Openair Gampel 2015 | Beatsteaks Schlagzeuger Thomas Götz im Interview
«Wenn wir E-Dur, A-Dur, H-Dur und einen schnellen Schlagzeuger haben, ist die Welt für uns in Ordnung»
Nicht nur das Openair Gampel, auch die am Samstagabend aufgetretene Alternative-Rock-Punkband Beatsteaks aus Berlin feiert dieses Jahr Jubiläum. Wir trafen Thomas Götz, Schlagzeuger der Beatsteaks, zum Interview über den perfekten Sommer, die deutsche Sprache, Weltmusik und Flüchtlingshilfe.
Thomas Götz, vorgestern spieltet ihr in Belgien, gestern in Winterthur, heute in Gampel; bei euch ist momentan so einiges los.
«Das stimmt. Wir spielten nun drei Wochen am Stück, beinahe jeden Tag. Gampel ist jetzt aber unser drittletztes Festival.»
Jeden Tag in einer anderen Stadt, ist das nicht ein wenig stressig?
«Überhaupt nicht. Es fühlt sich an wie Urlaub machen. Heute Morgen bin ich um 10 Uhr aufgestanden, dann bin ich mit zwei Freunden hinauf auf Jeizinen ein wenig wandern gegangen, jetzt mache ich zwei Interviews, dann lege ich mich wieder hin und schlafe und heute Abend spiele ich dann noch das Konzert. Also es ist ein toller Tagesablauf, total nicht stressig (lacht).»
Bei all den Konzerten, bleibt denn da noch Zeit zu üben?
«Während der Konzertsaison proben wir kaum. Wenn wir vor dem Auftritt einen Soundcheck machen, wird das Programm besprochen und ein wenig angepasst. Welches Lied wann gespielt wird, wie wir die Übergänge machen, solche Sachen.»
Also läuft nicht jedes Konzert genau gleich ab?
«Nein. Wir haben ein Gerüst von Songs, welches wir immer ein wenig anpassen. Wir entscheiden dann, heute dieses und morgen jenes Lied zu spielen. So wird es auch für uns nie langweilig.»
Ihr spielt heuer bereits das vierte Mal in Gampel; euch scheint es im Wallis gut zu gefallen.
«Ja, ist echt ne schöne Gegend hier! Normalerweise kommen wir ja morgens an einem Festival an und fahren dann nachts bereits weiter zum nächsten. Als wir 2005 hier waren, sind wir aber ein wenig länger geblieben und haben die Berge genossen.»
Gampel feiert dieses Jahr seinen 30. Geburtstag. Doch auch ihr geniesst ein Jubiläum.
«Das stimmt. Wir sind noch nicht bei 30, aber doch schon bei stolzen 20 Jahren.»
Wird dieser runde Geburtstag von den Beatsteaks denn auch gefeiert?
«Selbstverständlich, wir sind gerade mitten drin! Wir haben die ganze Sommerzeit so geplant, wie es unseren Idealvorstellungen entspricht. Wir spielten unsere Lieblingsfestivals, in ganz Europa, Clubs in denen wir entweder sehr gerne schon gespielt haben oder Clubs in denen wir noch nie waren, wir haben ein paar Kneipenkonzerte gespielt, und und und. Zudem haben wir zwei neue Lieder aufgenommen und wir veröffentlichen auch noch eine Sammlung mit allen Singles, die wir gemacht haben.»
Ihr kommt aus Berlin, spielt aber vor allem englische Musik. Mögt ihr die deutsche Sprache nicht?
«Nein nein. Wir sind einfach mit englischer Musik aufgewachsen, mit den Beatles oder den Rolling Stones. Das ist uns näher. Das ist nicht eine politische Botschaft oder so.»
Die Beatsteaks sind also unpolitisch?
«Wir sind Musiker, nehmen Lieder auf und spielen Konzerte. Das ist unser Metier und das ist der Hauptzweck.»
Trotzdem engagiert ihr euch.
«Das stimmt. Wir haben als Musiker die Möglichkeit, coole Sachen zu machen, ohne dass es uns grosse Anstrengung kostet. Wenn wir ein Konzert spielen und wir spenden dann die Einnahmen, ist das ja sinnvoll. Ob das jetzt für ne Kita oder für Blutspende ist.»
Oder für die Flüchtlingshilfe.
«Auch dafür setzen wir uns ein, ja. Ich finde es furchtbar, wenn arme Menschen zu reichen Leuten kommen und die Reichen sagen: Hey, ihr kriegt nichts! Wenn Europa sagt: Geht wieder heim. Da muss man schon mal ein Zeichen setzen.»
Das heisst?
«Wir sind keine Moralapostel und laufen nicht mit hochgehaltenem Finger durchs Land. Wir sagen aber, was Sache ist. Ich finde das zum Kotzen, dass wir die Flüchtlinge so schlecht behandeln. Allerdings gibt es auch ganz viele Leute, die den Flüchtlingen helfen.»
Also sind die Beatsteaks doch irgendwo Politik.
«Wie gesagt, wir sind Musiker. Wir sind Rock’n Roll. Wir wollen E-Dur, A-Dur, H-Dur und einen schnellen Schlagzeuger und dann ist die Welt für uns selber eigentlich schon in Ordnung.»
«Die besten Lieder sind bereits geschrieben», werden die Beatsteaks oft zitiert. Wie stehst du zu dieser Aussage?
«Es gibt tatsächlich sehr viel gute Musik! Wenn man das in Kilogramm wiegen könnte – das wäre astronomisch.»
Konkret?
«Momentan interessieren sich ganz viele Leute für Weltmusik und das finde ich super. Nicht nur amerikanische Bands sind toll, auch andere haben eine Chance verdient. Ich war diesen Sommer in der Türkei, da gabs ganz tolle Gruppen. Im Senegal gibts ganz tolle Bands, in Mali gibts super Musiker, es gibt tolle englische oder australische Bands. Auf jedem Kontinent gibt es tolle Musik zu hören. Ob elektronisch, ob Geige, ob Gitarre oder auf der Maultrommel, alles hat seinen Reiz.»
sl
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