Weihnachtszauber | Augustiner-Chorherren betreuen Hospize im Hochgebirge
Weihnachten im Hospiz
Sowohl das Hospiz auf dem Simplonpass als auch jenes auf dem Grossen St. Bernhard wird seit jeher von den Augustiner-Chorherren geführt. Eine weltoffene Gemeinschaft, die derzeit rund 40 Diener Gottes zählt, welche, neben einem drei Mitbrüder umfassenden Konvent in Taiwan, ausschliesslich im Wallis beheimatet sind.
Die Tore der Begegnungshäuser auf dem Simplonpass und auf dem Grossen St. Bernhard stehen Gästen während 365 Tagen im Jahr offen. Das Angebot zu einer kurzen Einkehr oder zu einem mehrtägigen Aufenthalt inmitten der eindrücklichen Bergwelt wird von Durchreisenden, Berggängern oder von Touristen rege genutzt. «Im Hospiz auf dem Simplonpass verzeichnen wir jährlich rund 18'000 Übernachtungen. In der Einrichtung auf dem Grossen St. Bernhard werden pro Jahr etwa 11'000 Übernachtungen registriert», erklärt Novize Olivier Forno aus Steg. Leider zähle die Ordensgemeinschaft, für deren Mitglieder das Gebot der Besitzlosigkeit gilt, in beiden Institutionen nur wenige Personen aus dem Oberwallis, bedauert der 32-Jährige. Auch aus der Deutschschweiz würden nicht viele Gäste kommen. «Die meisten Besucher reisen aus der Romandie, aus Frankreich, Italien oder aus Belgien an – auch zum Hospiz auf dem Simplon.»
In dem durch die Passstrasse gut erschlossenen Simplon-Hospiz, das bis zu 130 Gäste beherbergen kann, herrscht im Winter lebhafter Betrieb. «Hingegen werden während den Wintermonaten auf dem Grossen St. Bernhard etwas weniger Gäste empfangen», weiss Forno, der einer der jüngeren Mitbrüder der Gemeinschaft ist. Die Besucherzahlen ändern sich aber in der Sommersaison. «Weil der Grosse St. Bernhard doch einiges mehr an einen traditionellen Bergpass erinnert als der gut ausgebaute Simplonpass mit seiner Nationalstrasse», mutmasst Jean-Pascal Genoud, der bis zum Sommer 2015 als Prior des Hospiz auf dem Simplon amtete und nun Pfarrer in Martinach ist.
Die Chorherren sind weitum für ihre Gastfreundschaft bekannt
Doch zurück zu den Wintermonaten. Wie begeht die Chorherren-Gemeinschaft, deren Mitglieder in der Mehrzahl Priester sind, die das feierliche Stundengebet pflegen und zugleich in der Seelsorge tätig sind, die Festtage auf den tief verschneiten Alpenpässen? Man müsse unterscheiden zwischen dem was in den Pfarreien in Talgemeinden einerseits und in den beiden Hospize laufe, so Olivier Forno. Und Jean-Pascal Genoud ergänzt: «In den Gemeinden sind wir eng an die Programme in der jeweiligen Pfarrei gebunden. Auf den Pässen hingegen wird das Programm durch die Besucher bestimmt.»
An Heiligabend ist im Simplon-Hospiz allerdings noch sehr wenig los. Erst ab dem 25. Dezember kehrt allmählich Leben in die Begegnungsstätten ein. Zum Hospiz auf dem Grossen Sankt Bernhard dagegen reisen viele Gäste bereits einige Tage bis eine ganze Woche vor Weihnachten an, um sich gemeinsam mit den Chorherren und den anderen Gästen auf das Fest vorzubereiten. Genoud erklärt: «Vor allem Familien aber auch Gruppen kommen sehr gern auf die winterlich verschneiten Pässe. Sie verbinden das Naturerlebnis im Hochgebirge mit einem liturgisch und spirituell prägenden Erlebnis in einer doch lockeren Gemeinschaft.» Die Gäste würden meist für eine Woche auf den Pässen bleiben. Ihnen wird ein Programm mit Gesprächen, Austausch und Ausflügen wie Skitouren angeboten.
Klostertage liegen im Trend
«Wie auch in anderen Klöstern bemerken wir in den letzten zehn Jahren eine diskrete Zunahme des Bedürfnisses vieler Laien nach einer zeitlich begrenzten spirituell geprägten Lebenspause in Form von Einkehrtagen in einer abgeschotteten Umgebung», weiss Genoud. Die Hospize würden sich unabhängig von Konfession dahingehend gerne zur Verfügung stellen. «Diese zwangs- und schemafreie Empfangskultur ist durch die 1000-jährige Geschichte der Berghospize gegeben, in denen das Obdach und der Schutz des Menschen in Schwierigkeiten ganz ohne besondere Berücksichtigung seines religiösen Hintergrunds, stets an vorderster Stelle stand.» Dennoch verstecken die Chorherren, die nicht in strenger Klausur leben, ihre Zugehörigkeit nicht. «Eine räumliche oder menschliche Segregation der Gäste nach ihrer Zugehörigkeit ist nie erfolgt. Das wäre im Kontext eines Hospizbetriebes auch nicht möglich gewesen.»
Keine weltfremden Mönche
«Wir kümmern uns um des ankommenden Menschen aktuelle Situation und helfen ihm, sicher weiter gehen zu können. Was die Personen später daraus machen, liegt nicht in unserer Hand.» Diese Absenz von aktivem Proselytismus unterscheidet die Chorherren-Gemeinschaft sehr deutlich von anderen religiösen Orden. Abschliessend fügt Genoud an: «Die vielseitigen Begegnungen mit verschiedensten Menschen bergen sehr viele Überraschungen und Bereicherungen - nicht zuletzt auch für uns selber.»
Weitere interessante Artikel der WB-Beilage «Weihnachtszauber» gibt es als PDF in der Rubrik Themenbeilagen zu lesen. Darin enthalten sind unter anderem Beiträge über Wildtiere im Winter, das Universum - vom Simplon aus gesehen sowie die Glückskette und ihren Oberwalliser Direktor Tony Burgener.
pan
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