Birgisch | Beat Imhof, Präsident BVO

«Die Akzeptanz gegenüber den Bauern geht verloren»

Beat Imhof: «Ein Miteinander zwischen Mensch und Grossraubtieren ist nicht möglich.»
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Beat Imhof: «Ein Miteinander zwischen Mensch und Grossraubtieren ist nicht möglich.»
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Quelle: RZ 0

Er ist seit gut einem Jahr Präsident der Bauernvereinigung Oberwallis BVO. Beat Imhof (56) über die Herausforderungen in der Landwirtschaft und die fehlende Akzeptanz seines Berufsstandes.

Herr Imhof, wobei stören wir Sie gerade?
Der Sommer fängt an und es gibt viel zu tun. Momentan bin ich gerade dabei, zusammen mit meinem Bruder die ersten Mäharbeiten zu machen.

Seit gut einem Jahr sind Sie Präsident der Bauernvereinigung Oberwallis BVO. Wie gehts den Oberwalliser Bauern?
Den Bauern selber geht es nicht so schlecht, aber der Vereinigung fehlt der finanzielle Schnauf. Es gibt immer weniger Bauern und entsprechend weniger Beiträge kommen herein. Darum ist es nicht ganz einfach, die Dienstleistungen der Bauernvereinigung aufrechtzuerhalten.

Die da wären?
Die Oberwalliser Bauernvereinigung ist das Bindeglied zwischen Landwirtschaft und Staat, und wir versuchen, die Rahmenbedingungen zu optimieren, damit der Bauer als Einzelunternehmer existieren kann. Zudem ist die BVO zusammen mit der Walliser Landwirtschaftskammer auch das Sprachrohr der Walliser Bauern. Das braucht Zeit und auch viel Manpower, um solche administrativen Sachen zu erledigen.

Vor zwei Jahren wurde einer happigen Beitragserhöhung zugestimmt, um die Zukunft der damaligen Oberwalliser Landwirtschaftskammer, der heutigen BVO, zu sichern. Hat sich diese Massnahme ausgezahlt?
Schwer zu sagen. Nachdem die Kantonsbeiträge gestrichen wurden, mussten wir diese Massnahme ergreifen, um die BVO am Leben zu erhalten. Sollte das in Zukunft nicht reichen, müssen wir einen Leistungsabbau in Kauf nehmen. Mit der momentanen Konstellation ist es für uns schwierig, unsere Anliegen einzubringen. ​

Vor drei Monaten hat sich Ihre Vereinigung einen neuen Namen gegeben, um sich von der Walliser Landwirtschaftskammer abzugrenzen, die ihre Wurzeln bei den Unterwalliser Landwirten hat. Wie ist das Einvernehmen zwischen den beiden Organisationen?
Angespannt. Das Problem liegt darin, dass die Walliser Landwirtschaftskammer WLK auch weiterhin ihre Mitgliederbeiträge bei den Oberwalliser Bauern eingezogen hat mit der Begründung, dass sie die kantonalen Anliegen vertritt. Wir sind zwar pro forma noch mit zwei Mitgliedern in der WLK vertreten, aber haben de facto rein gar nichts zu sagen. Wir zahlen nach wie vor jährlich rund 90 000 Franken an die WLK, wovon zwei Drittel als Mitgliederbeitrag an den Schweizerischen Bauernverband zu verstehen sind. Die Gegenleistungen sind überschaubar. Darum haben wir uns einen neuen Namen gegeben, um uns klar abzugrenzen und uns neu zu positionieren.

Von den Bauern wird heute verlangt, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Aber längst nicht jeder Bauer ist auch ein guter Unternehmer. Unterstreichen Sie diese Aussage?
Hier im Oberwallis haben wir eine spezielle Ausgangslage. Ganz einfach deshalb , weil rund zwei Drittel der Landwirte als sogenannte Nebenerwerbsbauern agieren. Dadurch ist der unternehmerische Gedanke nicht gleich hoch einzuordnen wie bei den Vollerwerbsbauern. Diese müssen unternehmerisch denken und haus­halten, damit sie rentabel wirtschaften können. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Berg­landwirtschaft nicht mit einem Bauernbetrieb im Mittelland verglichen werden kann. Momentan zählen wir im Oberwallis rund 1000 Landwirtschaftsbetriebe, davon sind rund 350 Vollerwerbsbetriebe.

Ist diese Zahl rückläufig?
Im Gegenteil. Die Zahl der Vollerwerbslandwirtschaftsbetriebe ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Demgegenüber ist die Zahl der Nebenerwerbslandwirtschaftsbetriebe weiter zurückgegangen.

Warum?
Das hat einerseits mit der Überalterung zu tun und andererseits auch mit strukturellen Problemen wie dem Wolf. Wenn die Arbeit für die Nebenerwerbsbauern ständig erschwert wird, darf man sich nicht wundern, wenn immer mehr Betriebe aufgegeben werden.

Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?
Nimmt man die Zahlen der Schulabgänger in der Landwirtschaftsschule zur Hand, dann ist das Interesse für unseren Beruf nach wie vor sehr gross. Meine Wahrnehmung ist allerdings eine ganz andere. In den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren wird gerade im Landwirtschaftssektor eine Bereinigung stattfinden. Vor allem, was die Nebenerwerbslandwirtschaft angeht. In diesem Sektor sind heute noch viele ältere Bauern tätig, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden. Die Folge davon ist, dass viele kleinere Betriebe von der Bildfläche verschwinden.

Wie sind Sie als Präsident der BVO mit den Milch- beziehungsweise Produktpreisen in der Landwirtschaft zufrieden?
Mit den momentanen Milchpreisen können wir zufrieden sein. Das hat damit zu tun, dass unsere Milch nicht industriell verarbeitet, sondern den Käsereien zugeliefert wird. Dadurch haben wir einen guten und stabilen Preis. Auch der Fleischpreis ist momentan kein Thema. Einzig beim Ackerbau sind die Preise umstritten. Aber das tangiert uns hier weniger als die Bauern im Mittelland.

Die Sortenorganisation Walliser Raclette hat den Einsatz von Melkrobotern verboten, weil dadurch der Anteil an Fettsäuren erhöht wird und der Käse leicht ranzig schmeckt. Haben Sie Verständnis für dieses Verbot?
Absolut. Wenn man sich mit der Herkunftsbezeichnung und den damit verbundenen Qualitätsanforderungen abgrenzen will, muss man nach bestimmten Kriterien und Richtlinien handeln. Dazu gehört auch das Verbot für den Einsatz von Melkrobotern. Das wurde schon im Vorfeld von der Sortenorganisation klar kommuniziert. Darum kann ich nicht nachvollziehen, dass man sich im Nachgang darüber beschwert. Der Konsument ist schliesslich auch gewillt, für die Herstellung von nicht industrialisierten Produkten mehr zu bezahlen. Darum müssen auch die Richtlinien für die Produktion entsprechend gehandhabt werden.

In diesen Tagen werden viele Alpen bestossen. Warum ist es so schwierig, einheimisches Personal für den Alpsommer zu finden?
Entgegen der allgemeinen Vorstellung ist die Arbeit auf der Alp entbehrungsreich und hart. Allein aus diesem Grund ist es nicht immer ganz einfach, gute und geschulte Leute zu finden. Viele Bewerber verbinden den Alpsommer mit Romantik und Abenteuer. In der Realität sieht das aber meistens anders aus. Darum ist es nicht einfach, geeignetes Alppersonal zu finden. Aus diesem Grund hat der eidgenössische Bauernverband eine Homepage eingerichtet, wo sich sowohl Interessierte wie auch Alpgenossenschaften melden können, um offene Stellen zu besetzen.

Die Sömmerung geht auch mit dem Wolf einher. Wie nehmen Sie die Stimmung unter den Schäfern wahr?
Das Thema sorgt weiterhin für Emotionen. Die neue Gesetzgebung zur Regulierung der Grossraubtiere schürt viele Hoffnungen. Ob sich das in der Realität auszahlt, wird sich zeigen.

Sind Sie als Präsident der OBV mit der Gesetzgebung zufrieden?
Auch eine revidierte Gesetzgebung zur Regulierung der Grossraubtiere wird das Problem nicht lösen. Man kann es drehen und wenden, wie man will; ein Miteinander von Mensch und Grossraubtieren in der Schweiz ist nicht möglich. Die einzige Option ist die Abschussfreigabe. Alles andere ist Schönfärberei.

Ein Thema, das Ihren Vorgänger während seiner Amtszeit begleitet hat, ist die Goler-Arena in Raron. Wird die neue Arena in Ihrer Amtszeit zu stehen kommen?
Nein. Ich glaube nicht, dass sich Politik und Wirtschaft in absehbarer Zeit einigen können. Auch die Standortfrage ist weiter ungeklärt. Bis man sich auf einen Standort einigen kann, wird noch viel Wasser den Rotten hinunterfliessen. Wir haben es in der Vergangenheit versäumt, dieses Projekt umzusetzen. Jetzt läuft uns die Zeit davon.

Ist eine Markthalle in diesem Zusammenhang für Sie ein Thema?
Ich glaube nicht, dass sich eine Markthalle rechnen wird, auch wenn alle Ausstellungen an einem Standort stattfinden würden. Wenn eine Markthalle, muss diese auch für eine breite Öffentlichkeit nutzbar sein.

Wo sehen Sie die Herausforderung für die Zukunft der Berglandwirtschaft?
Die Akzeptanz gegenüber den Bauern geht leider verloren. Ich bin der Meinung, dass der Tourismus und die Landwirtschaft viel enger kooperieren sollten, damit man wirtschaftlich überleben kann. Hier muss in Zukunft unbedingt etwas unternommen werden. Ein Blick ins benachbarte Ausland zeigt, wie man es
machen könnte. In Österreich funktioniert diese Wertschöpfungskette viel besser. Das wünsche ich mir auch von den hiesigen Organisationen.

Walter Bellwald

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Infos

Vorname Imhof
Name Beat
Geburtsdatum 1. Oktober 1963
Familie liiert
Beruf Landwirt
Funktion Präsident BVO
Hobbies Jodeln
Der Bauernstand im Oberwallis wird weiter zurückgehen. Ja
Ich bin für die Enthornung von Kühen.  Joker
Die Regulierung der Grossraubtiere geht zu wenig weit.  Ja
Der Joker darf nur einmal gezogen werden.  

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