Weinbau | Keine Bank-Kredite für Provins für die Auszahlungen der Ernten 2018 und 2019
Provins-Poker ging nicht auf
Conthey | Die Genossenschafter verweigern eine Statutenänderung. Und bringen das grösste Schweizer Weinhaus in Bedrängnis. Provins braucht einen neuen Plan.
Armin Bregy
Es war eine denkwürdige Generalversammlung am Donnerstagabend in Conthey. Und eine lange. Beinahe vier Stunden lang wurde präsentiert, argumentiert und debattiert. Mehr als 700 Genossenschafter fanden sich in der Mehrzweckhalle ein. Der Ansturm sorgte für eine 45-minütige Verspätung – und enervierte Versammlungsteilnehmer. Ebenso der Sicherheitsdienst, der Journalisten den Zutritt in die «Salle Polyvalente» verweigerte.
Perraudins Premiere
Provins präsentierte ein durchzogenes Finanzergebnis: mit 47,6 Mio. Franken einen leicht höheren Umsatz, mit 1,48 Mio. Franken einen kleineren Verlust als im Vorjahr. Die Zah-
len wurden von Provins selbst als «ungenügend» qualifiziert. Verwaltungsratspräsident Léonard Perraudin sagte, dass
man dank internen Anstrengungen den Umsatz konsolidieren konnte. Eine grosse Mehrheit der Genossenschafter akzeptierte den Jahresabschluss 2018/2019. Perraudin, der das Provins-Präsidium im Dezember 2018 von Pierre-Alain Grichting übernommen hatte, sprach an der Generalversammlung von einem turbulenten ersten Jahr. Er muss davon ausgehen, dass es in den kommenden Monaten nicht ruhiger wird.
Denn beim Haupttraktandum verwehrte die Generalversammlung dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung die Gefolgschaft. Provins wollte eine Statutenänderung durchsetzen, um eine Mengenbeschränkung einführen zu können. Das Weinhaus wäre so nicht mehr verpflichtet gewesen, die gesamte Ernte seiner Genossenschafter anzunehmen, sondern nur so viel, wie am Markt abgesetzt werden kann – ein Paradigmenwechsel in der bald neunzigjährigen Geschichte des grössten Schweizer Weinhauses. Eine Statutenänderung, die aufgrund der angespannten Marktsituation notwendig sei, proklamierte Provins, zudem sei sie Bedingung für die Freigabe von Bankkrediten, auf die das grösste Schweizer Weinhaus dringend angewiesen ist. Ansonsten könne man die Winzer für ihre Ernten nicht auszahlen.
Pyrrhussieg für
Provins-Winzer
Eine Argumentation, die bei manchem Genossenschafter für geharnischte Worte sorgte. Man lasse sich nicht erpressen, liess sich ein Winzer im «Nouvelliste» zitieren. Das Verdikt folgte prompt: Mit 396 Ja, 248 Nein und 46 Enthaltungen wurde die erforderliche Zweidrittelmehrheit für die Statutenänderung verfehlt.
Provins-Direktor Raphaël Garcia bedauerte den Entscheid der Genossenschafter. Und er bestätigte gestern auf Anfrage die unmittelbaren Konsequenzen: «Aufgrund der Abstimmungsergebnisse wird Provins unmittelbar die Kredite für die Auszahlungen der Ernten 2018 und 2019 nicht erhalten.» Man müsse nun andere Massnahmen ergreifen, ansonsten sei die Zukunft der Genossenschaft in Gefahr. Und diese Massnahmen müssten schnell initiiert werden, so Garcia weiter. Wie diese aussehen, bleibt indes offen. «Bis zum Zeitpunkt einer ausführlichen Kommunikation an unsere Genossenschafter werden weder der Verwaltungsrat noch die Geschäftsleitung weitere Stellungnahmen abgeben», sagt Garcia.
Fazit: Provins wird auch künftig verpflichtet sein, ihren Genossenschaftern die gesamte Erntemenge abzunehmen, wie es in den Gründungsstatuten aus dem Jahre 1930 festgeschrieben steht. Die Abnahmeverpflichtung gegenüber den Winzern, die vollen Lager und der rückgängige Weinkonsum lassen dem grössten Schweizer Weinhaus wenig Spielraum. Eine Option: Provins kann die Vergütungsansätze für die Ernte kürzen, den Winzern künftig also weniger für das Traubengut auszahlen als bisher. Dies würde wiederum die Rebbauern treffen. Denn die Abnahmeverpflichtung hat zwei Seiten: Sie verpflichtet nicht nur Provins, die Ernte anzunehmen, sondern auch die Genossenschafter, ihr Traubengut an Provins abzuliefern.
Die Provins-Dirigenten haben am Donnerstagabend ei-
ne empfindliche Niederlage erlitten. Die Provins-Winzer durften einen kleinen Sieg feiern. Es wird ein Pyrrhussieg sein.
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