Sanierung | Passagen des Bergwanderwegs zur Hörnlihütte werden saniert
Schwindelerregendes Bauprojekt am Matterhorn
Derzeit werden einige beschädigte Teilstücke des bei Berggängern beliebten Hörnliwegs oberhalb von Zermatt umfassend saniert. Ein Besuch auf der viel begangenen Hochgebirgs-Baustelle am Matterhorn.
Es ist ein schmaler Wanderweg der hoch über Zermatt, in zumeist unwegsamem Gelände, hinauf zur Hörnlihütte auf 3260 Meter über Meer führt. Ein gelber Wegweiser mit weiss-rot-weisser Spitze signalisiert bei Schwarzsee, dem Startpunkt der nicht wenig mühevollen Tour gen Matterhorn, dass es sich beim Hörnliweg um einen Bergwanderweg handelt, der meist steil und teilweise exponiert verläuft. Insgesamt überwindet die vier Kilometer lange hochalpine Strecke zum «Base Camp» unter dem Matterhorn 743 Höhenmeter.
Nach einem ersten Anstieg und einem nachfolgenden Wegstück, das mithilfe von Stahlseilen und Trittgittern beim Hirli entlang eines steilen Felsen führt sowie der anschliessenden Querung einer ebenen Steinwüste, ist schliesslich in einer stark zerklüfteten und verwitterten Felspartie, rund 30 Gehminuten unterhalb der Hörnlihütte, eine Baustelle auszumachen. Ab und an hallt Baustellenlärm durch die Stille der eindrücklichen Berg- und Gletscherwelt, zuweilen sind es auch die Rotorengeräusche eines Helikopters der Air Zermatt.
Anstrengungen in dünner Luft
Die letzten Höhenmeter zum Hochgebirgs-Bauplatz auf fast 3000 Meter über Meer, windet sich der Hörnliweg durch abschüssiges Gelände und brüchiges Gestein. Ein am Wegesrand platziertes Schild kündigt die Sanierungsarbeiten gut sichtbar an. Die Luft wird dünner, die Schritte behäbiger, die Atemzüge schwerer. Ganz anders agieren indes die tagsüber dort malochenden Bauarbeiter in dem felsdurchsetzten Terrain, das sich gemäss der beiden bergerfahrenen Baustellenleiter Jacques Schnidrig und Beat Locher allerorten talwärts zu bewegen scheint.
Routiniert, trittsicher und schwindelfrei bauen die jeweils vier Mitarbeitenden der Unternehmung Ulrich Imboden AG in Visp sowie der in Susten/Agarn angesiedelten Firma «Schteimüürini» seit rund zwei Wochen einige Teilstücke des stark frequentierten Bergwegs aus oder richten diese wieder her. «Die Sanierung wurde nötig, weil Teile des Wegs abgerutscht sind und einige Passagen aufgrund des auftauenden Permafrosts weit auseinander klaffende Risse aufweisen», weiss Schnidrig, der in den Bergen aufgewachsen ist. Auf einen Spalt deutend, der sich innert weniger Tage stetig verbreitet hat, ergänzt der Grächner: «Der Fels in diesem Gebiet ist permanent in Bewegung.»
Neue verbreiterte Abschnitte
Beat Locher, Mitinhaber der «Schteimüürini» fügt an: «Da der Weg an dieser Stelle nicht mehr zu retten ist, wird nun eine komplett neue Passage mit einer breiten Treppe aus Natursteinen im oberen Bereich angelegt. Eine Metalltreppe im unteren Sektor ergänzt die neue Streckenführung. Das Trasse dazwischen soll mit Stahlträgern und Steinen verstärkt werden.» Daneben müssten weitere Trockensteinmauern entlang des Hörnliwegs entweder geflickt, wiederaufgebaut oder neu erstellt werden.
Das Gestein, das für den Trockenmauerbau erforderlich ist, wird per Helikopter aus der unmittelbaren Umgebung eingeflogen. «Wir sind auf qualitativ gutes Material angewiesen. Noch unbeschädigte Steine lassen sich nicht immer in direkter Nähe finden», begründet der Agarner Trockensteinmaurer die Zulieferung aus der Luft. Dass man ferner keine Steine aus einer instabilen Felswand entnehme, sei darüber hinaus einleuchtend.
Sicherheit als oberstes Gebot
Derweil tragen einige Arbeitskollegen scheinbar mühelos sperrige Lasten bergaufwärts, hantieren mit grobem Arbeitsgerät, das mithilfe eines Kompressors betrieben wird, bearbeiten und platzieren klobige Felsbrocken am Rande des Abgrunds. Ein Knochenjob, bei dem es auch auf Präzision ankommt und bei dem die Equipe fast pausenlos von Wanderern und Bergsteigern aus aller Herren Länder passiert wird – mehr oder minder gut ausgerüstet, mehr oder minder gut zu Fuss, die Strecke einzeln in Angriff genommen oder in grossen Gruppen laufend.
Sowohl die Sicherheit der Passanten als auch jene der Arbeiter müsse jederzeit gewährleistet sein, benennen die einheimischen Bauexperten nur eine der zahlreichen Herausforderungen auf der gebirgigen Baustelle. «Die an Holzbalken angebrachten Netze verhindern etwa, dass plötzlich losgelöste Steine unkontrolliert bergab donnern», erklärt Schnidrig, dessen Team mitunter für die Sicherung und die groben Vorarbeiten zuständig ist. Temporär bergseitig angebrachte Drahtseile dienen den Gästen als Handlauf.
Wetter gibt den Takt an
Nicht selten wollen die vorüberschnaufenden Berggänger mehr Informationen von den arbeitenden Mannen zum Bauprojekt in Erfahrung bringen. Diese geben bereitwillig Auskunft. Die Alpinisten zeigen sich fast immer dankbar und verständnisvoll ob deren Einsatz am Berg, knipsen ein Erinnerungsfoto. Trotz der zehrenden Arbeitstage, die oft am frühen Morgen ab 5 Uhr beginnen, herrscht auf Platz eine herzliche Atmosphäre. Die acht Spezialisten der beiden Teams arbeiten Hand in Hand, umgeben von einem imposanten Panorama. Und inzwischen hätten sich alle Mitglieder der beiden Mannschaften, welche während der Woche in der Hörnlihütte logieren, an das Schaffen in höchster Höhe gewöhnt, zeigt sich Schnidrig zufrieden.
Man komme voran, ist auch Locher froh. Denn aufgrund der widrigen Witterungsverhältnisse zum Sommerbeginn konnte der Baustart nicht ganz plangemäss lanciert werden. Mitte Juli hatten die Fachkräfte ausserdem mit einem heftigen Wintereinbruch zu kämpfen, der sie zwang, die Arbeiten für eine kurze Weile niederzulegen. «Zu gefährlich», waren sich Schnidrig und Locher einig. Das Wetter am Matterhorn wird zugleich auch ausschlaggebend sein, ob der angedachte Fahrplan zur Wegsanierung während dem ohnehin kurzen Bergsommer eingehalten werden kann. «Wir werden sehen, ob wir termingerecht abschliessen können», lässt sich Locher nicht auf ein Datum festlegen. «Hauptsache unfallfrei». Ein vorläufiges Ende der gröbsten Arbeiten ist im August vorgesehen – das Wetter wird es weisen.
Im Jubiläumssommer 2015 sind rund 10'000 Tagesgäste über den Hörnliweg zur Hörnlihütte gelangt. Hinzu kamen 3000 Alpinisten und Bergführer, die das Matterhorn besteigen wollten. Ursprünglich wäre geplant gewesen, dass Sherpas aus Nepal die beschädigten Wegteile zur Hörnlihütte instand gestellt hätten. Doch das Bundesamt für Migration und das Departement für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA erteilten den nepalesischen Staatsbürgern keine Arbeitsbewilligung. Der Zermatter Gemeinderat hat für die erste Etappe der Wegsanierung einen Kredit von 100'000 Franken gesprochen.
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