Festival 3.-5. Juli | Von Syrien bis Sitten:
40 Autoren am Literaturfestival Leukerbad
«Das schönste Festival der Welt», nannte der Autor und Philosoph Alain de Botton das Literaturfestival Leukerbad einmal. Zum 20-Jahr-Jubiläum versammelt sich am ersten Juli-Wochenende die Rekordzahl von 40 Schreibenden im Walliser Kurort.
Autoren und Publikum schätzen neben der schönen Lage und der beschaulichen Atmosphäre vor allem die speziellen Veranstaltungsorte: im Alten Bahnhof, in Hotelbars und Kurhausgärten, in der Dala-Schlucht und vor allem am Freitag um Mitternacht auf der Gemmi-Passhöhe. Diesmal ist dem Festival-Wochenende ein Wandertag vorgelagert mit Lesungen von Judith Hermann und Urs Mannhart.
Dieses Jahr kommen die Autoren aus elf Ländern, darunter Syrien, Georgien, Iran, Israel, Indien und der Ukraine. Die grösste Delegation bilden naturgemäss die Einheimischen: Erwartet werden unter anderen Lukas Bärfuss, Thomas Hürlimann, Peter Stamm und Christian Uetz.
Lukas Bärfuss wird gleich an vier Veranstaltungen mitwirken, darunter drei Gesprächen zum Thema «Perspektiven - Literatur und Gesellschaft heute und morgen». In diesem Programmgefäss diskutieren Autoren mit Philosophen und anderen Wissenschaftlern. Mit dabei: Klaus Theweleit, der Autor des 1000-seitigen Kultbuchs «Männerphantasien» (1978).
Politisch und kritisch
Die diesjährige Ausgabe dürfte eine der politischsten in der 20-jährigen Geschichte des Festivals sein, zumal etliche Autoren aus Krisengebieten stammen. Fawwaz Haddad etwa ist einer der wichtigsten Autoren Syriens, zwei seiner zehn Romane wurden für den arabischen Booker-Preis nominiert.
Mit David Grossmann kommt einer der profiliertesten israelischen Autoren ins Wallis; er wurde schon mehrfach für sein Friedensengagement ausgezeichnet. Engagiert ist auch Serhij Zhadan aus der Ostukraine - so sehr, dass er bei einer Demonstration letztes Jahr von pro-russischen Aktivisten brutal zusammengeschlagen wurde.
Auch im vergleichsweise friedlichen Indien blüht politische Literatur. Meena Kandasany etwa «scheut sich nicht, die dunkelsten Themen der indischen Gesellschaft anzuschneiden; in ihren Gedichten thematisiert sie sexuelle Gewalt, die Unfreiheit vieler Frauen und die auch heute noch weitreichenden Folgen des Kastensystems», wie es im Programmheft heisst.
Ein bisschen Nabelschau
Bei aller Weltläufigkeit lenkt das Festival aber auch einen Fokus auf das Wallis: So liest beispielsweise Roland Buti, der für sein grandioses Buch «Das Flirren am Horizont» den Schweizer Literaturpreis erhielt. Und der 1979 verstorbenen Walliser Schriftstellerin S. Corinna Bille richtet das Festival eine multimediale Hommage aus.
Kein Walliser, sondern ein Üsserschwiizer ist Werner Ryser: Er bringt seinen historischen Roman «Walliser Totentanz» an seinen Herkunftsort zurück.
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar