Wirtschaft | Oberwalliser Betriebe im Porträt. Heute: brain-tec AG
«Wir sind in der Poleposition»
Brig-Glis. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Briger brain-tec AG zu einer internationalen IT-Unternehmung mit Standbein in mehreren Ländern weiterentwickelt. Geschäftsleitungsmitglied Philipp Fux erklärt die Hintergründe.
«Beim Fussball bekommen die Spanier meistens auf den Deckel», sagt Philipp Fux lachend. «Zumindest, wenn es um Tischfussball geht.» Sind die Madrilenen wieder einmal zu Besuch im Oberwallis, kommen sie im Pausenraum nicht um ein Turnier gegen die einheimische Equipe herum. Dass im Hauptsitz der brain-tec AG in der ehemaligen Pastafabrik Dell’Oro im Rhonesand Spanier und Schweizer gegeneinander antreten, hat einen triftigen Grund. Schliesslich verfügt das Briger IT-Unternehmen im fernen Madrid über ein eigenes Büro. Neben diesen beiden Standorten zählen auch noch Büros in Zürich, Vétroz und ein weiterer Ableger in Böblingen bei Stuttgart zum Firmennetz.
Ursprung und Herz in Brig
«Wir sind inzwischen eine Gruppe mit gut 48 Mitarbeitenden. Allein in Brig beschäftigen wir derzeit 12 Personen», betont Fux. Der 31-jährige Gliser ist als Mitglied der Geschäftsleitung verantwortlich für die Unternehmensberatung. Läuft alles nach Plan, kommt bis Ende Jahr eine weitere Niederlassung in London hinzu. «Derzeit laufen dort Aufbauarbeiten für einen zusätzlichen Standort», blickt der Wirtschaftsinformatiker und Betriebswirtschafter in die Zukunft. Aber auch wenn man international agiere, wolle man das Wallis nicht aus den Augen verlieren. «Ursprung und Herz sind in Brig. Darauf sind wir stolz.»
In der Simplonstadt nahm die Geschichte des Unternehmens im Jahr 2000 ihren Anfang. Unter demselben Namen, allerdings mit einem anderen Verwaltungsrat und anderen Personen im Management, war die AG aus der ehemaligen geteilten IT-Abteilung der Fernfachhochschule und der Fernuni heraus entstanden. «Zunächst lag der Fokus auf der Entwicklung von Webseiten. Davon haben wir uns inzwischen aber komplett verabschiedet. Nur der Name ist geblieben», erklärt Fux. In den letzten fünf Jahren hat sich das Unternehmen mit grossem Erfolg auf Businesssoftware spezialisiert.
Ihr Angebot baut die brain-tec AG auf dem OpenSource-Produkt «Odoo» auf, hinter dem ein gleichnamiges Unternehmen in Belgien steht. «Wir sind ein offizieller Partner der Plattform, entwickeln die Lösungen gemeinsam weiter.» Mit dem Produkt, das laut Fux weltweit marktführend ist, werden die unterschiedlichsten Prozesse von Unternehmen online bedient. Sei dies beispielsweise die Lohnbuchhaltung, die Zeiterfassung, der Helpdesk oder das Newslettering. «Inzwischen stehen insgesamt rund 12000 Apps für die unterschiedlichsten Prozesse bereit.» Neben Beratung, Projektleitung beim Kunden, Softwareentwicklung und Integration übernimmt brain-tec dabei auch den Support.
«Daimler-Mercedes, die Schweizer Post oder Herzog und de Meuron», zählt Fux einige klangvolle Namen auf, die zum Kundenkreis der Briger IT-Firma hinzugehören. «Tolle Referenzen», bemerkt er nicht ohne Stolz. Aktuell bestehe ausserdem ein Auftrag für ein Unternehmen in Kanada. Im Wallis selbst konnte man jüngst etwa für die Migros-Tochter Aproz eine Entwicklung umsetzen. Und auch einige kleinere KMU-Unternehmen aus der Region, zum Beispiel die Valaiscom AG, Universitäre Fernstudien Schweiz oder die Gattlen Ewald AG sind Kunden. «Das Produkt ist sehr modular. Man kann auch nur einzelne Anwendungen herauspicken und für kleinere Firmen anpassen.»
Zeichen stehen auf Expansion
Fux spricht von einer herausfordernden Arbeit, die viel Freude bereite. «Wir sind in der Poleposition. Jeder redet von Digitalisierung, wir machen Digitalisierung. Es ist unser tägliches Geschäft, zu beraten und Kunden in die digitale Welt zu begleiten.» Ein besonderer Vorteil gegenüber reinen Beratungsunternehmen sei, dass die brain-tec AG Softwareentwicklungen im eigenen Haus realisieren könne. «Dass von Brig aus Mitarbeitende mit Kollegen aus anderen Ländern an Projekten in Europa arbeiten, ist extrem spannend.» Ein kleiner Wermutstropfen sei indessen, dass man die internationale Strahlkraft der Firma zu Hause im Oberwallis kaum wahrnehme.
Künftig sei deshalb mehr Öffentlichkeitsarbeit und Standortmarketing für neue Fachkräfte bitter nötig, ist der Gliser überzeugt. Er habe erst letzthin eine engere Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsinformatik-Studiengängen in Siders gestartet. «Es gibt zu wenig spezialisierte Arbeitskräfte in der Region», nennt Fux den Grund dafür und laut ihm ist es eine der grössten Herausforderungen des Wirtschaftsstandorts Wallis. «Wir suchen laufend an allen Standorten nach neuem Personal und könnten überall neue Leute einstellen. Mein Wunsch wäre es, vielleicht auch in Brig bis Ende Jahr eine oder zwei Personen zusätzlich ins Team nehmen zu können.»
Läuft alles nach Plan, soll das Unternehmen in den kommenden Jahren international weiterwachsen. Die Entwicklung zeige eindeutig in Richtung Expansion. «Wir wollen die Digitalisierung weiter vorantreiben und uns vielleicht im Beratungsbereich noch stärker positionieren», beschreibt er die künftige Marschrichtung. Übernahmen anderer Unternehmen sind dabei–obwohl in der Vergangenheit auch bereits diskutiert–im Moment kein Thema. Weiterhin soll das bisherige Vorgehen, neue Standorte von Grund auf aufzubauen, weiterverfolgt werden. «Bei uns bleibt es spannend», sagt Fux beim Abschied in der ehemaligen Pastafabrik mit einem Lachen im Gesicht.
Weihnachtsessen in Madrid
«Obwohl sich bei uns vieles um Technik, Prozesse und Internationalität dreht, steht der Mensch im Zentrum», betont Philipp Fux. Man setze bewusst auf möglichst flache Hierarchien, begegne sich auf Augenhöhe. Trotz mehrerer Sprachen ist dabei auch die Kommunikation kein Hindernis. Die Mitarbeitenden der verschiedenen Standorte tauschen sich laut Fux bei Online-Meetings aus, stehen regelmässig im Kontakt und betreuen ihre Projekte nicht selten länderübergreifend. Gleichzeitig wird auch der Austausch innerhalb des jungen Teams hochgehalten. «Mindestens ein- bis zweimal im Jahr werden alle Mitarbeiter eingeflogen. Im letzten Jahr allesamt zum Weihnachtsessen nach Madrid.»
Philipp Mooser
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar