Silvester | Ob Schichtarbeiter, ÖV-Angestellte oder Gastro-Mitarbeiter – sie erleben den Jahreswechsel auf der Arbeit
Sie arbeiten, wenn die Korken knallen
Die Leute halten für einen Augenblick inne, blicken auf das Handydisplay, auf die Uhr oder in den Himmel, der just von einem Feuerwerk erhellt wird. Beim Uhrschlag um Mitternacht scheint die Welt für einen kurzen Augenblick stillzustehen. Das Räderwerk im Hintergrund nimmt darauf nicht Rücksicht. Angetrieben durch Berufsleute, deren Arbeit auch in dieser Nacht nicht harren kann, können alle anderen die Korken knallen lassen.
Francesco Martin, Maître d’hôtel im Mont Cervin Palace, Zermatt:
«Ich stosse mit meiner Frau an»
«Um Mitternacht bin ich im Hotel. Ich werde bereits den ganzen Tag mit Vorbereitungen beschäftigt sein, ein Tag ohne Ende. Um 19.30 Uhr öffnen wir unsere Türen für die grosse Gala, ab dann herrscht Hochbetrieb bis rund 5 Uhr morgens. Es ist immerhin einer der wichtigsten Anlässe im Jahr im Hotel. Mit meiner Frau werde ich aber bestimmt mit einem Glas anstossen können, das ist der Vorteil, wenn man zusammen arbeitet. Aber bestenfalls haben wir dafür eine Minute. (lacht) Mit den Kindern feiern wir am Nachmittag des 1. Januars mit Kuchen nach, sie verbringen Silvester mit ihrer Tante zu Hause. Von feiern kann also nicht die Rede sein. Eine richtige Silvesterparty ist nicht denkbar, wenn man in der Gastronomie arbeitet und solch einen Anlass betreuen muss. Aber mir gefällt das.»
Urban Bregy, Portier und Verantwortlicher Sicherheit Lonza:
«Ein Tag wie jeder andere»
«Zwischen 21.00 und 5.00 Uhr überwache ich während meiner Nachtschicht das Lonza-Areal und bereite den folgenden Tag vor. Grundsätzlich bin ich während der gesamten acht Stunden allein im Büro. Gegen Mitternacht werde ich mit den Sanitätern mit alkoholfreiem Champagner anstossen – vorausgesetzt, es geschieht nichts. Ich bin so oder so lieber an Weihnachten mit meiner Familie als an Silvester, für mich ist das ein Tag wie jeder andere. Mit meiner Frau werde ich am Neujahrstag anstossen.»
Birgit Venetz, Chauffeurin bei PostAuto Oberwallis, Saas-Grund:
«Die Gäste sind sehr dankbar»
«Ich bin es mir gewöhnt, an Silvester zu arbeiten. Bevor ich zu PostAuto Oberwallis ging, habe ich in der Gastronomie gearbeitet. Im Wallis und besonders im Saastal verdienen wir mit dem Tourismus unser Geld. Wir freuen uns, wenn viele Gäste kommen. Dass man dafür auch mal über die Feiertage arbeiten muss, verdirbt mir bestimmt nicht meine gute Laune. Ganz im Gegenteil, ich mache das gern. Wenn die Leute um Mitternacht auf das neue Jahr anstossen, befinde ich mich auf einem Kurs von Visp nach Saas-Fee. Das Schöne dabei: Die Gäste sind sehr dankbar für unsere Arbeit. Ein Grund mehr, gut gelaunt zu sein.»
Diego Millius, Schichtenführer bei DSM:
«Mit Rimuss anstossen»
«Es reut mich nicht, dass ich nicht mit meinen Freunden feiern kann. Als ich vor zehn Jahren eingestiegen bin, wusste ich schliesslich, dass Schichten zum Job gehören. Mit den Arbeitskollegen werden wir sicher ein paar Minuten Zeit finden, mit Rimuss anzustossen. Vielleicht schaffen wir es gegen Mitternacht, wenn aber die Anlagen nicht laufen, kann es später werden. Die Schicht endet um 5.00 Uhr, danach gehe ich meinem Umfeld ein frohes neues Jahr wünschen und verbringe den Tag auf den Ski – bevor die Schicht um 21.00 Uhr wieder beginnt.»
Ibraim Salzmann Pereira, Koch im Restaurant Staldbach, Visp:
«Frau und Kinder im Bett»
«Ich arbeite seit über 25 Jahren als Koch, am Silvesterabend zu arbeiten ist für mich daher völlig normal und kein Problem. Auch meine Familie kennt es nicht anders und hat sich daran gewöhnt. Wenn ich nach Hause komme, sind Frau und Kinder schon lange im Bett. Und meine Arbeitskollegen und ich haben einen langen Abend hinter uns, an dem wir unsere Gäste mit einem speziellen Silvestermenü beglückt haben. Nach Mitternacht heisst es dann: Küche putzen. Sobald alles picobello fertig ist, werden wir traditionsgemäss unter uns Arbeitskollegen mit einem Glas Champagner oder einem Bier noch auf das neue Jahr anstossen.»
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