Raumplanung | Kantone, Gemeinden und Wirtschaft fordern Marschhalt
Rückweisung der zweiten Etappe der Raumplanungsrevision
Kantone, Gemeinden und Wirtschaft fordern einen gesetzgeberischen Marschhalt in der Raumplanung. Die zweite Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG2) wird deshalb abgelehnt. Zuerst müsse die erste Revision mit der Fokussierung auf verdichtetes Bauen umgesetzt werden.
Es bestehe kein dringender Handlungsbedarf für eine weitere, umfassende Anpassung des Raumplanungsgesetzes, argumentierten Vertreter des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), des Gemeindeverbandes, des Hauseigentümerverbandes (HEV), von Bauenschweiz und der kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) an einer Pressekonferenz am Montag in Bern.
Die vorliegende Gesetzesrevision, die noch bis am 15. Mai in der Vernehmlassung ist, sei unausgereift und überschreite den verfassungsmässigen Rahmen. Priorität müsse jetzt bei der anspruchsvollen und aufwendigen Umsetzung der ersten Revisionsetappe auf allen Staatsebenen liegen.
Die Erstellung der kantonalen Raumkonzepte, die Anpassung der Richtpläne und Raumplanungs- beziehungsweise Baugesetze sowie der Vollzug in den Gemeinden stünden dabei im Vordergrund. Auch die Wirtschaft und die Bevölkerung benötigten Zeit, um das Ziel der ersten RPG-Revision, die innere Verdichtung, in guter Qualität voranzutreiben.
Regulierungslawine losgetreten
Für den Zürcher Nationalrat und Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, Hans-Ulrich Bigler, darf eine weitere Gesetzesänderung erst dann erfolgen, wenn die erste Etappe sauber umgesetzt ist und die Auswirkungen abgeschätzt werden können. Mit RPG2 komme eine neue Regulierungslawine auf die Schweiz zu, sagte er.
Nach dem 15. Januar mit der Freigabe des Euro-Mindestkurses sei ohnehin alles zu unterlassen, was Wirtschaft und Gesellschaft mit noch mehr Regulierungen und Vorschriften belaste, sagte Bigler. Ständige Gesetzesanpassungen seien Gift für die Wirtschaft und überforderten die Vollzugsorgane.
Der grösste raumplanerische Handlungsbedarf bestehe gegenwärtig bei der Siedlungsentwicklung nach innen, um den Boden haushälterischer zu nutzen und der Zersiedelung des Landes Einhalt zu gebieten: Dazu brauche es eine radikale Vereinfachung des Baurechts und der Verfahren vor allem auf kantonaler und kommunaler Ebene.
Bund greift in kantonale Kompetenzen ein
Der Zuger SVP-Regierungsrat Heinz Tännler, Raumplanungsdelegierter der BPUK, kritisierte die vorgesehene Kompetenzordnung: Raumplanung sei Sache der Kantone. Es sei nicht eine Kompetenz des Bundes und auch nicht eine Verbundaufgabe. Der Bund könne grundsätzlich nur den Rahmen festlegen. Davon komme der Bund mit RPG2 noch stärker ab als bisher. Dies könnten die Kantone nicht akzeptieren. Die Vorlage sei zudem ein Sammelsurium von Ideen und Partikularinteressen. Es fehle ein übergeordnetes Konzept.
Für den Schaffhauser SVP-Ständerat Hannes Germann, Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes, liegen die grossen Herausforderungen der Gemeinden in der Raumplanung derzeit nicht in der Gesetzgebung, sondern beim Vollzug dieses Gesetzes. Für die Gemeinden gebe es zum jetzigen Zeitpunkt noch viele Unbekannte. Die Siedlungsentwicklung nach innen sei für alle Gemeinden ein äusserst arbeitsintensiver Prozess.
Für den Zürcher SVP-Nationalrat Hans Egloff, Präsident des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV), erfordert Verdichten und baulich Sanieren hohen planerischen Einsatz und kostet viel Geld. Gelingen könne dieser Kraftakt nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmten. Eine erneute Grossrevision des RPG sei hier kontraproduktiv. Fehlende Planungssicherheit bedeute weniger Investitionen in Umbau- und Neubauprojekte, weniger Ersatzneubauten und weniger energetische Sanierungen.
Übergeordnete Interessenabwägung notwendig
Auch der Aargauer SVP-Nationalrat Hans Killer, Präsident von bauenschweiz, der Dachorganisation der Bauwirtschaft, plädierte für etwas Geduld für eine gute Umsetzung. RPG2 biete dazu aber keine Hilfestellung, denn sie greife übereilt und unausgereift ein riesiges Feld an weiteren Themen auf. Die Vorlage sei überladen, unausgegoren und nicht zu Ende gedacht.
Ein wichtiger Gesichtspunkt, der diskutiert werden müsse, sei die übergeordnete Interessenabwägung. Grundsätzlich sollte keinem Einzelinteresse ein absoluter Vorrang eingeräumt werden, forderte er.
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar