Embryonen-Transfer hält in der Eringerzucht Einzug
«Super-Kampfkühe» aus dem Stickstoff-Container

Züchter aus Leidenschaft: Rita und Beat Brantschen halten in ihrer Stallung gegen 50 Eringerkühe aus eigener Zucht.
Foto: zvg

Stickstoff-Container. Neben unzähligen Samendosen ausgewählter Stiere lagert Beat Brantschen darin auch Mini-Kälber von «Dominga».
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Eringerzüchter Beat Brantschen aus St. Niklaus sorgt in seiner Stallung auch mit dem Einsatz von Embroynen von Super--Kampfkuh Dominga für Nachwuchs. «Das macht nur bei aussergewöhnlichen Tieren Sinn», sagt dieser.
Eine für die Zucht geeignete Eringerkuh bringt in ihrem Leben vielleicht sechs bis acht Kälber zur Welt. Mit der Methode des Embryo-Transfers (siehe unten) ist es möglich, ein Vielfaches an Kälbern zu produzieren. Das ist für Züchter vor allem dann eine verlockende Aussicht, wenn Eigenschaften von «Supertieren» wie etwa der kantonalen Königinnen «Schakira» oder «Cobra» bei möglichst vielen Nachkommen erhalten werden sollen.
Mit der Gewinnung von Embryonen von solchen starken Kampfkühen können deren Eigenschaften ohne den «Umweg» über männliche Nachkommen weitervererbt werden. Eine Methode, die in der Rinderzucht regelmässig angewandt wird, etwa um die Milchleistung zu optimieren. Bei Eringerkühen hingegen steckt die Anwendung des Embryo-Transfers noch in den Kinderschuhen.
«Domingas» Erbe
Erfahrungen mit Embryotransfers sammelt derzeit Eringerzüchter Beat Brantschen (57) aus St. Niklaus. An die 50 Tiere stehen in seiner Stallung. Angefangen mit der eigenen Zucht hat er im Alter von 17 Jahren mit dem Kauf dreier alter Eringerkühe. Seit etlichen Jahren schon ist er als einer der wenigen Oberwalliser Eringerzüchter im Besitz eines Diploms, das ihm erlaubt Kühe aus der eigenen Zucht künstlich zu besamen. Etwa die Hälfte seiner Kühe wird mittels künstlicher Besamung trächtig, die andere Hälfte über die Deckung eines Stiers.
Vor einigen Jahren ging Brantschen in seinen Zuchtbemühungen mithilfe des 2013 verstorbenen Tierarztes Alain Passeraub einen Schritt weiter. Passeraub, der für Swissgenetics arbeitete, spielte bei der Anwendung von Embryo--Transfers bei Eringerkühen eine Pionierrolle. «Meine Kampfkuh ’Dominga’, die sieben Jahre in Folge Alpkönigin war, war mit 15 Jahren am Ende ihres Lebenswegs. Mithilfe von Alain Passeraub gewannen wir nach vorgängiger künstlicher Besamung in zwei Spülungen insgesamt zwölf Embryonen von ‚Dominga’.» Diese wurden in der Folge tiefgefroren und lagern seither in flüssigem Stickstoff in einem Container in Brantschens Stallung.
Vier dieser Embryonen sind inzwischen bei Simmental Kühen im Kanton Solothurn und Braunviehkühen im Wallis eingesetzt worden. «In zwei Fällen verwarf das Empfängertier das Kalb. Zweimal wurde ein Stierkalb geboren», zieht Brantschen Bilanz. Und bereits in der nächsten Woche soll ein weiterer Embryo in einer Simmental Kuh auf die Lebensreise geschickt werden. «Die Chance, dass der Embryo angenommen wird, ist bei einem zweijährigen Rind grösser als bei Kühen», sagt Brantschen. «Den Transfer des Embryos in die Gebärmutter nimmt dabei eine dafür spezialisierte Tierärztin aus Interlaken vor. Dieser wird exakt sieben Tage nach der Rindrigkeit der Ammenmutter vollzogen.»
Alternative für Spitzentiere
Den grossen Vorteil des Embryo-Transfers sieht Brantschen bei Rindern, die zwar hervorragende Voraussetzungen für die Zucht mitbringen, aber nicht trächtig werden. «Ein solches Spitzentier landet deswegen oftmals beim Metzger. Die Ausweichmöglichkeit besteht darin, dem Tier einen Embryo einzupflanzen. Verläuft dies erfolgreich, wird das Tier im Folgejahr im Normalfall über eine künstliche Besamung problemlos trächtig», weiss Brantschen aus Erfahrung mit einem Rind, das von «Dominga» stammt. «Nach einem Embryo-Transfer wurde die Kuh im Folgejahr nach der Deckung durch ein Stierkalb von ‚Cobra’ von Viktor Gsponer problemlos trächtig.»
Allerdings sieht Brantschen die Gewinnung von Embryonen nur dann als sinnvoll an, wenn es sich um aussergewöhnliche Tiere handelt. Etwa bei Tieren, die sich als Alpköniginnen oder an Ringkuhkämpfen durchsetzten. «Das macht Sinn, weil so die Genetik der starken Tiere ohne Umweg über männliche Nachkommen weitervererbt werden kann.» Dass so aber auch starke Kampfkühe in Serie gezüchtet werden können, ist keinesfalls der Fall. «Obwohl die Genetik sicherlich stimmt, weiss man nie zum Voraus, welche Charaktereigenschaften das Tier entwickelt.»
«Keine Garantie für Kampfkühe»
Die Methode des Embryo-Transfers wird in der Eringerzucht im Oberwallis noch kaum angewandt. «Es war vorab der verstorbene Tierarzt Dr. Alain Passeraub und unser Kollege Dr. Reinhold Pokorny, der im Oberwallis eine ganze Reihe erfolgreicher Spülungen im Rahmen seiner Anstellung bei Swissgenetic duchführten», sagt Tierarzt Rainer Saner von Swissgenetics. Er ist beim Anbieter von Genetikprogrammen mit fünf Standorten bei der grössten Organisation für künstliche Besamung in der Schweiz für den Bereich Embryo-Transfer zuständig.
Saner hat in diesem Winter bei drei Tieren im Wallis Spülungen zur Embryogewinnung vorgenommen. «Die Chance, dass ein Züchter eine gute Kampfkuh nachzüchten kann, steigt natürlich mit der Anzahl gewonnener Embryonen. Dass Kampfeigenschaften vererbt werden, ist aber nicht erwiesen. Allerdings ist es schon möglich, dass dem so ist, ansonsten gingen nicht aus bestimmten Linien mehr Siegerkühe hervor. Über den Erbgang und den Einfluss von Umweltfaktoren lässt sich allerdings wenig sagen. Eine Garantie für Siegerkühe gibt es mit dem Embryo--Transfer nicht.»
Laut Saner muss ein Züchter im Wallis für eine normale Spülung zur Embryogewinnung mit Kosten um die 2000 Franken rechnen. «Darin inbegriffen sind der Grundtarif, die Anfahrtskosten und die gewonnenen Embryonen.» Dass mit der Methode des Embroytransfers übermässig auf die Eringerzucht Einfluss genommen werden könnte, glaubt Saner nicht. «Die Eringerkühe werden bereits seit einigen Jahrzehnten stark auf den Kampf gezüchtet. Und wenn sie diese Charaktereigenschaft nicht hätten, gäbe es wohl weniger dieser Kühe im Wallis.» Die wenigen Spülungen von guten Eringerkühen zur Gewinnung von Embryonen fielen in diesem Zusammenhang wohl eher in die Kategorie «Hobby». «Das ist zahlenmässig zu wenig und zu unsystematisch, als dass es die Kampfszene verändern würde.»
Kontrolle des Kantonstierarztes
Damit die Tiere bei dem Eingriff keinen Schaden erleiden, steht die Gewinnung und Übertragung von Embryonen unter der Kontrolle des Walliser Kantonstierarztes Jérôme Barras. «Wir kontrollieren, dass die Tierärzte, welche diese Methode anwenden, die obligatorische Ausbildung haben und dass der eingesetzte Stiersamen kein Risiko für Einschleppung von Tierseuchen darstellt», sagt dieser auf Anfrage. Negative Auswirkungen auf die Eringerzucht sieht er keine und streicht die Vorteile heraus. «Wie bei der künstlichen Besamung kann die gute Genetik eines Tieres breitflächig und während mehrerer Jahre gebraucht werden.»
Embryo-Kuh «Violette
Am Regionalen Ringkuhkampf am 29. März in der Goler-Arena erlebt die Erstmelke «Violette» aus der Stallung von Sepp Karlen ihre Feuertaufe. Karlen setzte den Embryo einer starken Ringkuh vor drei Jahren erfolgreich bei einem Rind in der eigenen Stallung ein.
Was ist Embryo-Transfer?
Die Eierstöcke einer Spenderkuh werden mittels Hormonen zur Produktion vieler Eizellen stimuliert (Superovulation). Bei der anschliessenden Brunst wird die Kuh besamt und sieben Tage nach der Belegung werden die befruchteten (Embryonen) und unbefruchteten Eier mit einer speziellen Spülflüssigkeit aus der Gebärmutter herausgespült. Unter dem Mikroskop werden die Embryonen gesucht, beurteilt und entweder frisch übertragen oder zum Tiefgefrieren vorbereitet. Das Einsetzen in Empfängertiere erfolgt stets unblutig. Die Trägertiere haben keinerlei genetischen Einfluss auf das werdende Kalb.
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