#UnternehmenWallis | Energie im Wallis: Heimfall der Arbeitskräfte?
«Wir glauben an die Zukunft der Wasserkraft»
Wie steht es um die Walliser Wasserkraft? International gedrückte Strompreise, ungleiche Spiesse innerhalb der erneuerbaren Energien und zugleich Diskussionen um Heimfälle von Wasserkraftanlagen beschäftigen die Energiefachleute und die Politik im Kanton. Paul Michellod, FMV-Generaldirektor, und Raoul Albrecht, FMV-Produktionsleiter, erklären, wo bei der Wasserkraft der Schuh drückt und wie das Walliser Energieunternehmen die Heimfalldiskussion einschätzt.
Jahr für Jahr werden im Wallis 10 Milliarden Kilowattstunden Strom durch heimische Wasserkraft produziert. Das ist fast ein Drittel der gesamten Wasserkraftproduktion in der Schweiz. Rund 80 Prozent der Walliser Stromkapazitäten sind aktuell jedoch im Besitz von ausserkantonalen Eigentümern. Dadurch wird ein Grossteil der Wertschöpfung, etwa beim Handel und bei der Vermarktung, nicht im Kanton generiert. Die in den nächsten Jahrzehnten anstehenden Heimfälle durch auslaufende Konzessionen könnten diese Entwicklung korrigieren. Erklärtes Ziel des Kantons ist es, bis zu 60 Prozent der Kraftwerksbeteiligungen im Bereich der Wasserkraft, die alle 80 Jahre neu vergeben werden, ins Wallis zu holen.
Das Wallis als Exportkanton
Von den 10 Gigawattstunden Strom aus Wasserkraft wird derzeit etwa ein Drittel im Kanton selbst verbraucht, während der Rest ausserhalb des Kantons zu anderen Kunden transportiert wird. Da der Strommarkt ein internationales Geschäft ist, bekommt das Wallis als Exportkanton die Abhängigkeit vom europäischen Markt stark zu spüren. So auch die FMV mit dem Kanton und den Gemeinden als Hauptaktionäre, die rund zehn Prozent der Walliser Wasserkraft im Portfolio hat und ihren Strom am Markt absetzen muss. «Deshalb sollte die langfristige Strategie auf den Export ausgerichtet sein», betont FMV-Direktor Paul Michellod. Subventionierter Stromüberschuss aus Deutschland zum Beispiel habe einen direkten Einfluss auf den Markt. «Die Wasserkraft im Wallis leidet darunter.»
Laut Michellod braucht es neue Regelungen, wie das Stromabkommen mit der EU. «Dieses wurde jedoch nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative eingestellt.» Hinzu kommt der starke Franken, mit dem auch die Einnahmen im Strombusiness ins Schwanken geraten sind. Denn Strom wird heute auch innerhalb des Kantons in Euro gehandelt. Zwar wird Strom für den Endkunden billiger, Produzenten in der ganzen Schweiz und auch im Wallis haben jedoch Verluste zu beklagen. «Aufgrund der Marktentwicklung haben die aktuellen Eigentümer die Tendenz, die Erneuerungen und die Unterhaltsarbeiten zu bremsen. Die Betriebskosten müssen reduziert werden. Irgendwann kommt aber die Retourkutsche.»
Beste Energieerzeugungsquelle
Während Produzenten bei neuen erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Fotovoltaik weiterhin Subventionen erhalten, hätten es die Wasserkraftbetreiber durch den Markt zusätzlich schwer. «Ist das ein faires Spiel?», fragt sich Michellod. Er wünscht sich für alle dieselben Spielregeln. «Klar brauchen die erneuerbaren Energien in der Startphase Unterstützung, allerdings müssen dann zugleich aber andere Produzenten gestützt werden. Wir kämpfen deshalb auf Bundesebene für provisorische Ausgleichszahlungen.» Denn längerfristig würden im Wallis die Solar- und die Windenergie nicht an die Kapazitäten der Wasserkraft heranreichen. «Der Kanton Wallis wird immer ein Wasserkraftkanton sein. Leider gilt das zurzeit als eher altmodisch.»
Gemäss den Visionen des Kantons soll zum Beispiel die Fotovoltaik bis 2035 jährlich mindestens 300 Millionen Kilowattstunden erzeugen. Das stehe jedoch in einem krassen Missverhältnis zu den heute 10 Milliarden Kilowattstunden durch die Wasserkraft. «Wir legen den Fokus deshalb darauf, das Bewährte zu behalten und weiterhin auch in Bestehendes zu investieren», so Michellod. Auch Produktionsleiter Raoul Albrecht betont, dass im Wallis die Möglichkeiten bei den neuen erneuerbaren Energien begrenzt sind. «Das ist ein wichtiger Punkt: Erneuerbare Energie ist immer standortgebunden.» Wasserkraft, die ebenfalls zu den erneuerbaren Energien zählt, bleibe die beste Energieerzeugungsquelle im Kanton. «Wir glauben an die Zukunft der Wasserkraft. Sie ist ökologisch, wirtschaftlich und technisch gesehen die am weitesten fortgeschrittene und verlässlichste Energiequelle.»
Heimfall als Chance?
Um die Wertschöpfung, die sich aus der Nutzung der Wasserkraft ergibt, vermehrt auch im Kanton nutzen zu können, ist die Diskussion um die künftigen Heimfälle der Wasserkraft laut den beiden Fachmännern sehr wichtig. «Das neue Modell zum Heimfall ist derzeit in Vernehmlassung. Die FMV würde sich sehr gerne als Kompetenzzentrum für das Walliser Gemeinwesen positionieren», betont Michellod. Eigentümer zu werden, setze aber zahlreiche Kompetenzen voraus. Das heute vorhandene Know-how stecke derzeit zu einem grossen Teil in anderen Firmen, die nicht im Wallis angesiedelt seien. «Wir möchten deshalb auch weiterhin Partner ausserhalb des Kantons haben, die das Risiko, wenn es weniger gut läuft, mittragen.»
Mit der Unternehmung Hydro Exploitation, die mehr als 400 Mitarbeitende beschäftigt, bestehe im Kanton bereits heute ein grosses Know-how, in erster Linie im Betrieb und Unterhalt von Kraftwerken. «Die Spezialisten von Hydro Exploitation haben eine breite Erfahrung, die weiterentwickelt werden kann», erklärt Albrecht. In weiteren Bereichen befinde sich die FMV momentan in Entwicklung. Sobald man die kritische Grösse erhöhen könne, sei es auch denkbar, dass Arbeitsplätze, die sich heute ausserkantonal bei den grossen Energie unternehmen befinden, ins Wallis geholt und an verschiedene Orte im Kanton verteilt werden. Es sei aber auch wichtig, entsprechendes Know-how aufzubauen. «Am besten geschieht dies, wenn man Erfahrungen sammelt, Projekte realisiert, am Markt arbeiten kann. Und das auf allen Stufen von der Produktion über den Transport bis hin zur Vermarktung und Verteilung.»
Mehr Arbeitsplätze im Energiesektor hätten, so zeigen die Zahlen des BFS, zugleich auch einen positiven Einfluss auf das BIP des Kantons, da dieser Bereich eine sehr hohe Wertschöpfung pro Arbeitsplatz mit sich bringt. Mit heute rund zwei Prozent aller Arbeitsplätze macht der Bereich fast fünf Prozent des BIP des Wallis aus. Die Wertschöpfung pro Arbeitsplatz liegt dabei bei 250 000 Franken. Im Vergleich dazu ist etwa im Tourismus die Wertschöpfung pro Arbeitsplatz mit 70 000 Franken deutlich tiefer.
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pmo
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