Frontal | Zermatt
«Bei Dan Daniell ist alles ein bisschen anders»
Gastronom, Musiker, Kinderbuchautor – Urs Biner alias Dan Daniell hat viele Facetten. Im Frontalinterview spricht er über seine neue CD, sein Duett mit Frida von Abba und wieso in seinem Restaurant die Suppe in High Heels serviert wird.
Dan Daniell, Ende April ist Ihr neues Album «Lebe deinen Traum» herausgekommen. Was bedeuten Ihnen Träume?
Jeder Tag ist eigentlich ein Traum. Träume sind etwas Positives. Sie sind für mich nichts Statisches, sondern etwas, das sich bewegt und das bewegt. Für mich ist ausschlaggebend: Träume soll man nicht nur träumen, sondern auch leben. Träume sind dazu da, realisiert zu werden.
Für viele wäre es auch ein Traum, zusammen mit Frida von Abba ein Lied zu singen...
...Ja, und sie könnte mit vielen singen.
Und wieso singt sie gerade mit Ihnen den Song «1865», der pünktlich zum Jubiläum der Erstbesteigung des Matterhorns erschienen ist?
Seit der ersten Begegnung mit Frida existiert eine tiefe Verbundenheit und Freundschaft zwischen uns beiden. Frida hört sich meine Songs jeweils im Vorfeld an und begleitete mich auch bei der Entstehung des Liedes «1865». Frida ermunterte mich auch, eine Gruppe von jungen Sängerinnen und Sängern, die «WintersHome», anzufragen, ob sie mitsingen würden. Die anderen Lieder des Albums «Lebe deinen Traum» hatte ich schon fertig. Nachdem ich zum 125-Jahr-Jubiläum der Matterhorn Erstbesteigung schon eine Single herausgegeben hatte, wollte ich nach 25 Jahren unbedingt wieder ein Jubiläumslied diesem Berg widmen. Meine deutschen Produzenten kamen für die Aufnahmen extra nach Zermatt und installierten in einem Hotelzimmer ein Tonstudio. Am Tag vor den Aufnahmen bat ich Frida, sie solle doch mitkommen. Sie antwortete: «Ich komme, singe dann aber gleich mit.» Das war für uns alle eine freudige Überraschung.
Aber ein Comeback von Frida wird es nicht geben?
Nein, das ist kein Comeback, sondern eine einzigartige Sache. Sie machte es aus Verbundenheit zu mir und aus Liebe zu Zermatt und zum Matterhorn.
Und der Erlös geht zugunsten eines guten Zwecks.
Richtig. Die gesamten Einnahmen der CD fliessen auch in unsere Stiftung, die verschiedene Kinderhilfsprojekte unterstützt; sei es im Wallis, in der restlichen Schweiz, aber auch im Ausland. Ich reiste schon mehrmals nach Russland, wo wir ein Waisenhaus unterstützen. Von allem, was ich mit meiner Musik und mit meinen Kinderbüchern verdiene, geht ein Teil zugunsten dieser Stiftung.
«Träume soll man nicht nur träumen, sondern leben»
Wie Sie erwähnt haben, schreiben Sie auch Kinderbücher. Wie kam es dazu?
Ich schreibe täglich Gedichte und Gedanken auf. Das mache ich sehr gerne. Neben meiner Arbeit als Gastronom brauche ich etwas, das mich auch noch ausfüllt. So habe ich die Figur «Wolli» erfunden. In Bücher kann ich Sachen hineinpacken, die ich erlebt habe oder gerne erleben würde. Die Geschichten um das Schwarznasenschaf Wolli sind ein Teil von mir, aber auch ein Teil Fantasie.
Pünktlich zum Jubiläum 150 Jahre Erstbesteigung Matterhorn erschien Ihr neues Wolli-Buch.
Ich thematisierte darin, wie sich aus einem armen Bergbauerndorf eine reiche Tourismusdestination entwickelte. Der Tag der Erstbesteigung des Matterhorns 1865 war ein Glückstag, aber angesichts der vier tödlich verunglückten Bergsteiger gleichzeitig ein sehr tragischer Tag. Dieser Zwiespalt fasziniert mich. Glück und Leid liegen oftmals sehr nahe beieinander,
Wie bewerten Sie persönlich die touristische Entwicklung von Zermatt?
Eine gute Antwort darauf ist: Ob man es gut oder schlecht findet, das sei dahingestellt. Ein Rad, das sich dreht, geht immer vorwärts und nicht rückwärts. Entweder geht man mit und bleibt auf dem Laufenden oder man bleibt stehen. Man muss immer versuchen, das Gleichgewicht zwischen der Technik und der Natur zu finden, und ich glaube, das ist den Zermattern bisher gut gelungen.
Apropos Matterhorn. Haben Sie selber auch schon das Matterhorn bestiegen?
Ich war schon einige Male auf dem Matterhorn – aber mit dem Helikopter. Ich machte schon immer nicht das, was alle anderen machen.
Wie meinen Sie das?
Schon als Jugendlicher bin ich gern gegen den Strom und nicht mit dem Strom geschwommen. Ich tue das nicht aus Trotz, sondern weil ich zurück zum Ursprung, zur Quelle will. Zwar wird man immer wieder von allen anderen Menschen mitgezogen, aber dann hat man wieder die Energie, gegen den Strom zu schwimmen. Man sieht so viel mehr, wenn man sich nicht mit den anderen Menschen in dieselbe Richtung bewegt.
Gibt es Beispiele, wo Dan Daniell gegen den Strom schwamm?
Ich fing sehr früh an, Theater zu spielen, gründete mit 17 in Zermatt eine Theatergruppe. Ich habe immer gern Rollen gespielt, die anderen unangenehm waren. Ich wäre gerne in eine Schauspielschule gegangen.
Dazu kam es aber nicht?
Meine Eltern überredeten mich, etwas «Solides» zu lernen, damit ich später ihr Restaurant übernehmen konnte. Schon als Zehnjähriger hab ich in unserem Restaurant Glace verkauft. Den Kontakt mit den Gästen habe ich schon immer gemocht. So wollte ich zuerst eine Servicelehre machen. Mein Vater überzeugte mich aber dann, zuerst eine Kochlehre zu absolvieren, da in der Küche das Geld ein- und ausgeht.
Und so wurden Sie Koch?
Mein Vater kannte den Küchenchef des Hotels Interkontinental in Genf. So begann ich als 17-jähriges Mauerblümchen die Kochlehre in einem Hotel mit 900 Betten, 450 Angestellten und eine Küchenbrigade von circa 50 Mann – ein richtiger Kulturschock. Danach schloss ich noch die Servicelehre und den Wirtekurs an. Nach Stationen in Paris, England, Genf, Lausanne kehrte ich schliesslich 1986 zurück nach Zermatt. 1988 übernahm ich den Betrieb meiner Eltern.
Das Künstlerische schlummerte aber immer weiter in Ihnen.
Ja. Ich kehrte immer zurück nach Zermatt zum Theaterspielen. Auch Musik machte ich die ganze Zeit, produzierte einige CDs.
«Wenn du an dich glaubst, musst du eine Sache durchziehen»
Sie waren 1982 am Schlagerfestival dabei.
Damals wog ich 49 Kilogramm. Ich war immer dünn und hager wie ein verschupftes Poulet. Am Schlagerfestival bin ich nicht wegen meiner Stimme aufgefallen. Als sie mich sahen, dachten die Leute: «Oh, das arme Huscheli da oben» und wählten mich zum Publikumsliebling.
In Zermatt sind Sie bekannt als singender Koch. Wie entstand das?
Ich sagte mir, wenn ich hier im Restaurant bleiben will, so muss ich auch hier einen Teil meines Traums verwirklichen. Ich wollte nicht nur ein Restaurant führen, ich wollte etwas Spezielles machen. Auch das Restaurant ist eine Bühne. So veränderte ich nach und nach einige Dinge. Zum Beispiel gab es plötzlich schwarze Tischtücher. Die Speisekarte habe ich auf alte Vinylplatten drucken lassen. Ich installierte auch eine Leinwand im Lokal und begann mit einer Diashow, später spielte ich Filme ein. Viele dachten, ich hätte eine Ecke ab.
Und Ihren Kartoffelgratin liessen Sie patentieren…
…das hatte auch mit einem Jux zu tun. Als ich das Buch «Light» schrieb, nahm ich darin auch Rezepte auf. Ein langjähriger Angestellter machte den Vorschlag, den Kartoffelgratin zu patentieren. Dies erwies sich aber als ein ziemlich schwieriges Unterfangen und war nicht leicht zu realisieren. Ein Angestellter auf dem Patentamt hat mir schlussendlich geholfen. Der Gratin hat die Patentnummer 01648-05. Bekannt ist auch die Suppe, die ich in High Heels serviere.
In Stöckelschuhen?
Als ich damit vor vier Jahren angefangen habe, dachten viele, ich hätte einen Knall. Ich ging nach Bern in ein Super-Modegeschäft und sagte, ich hätte gern 50 Paar rote High Heels, und die Verkäuferin schaute mich ganz entgeistert an. Jetzt, nach vier Jahren, ist die Suppe so beliebt, es wird immer wieder danach gefragt und sie wird so oft fotografiert, dass ich sie gar nicht mehr von der Karte nehmen kann. Wenn du an dich glaubst, muss du eine Sache durchziehen, auch wenn dir vorher alle davon abraten.
Sind diese speziellen Dinge auch der Grund, dass so viele Promis bei «Chez Heini» zu Gast sind?
Sie erkundigen sich im Hotel nach einem Lokal, das kein 08/15-Restaurant ist. So landen sie bei mir und viele kommen auch gerne wieder. Bei Dan Daniell ist alles ein bisschen anders und komisch.
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