Walliser Kunstmuseum | Spannende Kunst, aber für Gehbehinderte kaum erreichbar, Direktorin Céline Eidenbenz:

«Die Zugänglichkeit des Kunstmuseums ist ein Problem»

Nicht barrierefrei. Céline Eidenbenz, Direktorin, kann Gehbehinderte nicht in allen Gebäuden willkommen heissen.
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Nicht barrierefrei. Céline Eidenbenz, Direktorin, kann Gehbehinderte nicht in allen Gebäuden willkommen heissen.
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Quelle: 1815.ch 20.04.19 0
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SITTEN | Das Walliser Kunst museum hat einiges zu bieten. Schade nur, dass Gehbehinderte die kulturelle Einrichtung wohl kaum je vollumfänglich besuchen können. Ein Gespräch mit Céline Eidenbenz, Direktorin des Kunstmuseums.

Céline Eidenbenz, was gibt es im Kunstmuseum zu sehen?

«Das Kunstmuseum Wallis hat drei Hauptlinien: Landschaft, École de ­Savièse und die zeitgenössische Kunst. Wir verstehen Landschaft im breitesten Sinn. Die Berge, die Rhoneebene und auch die urbanen Gebiete gehören dazu. Die École de Savièse ist ein wichtiges Standbein des Museums. Das Publikum will die Bilder von ­Ernest Biéler oder Edouard Vallet unbedingt bei uns sehen. Der dritte Schwerpunkt stellt die zeitgenössische Kunst dar. Diese steht in Verbindung zum Wallis. Entweder sind es Walliser Kunstschaffende oder Künstlerinnen und Künstler aus der übrigen Schweiz oder dem Ausland, die sich mit dem Wallis und/oder mit der Landschaft beschäftigen.»

Sie sind seit fünf Jahren Direktorin des kantonalen Kunst­museums in Sitten. Welche Schwerpunkte haben Sie in ­dieser Zeit gesetzt?

«Als ich im Kunstmuseum zu arbeiten begann, war klar, dass eine neue Präsentation der Sammlung einer Notwendigkeit entsprach. Ungefähr alle zehn Jahre wird die feste Ausstellung neu gestaltet. Das war eine aufwendige Arbeit, die wir 2016 mit dem Titel ‹Die Landschaft betrachten› abschlossen. Es galt, Bilder und Objekte auszuwählen, die verschiedenen Kriterien entsprachen und zusammen einen besonderen Einblick in die Sammlung boten. Entstanden ist eine Mischung aus zeitgenössischen Werken und älterer Kunst. Wir waren eines der ersten schweizerischen Kunstmuseen mit einer festen Ausstellung, das eine solche Hängung präsentierte. Im Herbst 2019 erscheint ein Buch zur Sammlung. Auf 300 Seiten werden in drei Sprachen eine Auswahl von ­Ankäufen und gesammelten Werken vorgestellt.»

Was planen Sie für die Zukunft des Kunstmuseums?

«Wir haben mit der aktuellen Präsentation die Karten neu gemischt. Junge, zeitgenössische Künstler erhalten vom Museum regelmässige Unterstützung durch den Manor-Preis. Das ­Museum hat sein zeitgenössisches ­Gesicht verstärkt. In Zukunft wird aber eine Vertiefung unserer wichtigsten Werke nötig sein. Ich möchte weitere Forschungen bei den Meistern des 19. Jahrhunderts machen wie Raphael Ritz zum Beispiel. Ich kümmere mich auch darum, repräsentative Werk­ensembles von wichtigen Künstlern der Nachkriegszeit im Wallis wie ­Albert Chavaz, Angel Duarte, Alfred Grünwald und Hans Loretan zu ­vervollständigen.»

Wieso gibt es eigentlich unter keinem Bild der Ausstellung einen Hinweis mit dem Namen des Kunstschaffenden und der Datierung des Werks?

«Wo findet man sonst noch solche Tafeln mit Namen und Jahrzahlen? Auf dem Friedhof!» (lacht) «Das Museum soll doch lebendig sein. Wir haben uns entschieden, keine Etiketten an der Wand anzubringen, um den Besuchern die Freiheit zu geben, die Arbeit selbst als Priorität zu betrachten. Wenn sie weitere Informationen ­brauchen, finden sie alle Details im Museumsführer.»

Das Kunstmuseum befindet sich in den beiden Gebäuden der Schlösser Vidomnat und ­Majorie. Ein wunderschöner ­Gebäude-
komplex. Aber einem Kunstmuseum sind hier doch sehr enge Grenzen gesetzt. Grossformatiges oder spezielle Performances wird man in den verschachtelten Räumen nie ­zeigen können.

«Die Räumlichkeiten dieser mittelalterlichen Schlösser sind tatsächlich nicht einfach, obwohl sie einen ­unglaublichen Charme haben. Diese Räume hindern uns aber nicht daran, monumentale Werke wie das der Oberwalliserin Maria Ceppi aufzuhängen, Installationen wie diejenige von Barbezat-Villetard 2015 oder Performances mit 70 Personen zu organisieren wie mit dem englischen Künstler Hamish Fulton 2017.»

Die engen, durch Wendel­treppen verbundenen Gebäude setzen nicht nur Grenzen be­züglich Ausstellungskonzepten. Viel schwerer wiegt doch der Umstand, dass es Menschen mit einer Gehbehinderung nicht möglich ist, alle Teile des Kunstmuseums zu besuchen.

«Dieser Problematik sind wir uns ­bewusst. Es ist tatsächlich ein Pro­blem, dass wir Gehbehinderte nur im ersten Gebäude gut willkommen ­heissen können. 2007 wurde das ­Eingangsgebäude besser zugänglich gemacht und ein Lift eingerichtet. Das zweite Gebäude, der ehemalige ­Bischofspalast Majorie, ist ein sehr sensibles historisches Denkmal, wo nur eine vollständige und teure Renovierung den Einbau eines ­Aufzugs ­ermöglichen wird. Wir bieten jedoch für Menschen mit Sehbehin­derung einen speziellen Parcours. So gibt es 3D-Modelle, durch die Kunstwerke ­ertastet werden ­können.»

Das Kunstmuseum nutzt auch das Ausstellungszentrum im ehemaligen Gefängnis «Le ­Pénitencier». Dieses Gebäude ist ebenfalls nicht rollstuhlgängig, und Personen, die nicht über eine gewisse körperliche Fitness verfügen, erreichen die Museen auf dem Hügel vor dem Schloss Valeria kaum. Auch wenn hier noch weitere Investitionen ­geplant sind, werden die Ausstellungsräume niemals für alle ­zugänglich sein. Da fragt man sich schon, warum das Museum nicht an einen zentraleren, ­barrierefreien Raum verlegt wird, der erst noch zeitgemässe Ausstellungskonzepte zulassen ­würde?

«Die Kantonsmuseen machen schöne Fortschritte im Sinne der Zugäng­lichkeit. Noch dieses Jahr wird das Naturmuseum für alle Besucher ­zugänglich, und das Pénitencier wird durch einen Architekturwettbewerb komplett umgestaltet und umgebaut. Dabei wird man auch auf die Zugänglichkeit achten.»

Ebenfalls zum Standard gehört schon bald die Digitalisierung von Sammlungen. Die Tate in London hat dies früh erkannt und in einer Art Vorreiterrolle den Onlineauftritt zum eigenständigen «Museum im Internet» gemacht. Kann sich ein Museum Digital-
abstinenz noch erlauben?

«Nein, das geht nicht mehr. Es ist ­geplant, in den nächsten Jahren alle Sammlungen der kantonalen Museen online verfügbar zu machen. Die erste Etappe ist bald beendet: Bei der ­Veröffentlichung des Buchs zur Sammlung im Herbst 2019 wird ein grosser Teil davon digital auf ­Vallesiana.ch, digitales Kulturgut des Wallis, verfügbar sein.»

Im Oberwallis ist das Kunst­museum in Sitten nicht allzu bekannt. Welche Anstrengungen unternehmen Sie, um im oberen Kantonsteil mehr Leute zu ­erreichen?

«Die Oberwalliser Schulen erreichen wir gut über die Kulturvermittlungsangebote. Eine neue transversale ­Kulturvermittlerin für das deutschsprachige Publikum wurde neulich von den Kantonsmuseen engagiert. Webseite, Museumsführer, Kataloge und Ausstellungsführer sind auf Deutsch und Französisch verfasst. Den Ausstellungsführer gibt es
zudem in Englisch, da wir viele ­Touristen aus der ganzen Welt ­empfangen.»

Interview: Nathalie Benelli

«Für Menschen mit Sehbehinderung bieten wir ein paar 3D-Modelle der Kunstwerke»

Céline Eidenbenz
Direktorin Kunstmuseum
Nathalie Benelli
20. April 2019, 03:00
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