Wirtschaft | Reicht das finanzielle Massnahmenpaket des Bundes?
«Wir hatten viel höhere Erwartungen»
Wallis | Die Massnahmen zur Wahrung der Liquidität der Unternehmen sei im Ansatz eine gute Lösung. Dennoch blieben viele Forderungen unerfüllt. Vor allem von den Walliser Restaurateuren und Hoteliers.
Martin Schnydrig führt mit seinen Geschwistern im Oberwallis sechs Modehäuser der Marke «Mode Elegance», «Tom Tailor» und «Cécil». Seit dem 17. März haben die Geschwister null Einkommen, aber weiterhin hohe Rechnungen. «Wir haben Abnahmeverträge mit unseren Lieferanten. Jeden Monat kommen neue Produkte. Die können wir nicht einfach so stornieren, denn der Zwischenhändler hat sie seinerseits bereits bezahlen müssen. Im Juni werden wir aber kaum mehr März- oder April-Mode verkaufen können. Wir geraten da eventuell in ein sehr gefährliches Fahrwasser», erklärt er.
Nebst der später praktisch unverkäuflichen Ware sind zudem Mieten und Sozialleistungen für die Löhne der 25 Angestellten zu zahlen, die seit Wochen in Kurzarbeit geschickt worden sind. Da türmen sich Monat für Monat, solange die vom Bund beschlossenen Massnahmen gelten, gefährliche Summen auf. «Die Überbrückungskredite des Bundes sind nur ein Anfang. Ich befürchte, dass durch die Krise, jene Betriebe, die schon vorher nicht gut aufgestellt waren, kaum überleben. Ich denke, dass es eine Riesen-Marktbereinigung geben wird. Das kann für jene Firmen, die überleben, auch eine Chance sein».
Bedarf an Krediten unbekannt
Der Bund hat rasch Hilfe versprochen. «Innert einer halben Stunde haben Sie ihr Geld», tönte Finanzminister Ueli Maurer. Wird es tatsächlich so einfach? «Ich denke nicht. Wir raten unseren Kunden, sich bei ihrem Berater zu melden, damit per Telefon gemeinsam das Antragsformular ausgefüllt werden kann. Dies deshalb, damit das Formular korrekt und möglichst vollständig ausgefüllt ist. Anschliessend werden wir die Gesuche prüfen und so rasch wie möglich entscheiden», teilt Karlheinz Fux, Präsident des Oberwalliser Raiffeisenverbandes mit. Selbstverständlich können die Betriebskunden aber auch persönlich vorbei kommen. Doch erst müsse das Formular sorgfältig ausgefüllt sein. Derzeit laufen die bankinternen Vorbereitungsarbeiten auf Hochtouren, damit man für die Anfragen der KMU-Kunden parat sei. «Wir wissen gar nicht, was genau auf uns zukommt. Wieviele unserer Betriebskunden einen solchen Kredit überhaupt möchten». Wobei nicht jeder Betrieb tatsächlich damit rechnen solle, tatsächlich auch einen Kredit zu erhalten. Firmen, die schon vor der Krise auf wackligen Füssen und eventuell mit zahlreichen Betreibungen da standen, sollten eher nicht damit rechnen. «Wer Konkurs zu gehen droht, der erhält von uns sicher keinen Kredit», betont Fux. Der Raiffeisen-Präsident hält das Massnahmenpaket für eine gute Lösung, um die Liquidität der Unternehmen sicher zu stellen. Das sei in der jetzigen Situation wichtig.
Kredite verschieben Problem nur nach hinten
Gleicher Meinung ist auch Patrick Bérod, Direktor des Walliser Hoteliervereins: «Es ist aber nur ein erster Schuss. Da muss eindeutig mehr kommen. Wir hatten viel höhere Erwartungen. Weder wurden unsere Forderung erfüllt, dass die Löhne zu hundert Prozent von der Kurzarbeit bezahlt werden sollen, noch dass der Staat auch die Zahlung der Sozialleistungen übernimmt. Bisher sind diese nur sistiert, nicht aber gestrichen worden. Gar keine Lösung gibt es auch bei der Bezahlung der Mieten. Das muss sich ändern». Im Wallis seien mehr als die Hälfte aller Restaurants und Hotels von Pächtern geführt, die immer noch die Pachten bezahlen müssen. «Wir warten immer noch eine Lösung in diese Richtung. Das wichtigste aber: die Walliser Betriebe brauchen keine Kredite, sondern à fonds perdu-Beiträge, die nicht zurückbezahlt werden müssen. Überbrückungskredite helfen uns nämlich nicht. Da werden die von den Betriebsschliessungen verursachten Probleme einfach nach hinten verschoben. Um diese irgendwann zurückzuzahlen, dazu fehlen ganz einfach die Margen und die Reserven», hebt Patrick Bérod hervor.
Der Direktor des Walliser Hoteliervereins hofft immer noch auf Signale aus Bundesbern, dass in dieser Thematik etwas geht. «Auch das Problem der selbstständigen Geschäftsführer ist nicht gelöst. Viele leben vom Betriebsgewinn und zahlen sich keinen Lohn aus. Wer aber nicht auf einer Lohnliste steht, erhält auch weiterhin nichts. Und wer sich einen Lohn bezahlte, der erhält von der Arbeitslosenversicherung nur 3320 Franken im Monat. Das ist weniger, als ein Kasserolier verdient!», ereifert sich Bérod.
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Kommentare
Zehnder Damian, Zermatt - ↑1↓0
Ein Kredit kann enorm belasten, deshalb Hände weg von diesem Angebot.
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