Varen | Abfallkonzept gibt Rückschlüsse auf Entsorgungsverhalten der Bürger
«Haushalte ohne Kehricht wären eine Sensation»
Die Varner Abfallmenge ist im ersten Jahr nach Einführung der Gewichtsgebühr um ganze zwei Drittel zurückgegangen. Da einzelne Haushalte aber keinen oder praktisch keinen Kehricht entsorgt haben, schliesst die Gemeinde einen Abfalltourismus nach auswärts nicht aus.
«Wir waren im Gemeinderat selber sehr überrascht über die Zahlen», betont Präsident Gilbert Loretan auf Anfrage. Man habe nicht mit einem derart starken Rückgang gerechnet. Mit insgesamt nicht ganz 65 Tonnen wurden im Jahr 2014 rund zwei Drittel weniger Kehricht entsorgt als noch im Jahr zuvor. Gleichzeitig stieg die Menge des entsorgten Altpapiers und Kartons um 51 Prozent auf nicht ganz 52 Tonnen. Laut Abfallstatistik ebenfalls zugenommen hat die gesammelte Altglasmenge, wenn auch weniger intensiv.
Der Rückgang der Kehrichtmenge im Weindorf lässt sich in erster Linie durch das neue Kehrichtreglement und die im Januar 2014 eingeführte Gewichtsgebühr erklären. An den örtlichen Molok-Sammelbehältern, die zwischen 2001 und 2003 installiert wurden, wird seither mittels Zugangskarte und Waage die Menge des entsorgten Abfalls genauestens erfasst und in Rechnung gestellt – neben der Grundtaxe fallen so pro Kilogramm Kehricht 60 Rappen an. Zuvor war der Abfall nach Haushalt und Personenzahl pauschal verrechnet worden.
Abfalltourismus in andere Gemeinden
Mit dem neuen System wird das Entsorgungsverhalten der Einwohner im Detail erfasst, «Wir können genau sagen, wer wann wie viel entsorgt», erklärt Loretan. Auch die Einwohner haben zum Überblick die Möglichkeit, die eigene Mengen im Internet zu verfolgen. Dabei ist laut Abfallstatistik aber auch auffällig, dass im Jahr 2014 insgesamt 18 Kontoinhaber keinen Abfall und weitere 20 Haushalte weniger als 10 Kilogramm entsorgt haben. «Es wäre eine Sensation, wenn ein Haushalt während des ganzen Jahres überhaupt keinen Abfall produzieren würde», betont der Gemeindepräsident.
Einen Abfalltourismus kann Loretan deshalb nicht ausschliessen. Er vermutet stark, dass die entsprechenden Haushalte ihre Abfälle widerrechtlich anderweitig entsorgen oder sie sogar verbrennen. «Ich gehe davon aus, dass diese Leute in Gebiete ohne Sack- oder Gewichtsgebühr ausweichen.» Sei dies nun nach Salgesch oder nach Leukerbad, wo man keine Sackgebühr kennt. «Wir können dagegen nichts unternehmen.» Anders sieht die Situation bei allfälligem Verbrennen aus. Hier will die Gemeinde die Kaminfeger darauf ansetzen, künftig ein besonderes Augenmerk auf Russpartikel-Rückstände in den Kaminen zu richten.
Zu viele Moloks
Nichtsdestotrotz sieht Loretan klare Vorteile im neuen Entsorgungssystem der Gemeinde. Neben der Möglichkeit, rund um die Uhr zu entsorgen, ist vor allem die Schonung der Umwelt ein grosser Pluspunkt. «Heute wird viel stärker differenziert zwischen den einzelnen Abfallprodukten.» So würden die Spezialsammlungen wie Glas oder Altpapier eindeutig häufiger genutzt. «Die Leute gehen sensibler mit der Abfallmenge um. Im ersten Jahr hat das System einen deutlichen Anreiz gegeben, den Abfall bewusster zu trennen.» Er geht aber auch von einer gewissen Normalisierung aus und glaubt, dass die Zahlen künftig wieder etwas steigen könnten.
Im Zuge dieses positiven Effekts sorgt die kleinere Abfallmenge zugleich dafür, dass die vor Jahren installierten Molok-Behälter nicht mehr genügend ausgenützt sind. «Weil die Moloks ursprünglich anhand der früheren Abfallmenge angeschafft und installiert wurden, sind sie grundsätzlich auf mehr Abfall ausgerichtet.» Jetzt habe man deshalb zu viele Sammelbehälter, weshalb einige Moloks inzwischen sogar gesperrt wurden. «Der Aufwand wäre zu gross, diese wegen einiger weniger Abfallsäcke zu leeren.» Die Gemeinde beobachtet nun, wie sich die Situation weiterentwickelt. Derzeit mache es aber keinen Sinn, die überzähligen Moloks ganz aufzuheben.
pmo
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Kommentare
Koschi - ↑5↓1
"..können genau sagen, wer wann wie viel entsorgt" wieder ein weiterer Eingriff in die Privatsphäre des Bürgers, wie lange zurück werden diese Daten gespeichert? Abfallminimierung , Abfalltrennung und Schonung der Umwelt sind eine gute Sache aber welche Menge und vor allem wann jemand seinen Abfall entsorgt sollte jedem selbst, ohne Überwachung, überlassen sein. Was sagt eigentlich der Datenschutzbeauftragte dazu?
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John Wayne - ↑1↓0
Das wird von den Leuten noch sehr lange gedultet, denn die meisten sind einfach zu faul um ihre Stimme oder vor allem ihren Allerwertesten zu erheben um sich gegen das System und die steigende Überwachung zur Wehr zu setzen.
Grächner - ↑4↓1
In Grächen werden wir schon lange von Webcams überwacht. Das dreiste ist aber noch, das dies Archiviert und Öffentlich zugänglich ist. Sowas muss gestoppt werden!!! Sauerei!!!