immer einfach, einen Jury-Entscheid zu akzeptieren, weil jeder Züchter auf sein Tier fokussiert ist. Aber mit einer gewissen Distanz kann man die Jury-Entscheide besser nachvollziehen. Ein Fussball-Schiedsrichter liegt mit seinen Entscheiden auch nicht immer richtig.
Madlen Wyssen: (lacht) Ich kann schlecht meine Kollegen kritisieren, da ich selbst in der Jury sitze. Aber sicher kommt es auch mal zu Situationen, die strittig sind. Das gehört dazu.

Kommt es daheim diesbezüglich auch zu Diskussionen?
Madlen Wyssen: Nein, nein. Das Thema bleibt in der Arena.
Diego Wyssen: Viele Züchter ereifern sich schnell einmal, wenn sie sich beziehungsweise ihr Tier ungerecht behandelt fühlen. Aber das ist ja normal. Darum braucht es manchmal einen gewissen Abstand, damit man den Entscheid besser nachvollziehen kann.

Die Ringkuhkämpfe haben in den letzten Jahren einen grossen Zuschauerboom erlebt. Auch das mediale Interesse ist stark gestiegen. Wie erklären Sie sich diesen «Hype»?
Madlen Wyssen: Ein Stechfest ist sehr speziell. Es ist nicht nur ein gesellschaftlicher Treff, sondern auch die Wettkämpfe sind sehr spannend. Die ganze Ambiance weiss zu begeistern.
Diego Wyssen: Auch viele junge Züchter begeistern sich für die Eringerrasse. Das hat zur Folge, dass sich auch viele Kollegen der Züchter ein Stechfest ansehen.

Wie erklären Sie sich, dass es immer mehr junge Züchter gibt?
Madlen Wyssen: Ich habe das Gefühl, dass die Eringerzucht ein Modetrend ist. Dass dahinter harte Arbeit steckt, wissen die wenigsten. Viele Jungzüchter haben darum Gemeinschaftsstallungen, um sich die Arbeit aufzuteilen. Wenn man aber das ganze Jahr das Vieh versorgen muss, dann ist es ein harter ­Alltag.

Gibt es in der Eringerszene auch den sogenannten Röstigraben?
Diego Wyssen: Ich kann nur für uns reden. Aber wir haben im Unterwallis viele Kollegen, die uns den Erfolg gegönnt haben.
Madlen Wyssen: Eine gewisse Rivalität ­zwischen den Züchtern ist da. Aber das hat nichts mit der sprachlichen Herkunft zu tun.

Also sind die Pfiffe des Publikums am Nationalen gegen Oberwalliser Züchter herbeigeredet?
Madlen Wyssen: Zuschauer und Züchter sind zwei Paar Schuhe.
Diego Wyssen: Natürlich wird man als Oberwalliser Züchter in Aproz vom Publikum weniger unterstützt. Da sind auch viele Emotionen mit im Spiel. Die Unterwalliser geben den Königstitel nur ungern aus der Hand.

In zwei Wochen steigt das grosse Finale in Aproz. Was überwiegt mehr – die Vorfreude oder die Nervosität?
Madlen Wyssen: Ich bin schon leicht nervös.
Diego Wyssen: Ich bin momentan noch sehr ruhig. Aber je näher das Finale rückt, umso mehr steigt die Nervosität.

Wie hoch schätzen Sie die Chancen ein, dass «Tzigane» ihren Vorjahrestitel wiederholen kann?
Madlen Wyssen: Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das fängt damit an, welchen Tieren sie zugelost wird, wie die Tagesform ist und so weiter.
Diego Wyssen: Die Kuh ist in guter Verfassung und die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, was sie kann. Insofern fahren wir mit einem guten Gefühl nach Aproz. Alles andere können wir nicht beeinflussen. Die Kampfeinteilung ist nicht ganz unwesentlich. Dazu kommt das Wettkampfglück. Auch die Zahl der Schwünge ist ausschlaggebend.
Madlen Wyssen: Beim Nationalen Stechfest kommen nur die besten Tiere in die Arena. Insofern soll die Beste gewinnen. Wir lassen uns überraschen.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Diego
Name Wyssen
Geburtsdatum 30. März 1973
Familie verheiratet, drei Kinder
Beruf Strassenunterhalt
Funktion Eringerzüchter
Hobbies Eishockey
Vorname Madlen
Name Wyssen
Geburtsdatum 7. März 1973
Familie verheiratet, drei Kinder
Beruf Hausfrau
Funktion Eringerzüchterin
Hobbies Fussball (Aktivspielerin FC Agarn), Badminton

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