Rettungshunde | Im Gespräch mit Denise Affolter, Einsatzleiterin von REDOG Wallis
«Wow-Erlebnis in jedem Training»
Durch seinen hervorragenden Geruchssinn ist der Hund der schnellste und effektivste Retter im Auffinden von vermissten Menschen. Diese Tatsache macht sich REDOG zunutze und bildet die Vierbeiner in der Verschütteten- und Vermisstensuche aus. Denise Affolter engagiert sich seit Beginn in der Regionalgruppe Wallis.
Denise Affolter ist Vizepräsidentin, Einsatzleiterin und Ausbildungsverantwortliche der REDOG-Regionalgruppe Wallis (Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde) und seit der Gründung im Jahr 1988 mit dabei. Damals war die Turtmännerin 21 Jahre alt. Der Wunsch, diese Tätigkeit auszuüben, schlummerte allerdings schon länger in ihr.
Immer schon sei sie sehr tierbezogen gewesen, erklärt sie im Gespräch mit «1815.ch». «Zunächst war ich auf der Pferde-Schiene, wie wohl jedes junge Mädchen. Als ich elf Jahre alt war, bekam ich von meinen Eltern ein Buch, geschrieben von einem Katastrophenhundeführer aus Zürich, geschenkt, der darin über seine Einsätze berichtete. Da war für mich klar, dass ich das auch tun will.» Und so geschah es. Seitdem, so erklärt Affolter schmunzelnd, sei sie bei REDOG hängengeblieben.
Prüfstein Japan
Affolters Engagement bei REDOG begann als Hundeführerin. Während ihrer langjährigen Tätigkeit konnte die 47-Jährige mit zwei einsatzfähigen Hunden arbeiten. Inzwischen trainiert sie mit einer dritten Hündin, die allerdings im Ernstfall noch nicht eingesetzt werden kann.
Nach zahlreichen Einsätzen hat sie sich vor zwölf Jahren für die Ausbildung zur Equipenleiterin entschlossen und nimmt damit die Stellung eines Verbindungsgliedes zu den Partnerorganisationen ein. «Das ist eine Arbeit, die mich – neben der Ausbildung der Hunde – sehr fasziniert und in der ich mich wohl fühle. Man trägt in diesem Amt grosse Verantwortung, muss sich immer wieder verbessern und an sich arbeiten.»
Ein grosser Prüfstein sei ihr Einsatz in Japan nach der Naturkatastrophe im Jahr 2011 gewesen – Affolters erster Ernsteinsatz als Equipenleiterin. «Das war ein grosser und emotionaler Einsatz, der mich gleichzeitig darin bestätigt hat, dass ich diesen Weg weiter gehen will.»
Derartige Einsätze würden immer wieder eine Belastung darstellen. «Man kommt von einer 'heilen' in eine total zerstörte Welt.» Und dies nicht nur im Ausland. «Ich war auch in Gondo im Einsatz. Das liegt quasi vor der Haustüre.» Jeder Einsatz verändere die eigene Persönlichkeit, mache einen jedoch auch stärker, wenn man sich selber nach der Rückkehr vor allem mental Sorge trage und unter Umständen auch psychologische Hilfe akzeptiere.
«Woody», der Exot
Die REDOG-Regionalgruppe Wallis zählt derzeit 38 Mitglieder, darunter ein einsatzfähiges Team im Bereich Geländesuche (GS) und im Bereich Katastrophenhunde (KH) drei einsatzfähige Teams, bestehend aus Hund und Hundeführer – eine Equipe, die man im Ernstfall jederzeit einsetzen kann. Schweizweit gibt es im GS-Bereich deren 38, im KH-Bereich 50 und drei im Mantrail (MT) Bereich.
Ein einsatzfähiges Katastrophenhunde-Team sind etwa Hundeführerin Céline und «Woody», ein West Highland White Terrier – oder für Laien: «Der Hund aus der Cesar-Werbung», wie Affolter erklärt. Durch seine geringe Grösse und sein Gewicht von zirka sechs Kilogramm ist «Woody» ein Exot im Such- und Rettungshunde-Metier und damit, so Affolter, wahrscheinlich auch europaweit ein Novum.
Unter den anderen Hunden, mit denen sie trainiert, befinden sich Mischlinge wie auch Rassenhunde, so Retriever, diverse Jagd- und Schäferhunde, wie auch Treibhunde etwa Border Collies, Bergers des Pyrénées oder Australian Shepherds. Wie das Beispiel «Woody» zeige, müsse man allerdings hinsichtlich Rasse offen bleiben.
Ein Such- und Rettungshund muss in erster Linie gesund sein und eine gewisse Grösse und Körperkonstellation mitbringen, damit er in seinem Einsatzbereich agieren kann. So ist es zum Beispiel in den Trümmern wichtig, dass er über ein gutes Gleichgewichtsgefühl verfügt und zudem keine Angst vor beweglichen Untergründen hat. Der Hund, so Affolter, müsse sich gut motivieren lassen, ohne dabei überdreht zu sein.
Langer und steiniger Weg
Aber auch der zukünftige Rettungs-Hundeführer muss gewisse Eigenschaften für diese Arbeit mitbringen. Zum einen sollte er volljährig und autonom sein und einen fahrbaren Untersatz besitzen. «Die Ausbildung im Trümmerbereich zum Beispiel ist sehr intensiv. Ein gewisses Einkommen ist ebenfalls vorteilhaft, denn die Tätigkeit bei REDOG stellt einen recht hohen Kostenpunkt dar.» Alle Personen, die sich bei REDOG in irgendeiner Sparte einsetzen, tun dies nämlich freiwillig und ehrenamtlich.
Ein Katastrophenhundeführer muss bei guter Gesundheit sowie kameradschaftlich sein und darf keine Probleme damit haben, in Trümmern herumzukriechen. «Ganz wichtig ist: Wenn man mit der Ausbildung anfängt, darf man nicht direkt die Einsatzfähigkeit anstreben, sondern muss Freude an der Arbeit mit seinem vierbeinigen Partner haben. Denn der Weg ist lang und steinig und man weiss nicht, ob man überhaupt am Ziel ankommt.» Die Ausbildung zum Katastrophenhund dauert im Moment durchschnittlich vier Jahre.
Nachtübungen in der Türkei
Vom 27. Februar bis 1. März fand ein Übungseinsatz in der Türkei statt. Dort stand vor allem die Zusammenarbeit mit der türkischen Partnerorganisation GEA im Fokus. «GEA und REDOG bilden eine gute Kombination, weil wir beide mit dem gleichen Gedankengut der Freiwilligkeit agieren.»
Dafür reiste eine Schweizer REDOG-Equipe, bestehend aus Equipenleiterin Linda Hornisberger, drei Hundeführern mit Hund, einer medizinischen Fachperson, dem Logistiker Salvatore Miano und zwei weiteren Equipenleiterinnen, darunter Denise Affolter, in die Türkei. Es wurden dort zwei Nachtübungen auf diversen Trümmerfeldern durchgeführt. Neben den Such- und Rettungshunden standen dabei auch technische Hilfsmittel im Einsatz, etwa die Teleskop-Kamera und das Abhorchgerät, ebenfalls wichtige Bestandteile bei REDOG-KH-Einsätzen.
Der REDOG-Virus
Im Durchschnitt absolvieren die Katastrophenhunde-Teams der Regionalgruppe REDOG Wallis eineinhalb Trainings pro Woche. Diese finden während der Woche zum grössten Teil im Wallis statt; in Trümmern, bei Baufirmen, Kieswerken und Abbruchgebäuden, je nachdem wo sich etwas ergibt, wo Verträge bestehen oder die Gruppe aus Goodwill der Besitzer üben darf. Am Samstag oder Sonntag kommt es vor, dass die Regionalgruppe den Kanton verlässt. An einem vergangenen Wochenende übten die Walliser etwa im Trümmerdorf «Epeisses» der Rettungstruppen der Schweizer Armee und in einer Genfer Recyclingfirma. «Trainieren im Abfall von Genf – es ist schon speziell, seinen Sonntag so zu verbringen.»
Trotzdem bleibt Affolters Enthusiasmus ungebremst: «Noch heute habe ich in jedem Training, sei dies in der Sparte Katastrophenhunde oder Mantrail, ein Wow-Erlebnis. Die Arbeit der Hunde ist faszinierend und packt mich jeden Tag aufs Neue. Diesen Virus muss man wohl einfach in sich haben. Der Einsatz ist dann ein Supplement für die ganze Arbeit, die man auf sich genommen und geleistet hat.»
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