Walliser im Ausland | Walburga Baur-Stadler berichtet aus Südkalifornien

«So war mein Visp» – Teil 3

«Institut St. Ursula - Schulausflug, Juni 1960, begleitet von der strengen Schwester Antonia. Es scheint, dass ich doch ein wenig besser Gitarre spielen konnte, als ich in Erinnerung hatte!»
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«Institut St. Ursula - Schulausflug, Juni 1960, begleitet von der strengen Schwester Antonia. Es scheint, dass ich doch ein wenig besser Gitarre spielen konnte, als ich in Erinnerung hatte!»
Foto: zvg

«Marie-Therese Heinzmann-Schnidrig, die ich erwähnte, weil sie meine Flötenlehrerin war. Sie hat sich offenbar über den Artikel gefreut.»
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«Marie-Therese Heinzmann-Schnidrig, die ich erwähnte, weil sie meine Flötenlehrerin war. Sie hat sich offenbar über den Artikel gefreut.»
Foto: zvg

Nach Jahren fernab der Heimat erinnert sich Walburga Baur-Stadler an ihre Visper Jugendjahre zurück.
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Nach Jahren fernab der Heimat erinnert sich Walburga Baur-Stadler an ihre Visper Jugendjahre zurück.
Foto: zvg

Quelle: 1815.ch 18.01.16 0
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Seit 17 Jahren lebt Walburga Baur-Stadler in Südkalifornien. Sie ist im Wallis aufgewachsen und seitdem hat es sie in alle Himmelsrichtungen verschlagen. Auf 1815.ch berichtet Baur-Stadler heute über Kübelweise verkaufte Maikäfer, den Ruppi Walo, die Frau Schraner, die scheinbar mit ihren Hunden redete, und anderes aus ihren Jugendjahren in Visp.

Artikel zum Thema

  • «So war mein Visp» – Teil 1
  • «So war mein Visp» – Teil 2

Walburga Baur-Stadler (wbaur@roadrunner.com) hat sich nach zahlreichen Auslandserfahrungen vor 17 Jahren in Südkalifornien niedergelassen, ausserhalb von Los Angeles, am Fuss der San Gabriel Berge. Ihre Zeit widmet sie ihrem Garten, dem Malen und Singen.

Auf 1815.ch berichtet sie in loser Reihenfolge über ihr Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten:

«Kein einziger meiner anderen Artikel hat so viele Leser dazu bewogen, mir zu schreiben und Erinnerungen mit mir auszutauschen. So will ich versuchen, noch etwas mehr über Visp und seine Leute zu schreiben. Der Ehrlichkeit halber muss ich sagen, dass mein Bruder Alban (s’Albi) meinem Gedächtnis mit einer ganzen Liste von Leuten und Orten nachgeholfen hat.

Jedes Jahr schauten wir dem Wonnemonat Mai wirklich mit Wonne entgegen und hofften, ganz im Gegensatz zu den Landwirten, dass es wieder ein Maikäferjahr sei. Kübelweise schüttelten wir sie aus den Rosskastanien-Bäumen und konnten sie dann pro Liter verkaufen. Allerdings kann ich mich nicht mehr erinnern, was wir dafür bekamen.

Dafür kauften wir dann die Milch literweise in der Milchzentrale, dort wo die Bauern hinten die Milch in den grossen Kesseln anlieferten und wir sie dann vorne mit dem Kesseli heraustrugen.

Als Metzger hatten wir den Gsponer, den Friedli und den Tschopp. Schön der Reihe nach wechselten wir sie beim Einkaufen ab, damit sich keiner betupft fühlen konnte.

Im Magasin Zurbriggen gab es eine ganze Abteilung mit Heiligenstatuen, Heiligenbildchen, Rosenkränzen usw. Die Töchter brachten dann hie und da den Klosterfrauen eine Statue als Geschenk. Aber es war sicher nur aus Nettigkeit, und nicht, um die Schulnoten zu beeinflussen!

Und Wirtschaften hatte (und wohl hat) es in Visp mehr als genug. 'D’s Resää' (die Traube) hatte eine Hinterstube, in der man den Sängern am Sonntag nach dem Hochamt den verdienten und verbotenen Absinth servierte.

Von den schon erwähnten Coiffeur-Brüdern Lisi war der Augusto auch bekannt, weil er an der Fasnacht mit viel Geschick den Leuten das Gesicht schminkte. So z.B. malte er dem Ruppi Walo, unserem Briefträger, ein Clown-Gesicht. Am anderen Morgen, so gegen fünf oder sechs Uhr – ja, so früh mussten die Briefträger damals bei der Post anfangen – lächelten die Mitarbeiter den Walo freundlich an, aber keiner sagte ein Wort, bis dann auf seiner Tour eine Frau ihn fragte, ob er denn immer noch Fasnacht habe. Da musste er seinen üblichen Beizen-Zwischenhalt etwas vorverlegen, damit er sich in der Wirtschaft abschminken konnte. Alles war wieder in bester Ordnung und Visp um eine lustige Geschichte reicher.

Das Kleidergeschäft Bayard war schon damals der grösste Kleiderladen im Oberwallis. Mein Bruder Alban berichtet, dass er auch dorthin ging, um seine Hochzeitskleidung zu kaufen. Kaum war er im Geschäft, stand schon eine etwas ältere Verkäuferin neben ihm und fragte, was er suche. 'Eine dunkelblaue Kleidung', war die Antwort. Die Frau musterte ihn so von der Seite und meinte 'aha, eine Hochzeitskleidung!', dann folgten noch ein paar Fragen zur Grösse und Form des Tschopens, wo die Schlitze sein sollten und eine kurze Anprobe. Alles war in einer Viertelstunde gelaufen. Alban war sicher, dass seine Verlobte und ihre Mutter viel länger brauchten, um seine Hochzeitskravatte auszulesen.

Und hier, nur so zur Erinnerung, noch einige Visper mehr:

- Dr Joggi Buser und sein Ross Lisa – Er war die Camionage mit Fuhrwerk und Gefluche.

- D’s Fühl Ruppi von der Gepäckannahme beim Bahnhof

- D’s Ruppu Pierrli, der seine Schmiedwerkstatt westlich vom Velo-Furri hatte. Nicht gerade der billigste Veloflicker, aber eine Konkurrenz zum Pacci, dem anderen Veloflicker.

- Der Veloflicker Künis, der im Negerdorf (Kleegärten) wohnte, wo die Buben die billigen Reparaturen mit Veloputzen oder Felgenspeichen abzahlen konnten.

- D’s Della Bianchi – der Eisenwarenhändler auf dem Kaufplatz.

- D’s Jänelti Scharly, der andere Eisenwarenhändler, vis-à-vis der Apotheke Fux.

- Der Ländemann, ein lediger älterer Mann, der in Brig bei seiner Mutter wohnte und auf der Eisbahn mit seinen Schnell-Lauf-Schlittschuhen die Kinder immer schön im Kreis herumzog.

- Der René Schraner, der die Buben auf dem Benzintank seines Töffs sitzend lenken und Gas geben liess. Er fuhr mit seiner Frau per Töff nach Tunesien, zu einer Zeit, in der das noch nicht touristisch 'in' war. Dann kam danach ein Tunesier sie besuchen, schön in Djellaba gekleidet, was für uns natürlich eine Sensation war. Frau Schraner hatte zwei Dackel, die sie ständig in Atem hielten. Damit sie Ruhe hatte, setzte sie sich einfach in den Garten und las laut in ihrem Buch. Die Hunde meinten, sie spräche mit ihnen, und blieben schön ruhig vor ihr liegen. Das verleitete einen Nachbarn zur Aussage: 'Jetzt spinnt sie, die liest den Hunden aus einem Buch vor!'

Und jetzt noch etwas vom Schönsten: die 1.-August-Feier auf dem Dorfplatz. Fachmännisch schauten wir zu, wie am Vortag die Bühne aufgebaut und mit Fahnen geschmückt wurde und warteten dann gespannt auf den Abend. Mich dünkte es, als sei das ganze Dorf zur Feier anwesend. Es gab einige Ansprachen, die Dorfmusik musizierte und der Kirchenchor sang, und dann kam der heiss ersehnte Höhepunkt. Die Männer des Turnvereins, hochelegant in weissen Keilhosen, dünnen weissen Schülein und einem ärmellosen weissen Leibchen, führten ihre Kunststücke vor, die dann am Schluss mit der Pyramide endeten. Ein bengalisches Feuer, vorne an der Bühne, leuchtete sie dann noch in grün und rot an. Sowas an Eleganz! Soll ja niemand sagen, dass die Leute vom Dorf nicht richtige Feiern veranstalten konnten!»

Als Vierjährige zog Walburga Baur-Stadler mit ihrer Familie ins Wallis, wo sie aufgewachsen ist und die Real- und Handelsschule im Institut St. Ursula in Brig besuchte. Nachdem sie zwei Jahre lang Sekretärin bei den Walliser Kraftwerken in Visp war, zog es sie nach Oxford, um Englisch zu lernen.

Danach trat Walburga Baur-Stadler eine Stelle beim Politischen Departement in Bern (heute: Departement für auswärtige Angelegenheiten) an und wurde in Belgien, Marokko, Thailand und Madagaskar als Sekretärin eingesetzt. Nach ihrem Wechsel in die konsularische Laufbahn kam es erneut zu Versetzungen: Mailand, Kongo, Peru, Costa Rica und Kalifornien, wo sie ihren Mann, einen Zürcher, kennenlernte und heiratete. Gemeinsam waren die beiden noch in Spanien und Argentinien, wo sich Baur-Stadler Ende 1998 im Grad einer Generalkonsulin frühzeitig pensionieren liess.

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18. Januar 2016, 07:00
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