Flüchtlinge | Totgeburt nach Rückschaffung
Grenzwächter schuldig gesprochen
Auch in zweiter Instanz ist es bei einem Schuldspruch geblieben: Das Militärgericht hat einen Grenzwächter, der einer schwangeren Syrerin bei der Rückschaffung nach Italien keine Hilfe zukommen liess, zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt.
Das Militärappellationsgericht verurteilte den 58-Jährigen am Dienstagnachmittag wegen einfacher sowie fahrlässiger Körperverletzung und Nichtbefolgung von Dienstvorschriften.
Vom Vorwurf der versuchten Tötung, welche der Ankläger im Rahmen der auf zwei Tage angesetzten Verhandlung erhoben hatte, sprach das Gericht den Grenzwächter frei. In erster Instanz war der Grenzwächter auch noch wegen versuchten Schwangerschaftsabbruchs schuldig gesprochen worden, wofür das Militärappellationsgericht nun aber keine Anhaltspunkte sah.
Mit einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen (à 150 Franken) reduzierte die Berufungsinstanz das Strafmass. In erster Instanz war der Grenzwächter zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten sowie einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden.
Totgeburt im italienischen Spital
Das Schweizerische Grenzwachtkorps hatte am 4. Juli 2014 den Auftrag erhalten, eine Flüchtlingsgruppe von Vallorbe VD nach Domodossola I zurückzuführen. Am Bahnhof Brig, an dem die 36 Syrerinnen und Syrer während zweieinhalb Stunden warten mussten, verschlechterte sich der Gesundheitszustand einer Schwangeren zusehends.
Am Ende musste die von Schmerzen geplagte Syrerin gar in den Bahnwagen getragen werden. In Domodossola brachte sie einen nicht mehr lebenden Fötus durch eine Spontangeburt zur Welt. Gemäss Gutachten war der Fötus schon vor dem Aufenthalt in Brig tot.
Er habe zunächst nicht bemerkt, dass es der Frau schlecht gehe, hatte der Feldweibel des Grenzwachtkorps vor dem Militärgericht ausgeführt. Erst als die Frau zum Zug getragen worden sei, habe er deren Notlage erkannt - und sogleich die italienischen Kollegen verständigt, dass eine Person im Zug medizinische Hilfe benötige.
Der Auditor, der militärische Ankläger, hatte hingegen in seinem Plädoyer festgehalten, dass der Grenzwächter als "Chef auf dem Platz" für die Syrerin verantwortlich gewesen sei und umgehend medizinische Hilfe hätte anfordern sollen. Dass er nicht einmal gefragt habe, wie es der Frau gehe, sei unverständlich.
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