Alpabzug | Der lange Weg von Mensch und Tier ins Tal
Brigerberger Schwarznasenzüchter ziehen mit ihren Tieren heimwärts
Mit dem traditionellen Alpabtrieb und der anschliessenden Schafscheid haben die Brigerberger Schäfer am vergangenen Wochenende das Ende des Bergsommers eingeläutet. Wenn Hirten und Tiere ins Tal ziehen.
Der Sommer auf den Alpweiden des Steinentals und der Rosswaldalp, hoch über Ried-Brig und Termen, neigt sich jäh dem Ende zu. Die würzigen Alpkräuter auf den abschüssigen Bergwiesen sind längst abgegrast, unablässig und frostig fegt der Wind am Samstagmorgen über den Bergrücken bei Fleschboden talwärts. Graue Nebelschwaden umhüllen tiefliegend den Gipfel des Folluhorns, es riecht nach erstem Schnee.
8.00 Uhr am Samstagmorgen: unwirtlich präsentieren sich die Bedingungen auf 2100 Meter über Meer. Nichtsdestotrotz sind fast 20 Rosswald- und Steinentalschäfer schon seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen, um die rund 650 Schwarznasenschafe in der wild-zerfurchten Gegend zusammenzutreiben und sie zunächst auf Fleschboden vollzählig zu versammeln. Nach 90 Tagen Alpsömmerung ist es an der Zeit, die Schafe vor Anbruch der kalten Wintermonate wieder zurück ins Tal zu bringen.
Ankunft auf Fleschboden
Noch vor der Mittagszeit können sämtliche Tiere auf einem ersten Rastplatz am Fusse des Folluhorns nach und nach zusammengeführt werden. Ihnen folgend die berggängigen Treiber, die den Nutztieren hartnäckig bis in den hintersten Krachen nachgestiegen sind. Denn Schwarznasenschafe seien überaus standorttreu, weiss Alpchef Rinaldo Pfammatter aus Ried-Brig. «In kleineren Untergruppen suchen sie immer wieder dieselben Futter- und Standplätze auf.» Das mache eine konsequente Behirtung dieser Schafrasse ungemein schwieriger. «Sie lassen sich nur unter grossen Anstrengungen einigermassen zusammenhalten», kennt er das Verhalten der Tiere.
650 Schwarznasen von insgesamt 30 Eignern aus Ried-Brig und Termen auf Fleschboden versammelt – die Schafherde, aus deren Reihen beharrliches Blöcken und helles Treichelgeläut zu vernehmen ist, mutet tatsächlich imposant an. Über den schwarz gestiefelten Beinen der behornten Gebirgsgänger präsentiert sich die fein gekräuselte Wolle nach dem dreimonatigen Bergsommer immer noch erstaunlich weissfarben. Da wirken die bunten, von den Züchtern auf das zottige Fell aufgetragenen Markierungen gar etwas störend. «Sie zeigen die Zugehörigkeit zur jeweiligen Herde an», klären einige Schafhalter auf. Aber im Grunde würden die meisten Besitzer ihre Tiere auch ohne farbliche Kennzeichnung wiedererkennen.
Etwas abseits, windgeschützt bei einem geländegängigen Kleintransporter stehend, bemerkt ein älterer Schäfer, dessen erfahrener Blick über die grosse Gruppe schweift, dass sich das Vieh unruhig verhalte. «Es zieht sie nun hinab auf tiefer gelegene Weiden.» Das launische Wetter trage seinen Teil dazu bei.
Es geht abwärts
Schliesslich wird das Kommando zum Aufbruch gegeben. Sogleich ergreifen Jung und Alt ihre hölzernen Hirtenstäbe, kräftig werden lange Schafgeisseln geschwungen, sie knallen in kalter Luft. Unter den antreibenden Zurufen und den gelegentlichen Jauchzern der Schäfer, setzt sich die Herde, die an der Spitze von zwei Hirten sicher und ruhig angeführt wird, nach und nach in Bewegung. Einige Rosswaldschäfer beziehen routiniert ihre Positionen inmitten der stetig vorwärtsdrängenden Hornträger, sind Geleitschutz, wenn die Tiere alsbald auf einen steinigen Schotterweg gelotst werden, der entlang einer seitlichen Bergflanke Richtung Rosswald führt.
Ob Schäfer, Helfer und Schwarznasen allesamt wohlbehalten von ihren Sommerdomizil auf der Alp bis nach Termen und Ried-Brig gelangen, lesen Sie im «Walliser Boten». Einige Eindrücke des dreitägigen Alpabzugs erhalten Sie in der Bildergalerie und in unserem Video.
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