Wirtschaft | Oberwalliser Betriebe im Porträt. Heute: Zermatt Matterhorn Brauerei AG
Viel Potenzial in der Bierflasche
Zermatt. Seit dem Sommer 2015 wird in den Kellerräumen der Spissstrasse 11 in unmittelbarer Nähe des Zermatter Bahnhofs Bier gebraut. Braumeister Andreas Falk und Vertriebsleiter Serge Zurbriggen sind mit den ersten beiden Jahren zufrieden.
Mit steigender Beliebtheit greifen im Tourismusort Gäste und Einheimische zur Bierflasche mit dem Horn auf der Etikette. Es sind sogar schon Anfragen für kleinere Lieferungen aus dem Ausland eingetroffen, so etwa aus Kolumbien oder Singapur. «Wir haben von Beginn an tolle Rückmeldungen erhalten. Das Bier funktioniert, wird geschätzt und hebt sich erst noch von anderen ab», zeigt sich Serge Zurbriggen, verantwortlich für Vertrieb und Marketing, zufrieden. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt um die 560 Hektoliter Zermatt-Bier verkauft. Man wolle auch künftig weiter wachsen, dabei aber nichts überstürzen, lautet der Tenor. Die maximale Kapazität liegt bei 2000 Hektoliter im Jahr.
Umkämpfter Biermarkt unterm Matterhorn
Vorerst sei der Fokus hauptsächlich auf das Matterhorndorf ausgerichtet. Im Tourismusort ist die Brauerei allerdings mit einem hart umkämpften und stark saisonal geprägten Biermarkt konfrontiert, wobei man preislich laut Zurbriggen aber gut mithalten könne. «Der Zermatter Markt wird von den national bekannten Marken dominiert», erklärt der 33-jährige Zermatter. Als Kleinbrauerei sei man dadurch vom Produkt her zwar praktisch konkurrenzlos, die Verträge der Gastronomie mit den Grossbrauereien seien aber ein harter Brocken. «Die meisten Betriebe haben mehrjährige Verträge. Es braucht viel Geduld und Idealismus, um Fuss zu fassen», gibt er zu bedenken.
Die Idee für einen Zermatter «Gerstensaft» ist laut Zurbriggen nicht neu. Bereits zuvor sei einige Male darüber diskutiert worden. Dank eines russischen Investors und der Initiative des einheimischen Juristen Dr. Thomas Julen habe man das Vorhaben inzwischen realisieren können. Mit dem aus dem deutschen Frankenland stammenden Braumeister Andreas Falk holten die Initianten dafüreinen ausgewiesenen Fachmann ins Wallis. Der 52-Jährige hatte völlig freie Hand bei der Gestaltung des Bieres. «Das war eine grosse Herausforderung. Aber anscheinend hatte ich den richtigen Riecher, Glück und Gottes Segen. Sonst wäre ich wohl nicht mehr hier», scherzt er. Falk zählt heute neben einem kürzlich eingestellten Hilfsarbeiter und Zurbriggen zur dreiköpfigen Belegschaft des sehr gut ausgerüsteten Betriebs mit einer eigenen Abfüllanlage.
Braumeister sieht grosses Potenzial
Der Deutsche sieht trotz der Hürden viel Potenzial. «Die Marke hat grosse Möglichkeiten. Auch weil das Matterhorn überall bekannt ist und wir es für unser Marketing nutzen können. Und wenn das Bier dem gerecht wird und wir eine gehörige Portion Gradlinigkeit an den Tag legen, stehen der Zermatt Matterhorn Brauerei die Türen in der Schweiz offen», ist Falk überzeugt. Dafür setzt die Brauerei viel Gewicht auf die Qualität ihrer Produkte. «Unser Bier wird komplett vor Ort produziert und abgefüllt.Man trinkt sozusagen Zermatt», betont Zurbriggen. Das heimische Gletscherwasser eigne sich von seiner Härte und dem PH-Wert her bestens für die Produktion. Malz und Hopfen indes werden aus Deutschland importiert, wie bei einem Grossteil der anderen Schweizer Brauereien auch.
Die Zermatter Biere sind ausserdem nicht filtriert und werden auch nicht pasteurisiert. «Wir wollen ein frisches Produkt anbieten und das Hopfenaroma erhalten», sind sich Falk und Zurbriggen einig. Die Folge dieser Entscheidung bringe aber eine deutlich kürzere Haltbarkeit von drei Monaten mit sich. Laut dem Braumeister widerspricht dies der gängigen Praxis in der Schweiz. «Bei anderen Bieren wird in der Regel eine zwischen sechs und zwölf Monate lange Haltbarkeit angegeben. Für Qualität, Frische und Geschmack ist das nicht gut. Auch wenn ein Bier ein Jahr haltbar ist, sind nach einigen Monaten deutliche Unterschiede auszumachen.» Häufig fehle beim Trinken jedoch die direkte Vergleichsmöglichkeit.
Naturtrübes Frischprodukt
Die Frage, ob er auch selbst auch hin und wieder zum Bierglas greife, bejaht Zurbriggen ohne Umschweife. «Ich trinke selbst natürlich regelmässig Bier aus unserer Produktion und auch von anderen Brauereien. Schliesslich müssen wir hin und wieder Qualitätskontrollen durchführen», sagt er mit einem Augenzwinkern und stellt ein kleines Probeglas auf den Tisch. Vor dem Einfüllen des goldenen Erzeugnisses schwingt er die geöffnete Flasche einige Male leicht hin und her. Das sei wichtig, da es sich um ein naturtrübes Bier handle, erklärt er. Einen klaren Favoriten bei den eigenen Produkten hat Zurbriggen indes nicht. «Es macht einen grossen Unterschied, wo und wie man das Bier trinkt. Die Temperaturen, der Durst und die Gelegenheit machen mir persönlich unterschiedliche Lust auf eines unserer beiden Biere.»
Ein Horn, zwei Biere
Gebraut werden in Zermatt mittlerweile zwei unterschiedliche Biersorten. Im Angebot stehen ein dunkles und ein helles Bier. Seit Beginn an zählt das Matterhorn-Bier mit der roten Etikette dazu. «Unser Original hat eine auffallend rötliche Farbe. Es setzt sich aus fünf Malzsorten zusammen. Das ist schon sehr speziell, zumal viele Grossbrauereien aus wirtschaftlichen Gründen deutlich weniger Sorten nutzen», beschreibt Serge Zurbriggen das Zermatter Original mit seinen 5 Prozent Alkoholgehalt. Seit letztem Sommer wird das Angebot durch das Monterosa-Bier ergänzt. «Es ist eine schlankere Variante, wobei im Vergleich zum Original zwei helle Sorten Malz verwendet werden. Dafür ist es jedoch stärker und spezieller gehopft.
pmo
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