Frontal | Jutta Schönhofer, Komponistin

«Als kleines Mädchen habe ich mich schon als grosse Komponistin gefühlt»

Jutta Schönhofer: «Zuerst hatte ich schon Respekt vor der Aufgabe.»
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Jutta Schönhofer: «Zuerst hatte ich schon Respekt vor der Aufgabe.»
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Quelle: RZ 1

Die Gliserin Jutta Schönhofer ist die musikalische Leiterin des Stücks «Peer Gynt» der Bühne Mörel. Für die junge Komponistin ist es das erste Mal, dass eine ihrer Kompositionen öffentlich aufgeführt wird. Im Interview spricht sie über ihre Art zu komponieren und warum sie Mozart nicht für den grössten Komponisten aller Zeiten hält.

Jutta Schönhofer, Sie haben die Theatermusik für das Stück «Peer Gynt» komponiert. Wie sind Sie diese Aufgabe angegangen?
Zum Werk «Peer Gynt» von Henrik Ibsen gibt es ja bereits Musik, und zwar vom norwegischen Komponisten Edvard Grieg. Als ich die Musik für das Stück komponierte, ging es mir nicht primär darum, Griegs Werk zu kopieren, sondern neue Musik und eigene Lieder zu kreieren.

Ist es nicht ein Risiko, wenn man neue Musik für ein Stück komponiert, das eigentlich schon eine eigene Musik hat?
Es wäre auch ein Risiko, wenn man die bereits existierende Musik spielen würde. Neben mir ist nur noch Salome Ruppen für das Musikalische des Stücks zuständig. Griegs Musik ist allerdings für ein ganzes Orchester komponiert. Wenn man sich zu zweit an solche Musik wagt, kann auch das ein Risiko sein. Hinzu kommt, dass die Bühne Mörel bewusst eigene Musik wollte, nicht zuletzt, damit sich junge Leute so auch einmal präsentieren können.

Was sind die Vorteile, wenn eine Theaterproduktion nur auf zwei Musikerinnen zurückgreift?
Die Interaktion zwischen uns beiden ist direkter und intimer, als wenn wir 30 Musikerinnen und Musiker wären. Man kann besser aufeinander eingehen.

Und der Nachteil?
Ich muss mehrmals das Instrument wechseln.

Wie viele Instrumente spielen Sie denn eigentlich?
Klavier, Akkordeon, Klarinette, Gitarre und Perkussion. Dazu singe ich auch.

Wie lief der kreative Prozess des Komponierens ab?
Erfahrungsgemäss sind bei mir meine ersten Intuitionen und Ideen die besten und schönsten. Darauf habe ich dann aufgebaut. Zum Beispiel kam mir die Idee für das Lied der Solvejg kurz vor Weihnachten. Ich sass am Klavier, bei einem Glas Wein, und plötzlich ist mir das musikalische Thema einfach zugeflogen (lacht). So ist dann nach und nach, zusammen mit den Liedtexten des Leuker Schriftstellers Rolf Hermann, der musikalische Teil des Stücks entstanden.

Intuitives Arbeiten spielt bei Ihnen also eine grosse Rolle.
Ja. Natürlich braucht es auch bei dieser Herangehensweise einen gewissen theoretischen Unterbau. Eine Szene von «Peer Gynt» spielt beispielsweise in Norwegen. Dafür habe ich mich mit norwegischer Volksmusik auseinandergesetzt. Aber vieles läuft bei mir in der Tat über Improvisation ab. Bauchgefühl ist mir sehr wichtig, komponieren nach einem mathematischen Schema passt für mich eher weniger.

Sie sind 26 Jahre alt, machen gerade Ihren Master in Musik und Bewegung in Biel. Wie kam es überhaupt dazu, dass die Bühne Mörel Sie als musikalische Leiterin für das Stück wollte, das das Ensemble zu seinem 40-Jahr-Jubiläum aufführt?
Ich bin schon seit ein paar Jahren bei der Bühne Mörel dabei. Bei der Aufführung der «Blut­hochzeit» war ich zunächst Pianistin des Stücks. Nach dieser sehr spannenden Erfahrung sass ich beim nächsten Stück «Einer für Alles» erneut am Klavier und hatte zusätzlich die musikalische Assistenz. Beim aktuellen Stück «Peer Gynt» bin ich nun Komponistin und für die musikalische Leitung verantwortlich. Diese neue Funktion ist noch etwas ungewohnt, aber man wächst mit jeder Aufgabe.

Welcher Teil der Arbeit hat Ihnen am meisten Spass gemacht, beziehungsweise welche Figur und welche Szene im Stück mögen Sie am liebsten?
Als Figur ganz klar Solvejg. Sie ist eine einfache Frau, die ihr ganzes Leben lang auf ihren Mann wartet. Ihre Sehnsucht hat mich sehr berührt. Als Szene gefällt mir die Trollwelt am besten. In dieser Szene können die Schauspieler, aber auch die Zuschauer in eine vollkommen andere Welt eintauchen. Grundsätzlich mag ich das Stück «Peer Gynt» sehr, denn, obwohl es bereits im vorletzten Jahrhundert geschrieben wurde, hat es bis heute nicht an Aktualität verloren.

Die Musik zu «Peer Gynt» ist dabei Ihr Debüt als Komponistin in der Öffentlichkeit. Sind Sie nervös?
Zuerst hatte ich schon Respekt vor der Aufgabe, aber ich habe mich dann doch darauf eingelassen. Mit der Unterstützung meines Mentors von der Hochschule, der mich bei der Entwicklung der Kompositionen unterstützte, fühle ich mich nun aber recht sicher und freue mich auf die Reaktionen des Publikums.

Das hört sich recht abgebrüht an für jemanden, der sein Debüt als Komponistin gibt.
Sicherheit gibt mir natürlich das Feedback, das ich aus den Reihen des Ensembles erhalten habe. Die Reaktionen auf die Stücke waren sehr positiv, daher schaue ich der Premiere relativ gelassen entgegen (lacht).
Stichwort Ensemble. Mit 26 Jahren sind Sie eine sehr junge musikalische Leiterin für eine solch grosse Produktion.

Haben Sie die Schauspielerinnen und Schauspieler gut im Griff?
Alles in allem denke ich schon. Aber es ist in der Tat eine Herausforderung, sich als junge musikalische Leiterin durchzusetzen. So richtig auf den Tisch hauen musste ich bis jetzt noch nicht, obwohl ich Rückmeldung bekommen habe, dass es ein oder zwei Mal durchaus angebracht gewesen wäre (lacht). Aber das ist nicht so einfach, da alle aus dem Ensemble älter sind als ich. In dieser Angelegenheit habe ich sicher etwas Lehrgeld gezahlt.

Woher kommt die Leidenschaft fürs Komponieren?
Meine Mutter erzählt mir, dass ich als kleines Mädchen immer wieder kleine Melodien aufgeschrieben hätte und mich dann schon als grosse Komponistin gefühlt hätte. Die Leidenschaft war also schon früh da (lacht). Ich habe ständig neue Melodien im Kopf, es ist irgendwie schwer zu beschreiben.

Sie machen derzeit Ihren Master in Musik und Bewegung in Biel. Wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft?
Ich arbeite neben dem Studium bereits an der Allgemeinen Musikschule Oberwallis (AMO) in der musikalischen Früherziehung. Nach dem Studium würde ich gerne ins Oberwallis zurückkehren, um hier zu arbeiten. Ab dem Herbst baue ich mein Engagement an der AMO aus. Ich werde dann in Glis auch Senioren-Rhythmik unterrichten.

Wenn Sie die Arbeit mit kleinen Kindern mit jener mit den erwachsenen Darstellern der Bühne Mörel vergleichen, wo liegen die grössten Unterschiede?
So gross sind die Unterschiede gar nicht (lacht). Erwachsene Menschen haben ihre Erfahrungen mit Musik, ihren Background. Kinder sind meist noch völlig frei und unbelastet. Kinder spreche ich daher vor allem auf der Fantasieebene an. Bei Erwachsenen beziehe ich dagegen ihr Wissen mit ein. Grundsätzlich ist mir immer sehr wichtig, dass ich die Lerninhalte immer auf eine möglichst einfache Art weitergebe. Während Kinder sich sehr leicht in die Fantasiewelt versetzen lassen, braucht es bei Erwachsenen dann doch etwas mehr, bis sie sich aus der Realität lösen und ihrem eigenen Kind in sich selbst begegnen.

Wie sieht es bezüglich des Komponierens aus? Haben Sie dort auch Ambitionen?
Ich werde sicher versuchen, mich auch in diesem Bereich weiter zu engagieren und zu entwickeln. Zum Beispiel ein Kinderbuch zu vertonen wäre schön oder Lieder zu komponieren. Das sind so Träume, die ich im Moment habe.

Zum Schluss noch die Frage, warum ist für Sie Mozart nicht der grösste Komponist aller Zeiten?
Das ist natürlich Geschmackssache. Ich komme aus der Klassik, mein Herz schlägt aber stark für die Romantik. Daher mag ich Komponisten wie Chopin oder Rachmaninow lieber.

Martin Meul

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Infos

Vorname Schönhofer
Name Jutta
Geburtsdatum 15. November 1990
Familie ledig
Beruf Studentin Musik und Rhythmik
Hobbies Lesen, Sport, Musik
Komponieren hat mehr mit Mathematik
als mit Musik zu tun.
Nein
Mozart ist der grösste Komponist
aller Zeiten
Nein
Rock und Pop sind für mich keine
richtige Musik.
Joker
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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Kommentare

  • Arthur Heinzmann, Visp - 81

    Gratuliere!
    Bin schon gespannt auf die Aufführung; wird sicher interessant...

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